Kapitel 12 - Der Zeitbaum

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- Früher -

Der nächste Tag verlief ereignislos. Jenny hatte sich einmal in die nächstgelegene Siedlung geschlichen, um ihren Freunden etwas zu essen zu holen.
Dort hatte ihr jemand einen Zettel in die Hand gedrückt, der das Erntedankfest bewarb, das am nächsten Tag stattfinden würde.

Als Garwin ihn zwischen ihren Besorgungen entdeckte, wurde er blass. Jenny wusste woran er dachte.

„Hey, denk jetzt einfach nicht daran", versuchte Jenny ihn aufzumuntern, „Ich meine du weißt, dass alles so passieren muss."
Garwin schluckte schwer und nickte.
Er durfte nicht aufhalten, was passieren würde. Doch der Gedanke an all das Leid, das sein altes Ich ab nun anrichten würde, lastete schwer auf seinem Herzen.
Garwin verbarg sein Gesicht zwischen den Händen.

Er bekam jedes mal höllische Kopfschmerzen, wenn er an die bevorstehenden Ereignisse dachte. Es war, als würde ihm eine Erinnerung fehlen, die mit aller Kraft versuchte, sich in sein Bewusstsein zu bohren.

„Du musst es so sehen", versuchte auch Charlie ihren Kameraden zu beruhigen, „nur so wirst du Patrizia kennenlernen."

Patrizia, dachte Garwin traurig. Er vermisste sie unendlich. Sie würde sich inzwischen große Sorgen um ihn machen. Nein, so bitter es auch war, er durfte die Vergangenheit auf keinen Fall verändern!

Garwin wusste nicht, dass Charlie zur selben Zeit ganz ähnlichen Gedanken nachhing.

Sie hatte sich zwar sehr eifersüchtig gefühlt, aber trotzdem erfreut, als sie erfahren hatte, dass morgen der Tag wäre, an dem sich Arman und Rosalie zum ersten mal treffen würden.
Sie war sich jetzt sicher, dass ihr Treffen mit Arman kein Problem darstellen würde.

Mit einem verschwörerischen Lächeln sahen Jenny und sie sich an.

Sie würde Arman treffen, ihm sagen, dass sie kein Interesse an ihm hatte, dann würde er sich in Rosalie verlieben und alles wäre in Ordnung - Easy!

- Jetzt -

„Habt ihr euch eigentlich überlegt, wie ihr den Baum aus dem Wald heraus bringt?"
Violéta blickte fragend zu Arman auf.

Sie hatten früh am Morgen ihr Lager abgebrochen und erwarteten, gegen Mittag den Hain zu erreichen, in dem die Zeitbäume wuchsen.

„Tarik wird das erledigen", erklärte ihr Arman ruhig und blickte zu Tarik hinüber, der auf Orion neben ihm her ritt. „Hilf mir, wie heißt das?"

„Dislokationszauber", ergänzte Tarik stolz. Es war kein einfacher Zauber und er hatte sich einiges an Anerkennung unter den Elben verschafft, als er ihn fast mühelos meistern konnte.

„Naja, dann bist du hier ja auch zu etwas gut", merkte Violéta mit gekünsteltem Lob. „Dann werde ich mich bemühen, nach einem möglichst kleinen Baum Ausschau zu halten."

Arman seufzte.
Diese Sticheleien gingen seit heute morgen so. Als ob sein heimlicher Wunsch nach etwas Frieden sich ins Gegenteil gekehrt hatte.

„Oder du wärst einfach im Dorf geblieben und hättest ein Uhrwerk gebaut, das zu dem Baum passt", murmelte Tarik gerade so laut, dass das Elbenmädchen es hören konnte.

„Hast du eigentlich im entferntesten eine Ahnung, wie lange das dauern würde!", kreischte sie ihn darauf an.

Armans Ohren begannen, zu schmerzen.

„Ach, dann kann die großartige Dame hier wohl nicht alles, wie sie so gerne behauptet", stichelte Tarik weiter, was Violéta nur noch mehr in Rage brachte. „Ach halt doch dein Maul, du-", rief sie, doch bevor sie weiterbrüllen konnte, hielt ihr Arman den Mund zu.

Die zersplitterte Zeit // Armans GeheimnisWhere stories live. Discover now