Die Verlorene Hoffnung (Level 1000)

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Als ich die Augen erneut öffnete, fand ich mich in einem herrlich duftenden Mohnblumenfeld wieder. Dass diese schrecklichen Alpträume nun zu Ende waren, stellte sich jedoch als fälschlich heraus, als ich schon nach zehn Schritten gegen eine unsichtbare Wand stieß, die mich wie ein Magnetfeld aus einem Sci-Fi Film zurückschleuderte. Doch im Vergleich zu den anderen liminalen Räumen, war dieser wenigstens im Freien und ich kannte ihn sogar sehr gut: Es war das alte Landgrundstück meiner Eltern in den Feldern von Maine, als ich selbst noch ein Kind war und nur wenige hundert Meter von mir entfernt stand in der entgegengesetzten Richtung mein Elternhaus mit dem abgebröckelten weißen Putz- genau wie damals. Obwohl ich freudige Nostalgie oder zumindest ein Gefühl der Erleichterung verspüren sollte, war in mir nichts als innere Leere und Heimweh. Keine Vögel zwitscherten, wie an einem Frühlingstag in Maine üblich. Keine Brise Wind wehte. Lediglich diese verdammten Blumen dufteten mit ihrem scheinheiligen Möchtegernparfüm vor sich hin. Ich war immer noch drinnen.

Als ich das abgesperrte Haus betrat, fand ich anstelle des Vorzimmers sofort das Wohnzimmer vor, in dem sich jedoch kein Möbelstück verändert zu haben schien. Bevor ich in diese verdammten Räume gefallen war, war die Holzhütte in Maine schon längst abgerissen worden und durch einen Neubau ersetzt. Hier drinnen war jedoch alles wieder wie in den späten 80ern. Fast alles. Zwei Kleinigkeiten verrieten den Raum an die Realität: Die blecherne Wanduhr meiner Mutter lief gegen den Uhrzeigersinn, die ihr meine Tante zum Hochzeitstag geschenkt hatte und im alten Grammophon meines 50er Jahre fanatischen Vaters lief ein altes Kinderlied –ebenfalls rückwärts- welches wir nie besessen hatten. Es war auf französisch und handelte von einer gewissen Dominique, die nach Hause laufen soll, da sie in der großen weiten Welt alleine nicht glücklich wird. Ich kannte es aus der Psychiatrie in Briarcliff, in der mein Onkel viele Jahre wegen dem Mord an meiner Tante eingewiesen gewesen war.

Obwohl mich die Couch einlud, mich zu setzten und mein Bein schon wieder pochte, humpelte ich in den nächsten Raum, um mein altes Kinderzimmer zu besuchen. Doch anstelle des Flurs fand ich wieder nur das Wohnzimmer vor. Und wieder. Und wieder. Das Fenster ließ sich nicht öffnen. Ich war gefangen. Und diesmal endgültig. Kein Vor. Kein Zurück.

Immerhin war eine Sache beim erneuten Betreten des Wohnzimmers hinzugekommen, die ich eigentlich nur in unserem Hauptwohnsitz in der Down Town gehabt hatte: Mein altes Nintendo Entertainment System. Müde zog ich den Stecker des Grammofons (was tatsächlich ging) und steckte den NES- Adapter in den veralteten Neon- Fernseher. Obwohl ich weder in der Konsole noch im Raum ein Spiel finden konnte, erschien sofort der nostalgische Vorhang von "Super Mario Bros 3" mit der klassischen Introsequenz. Ich erinnere mich noch, als ich am Heiligabend 1988 nicht einmal das erste Schloss geschafft hatte und mir beim zuvorigen Auspacken die Tränen gekommen waren. Mittlerweile kannte ich das Game in- und auswendig und verfiel sofort wieder in eine Art Rausch.

Ich spielte, ohne meine Umgebung wirklich wahr zu nehmen oder auch nur vom Bildschirm aufzublicken, bis zu der Stelle, an der der böse Bowser in den Abgrund stürzt und Prinzessin Peach gerettet ist. Dann schluckte ich die komplette Dose Morphium. 

The Backrooms- A pilgrims storyWhere stories live. Discover now