shit happens - my complicated life

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„Lia ist von ihrem Vater misshandelt worden, oder?" fragte Dr. Michaels jetzt. Ich musste schlucken, jedes Mal ist es aufs neue hart darüber zu erzählen.

„Ja, jahrelang körperlich und psychisch. Wir haben es erst nach dem Unfall erfahren und das volle Ausmaß erst vor ein paar Wochen." teilte ich ihr leise mit.

„Entschuldigen Sie, wenn ich das jetzt so gerade heraus frage, Sie müssen mir auch nicht antworten. Wurde nur Lia misshandelt oder auch ihre Geschwister?"

„Tyler und ich habe schonmal öfter die ein andere Backpfeife bekommen, mehr war es die psychische Belastung. Fynn, er ist 4 Jahre jünger als ich, wurde, als Tyler, ausgezogen ist, zur Zielscheibe von unserem Vater. Es waren aber 'nur' Schläge. Meinen jüngeren Brüdern hat er immer wieder Gewalt angedroht. Und unsere Eltern waren auch fast durchgehend auf Geschäftsreise.
Lia hat er damals in Ruhe gelassen und sie vergöttert. Das war der Grund, warum wir ihr Sorgerecht nicht bekommen haben, das Jugendamt war der Meinung unser Vater verhält sich nur gegenüber uns Jungs so.
Das Ausmaß bei Lia war deutlich schlimmer. Ich denke es ist aber besser, wenn Lia das selber drüber spricht, wenn sie soweit ist."

„Ja natürlich. Lia hat eben nur diese eine Aussage getätigt, weswegen ich sicher gehen wollte, ob ich mit meiner Vermutung recht habe. Wie nehmen sie denn Lias Verhalten in letzter Zeit wahr?"

„Es ist schwierig, vor wenigen Wochen war sie sehr stabil, weniger ängstlich, offen, viel Körpernähe hat sie eingefordert, keine Angst vor Entscheidungen und so. Generell ging es ihr bis zu ihrem ersten Suizid Versuch recht gut. Dieses Verhalten von jetzt, hat sie bis dato nicht oder nur wenig gezeigt, vor allem verstärkt seit einer Woche. Also diese extreme Angst vor Entscheidungen, vor Fehlern, dass wir sie bestrafen könnten."

„Das ist ganz normal, Lia fängt an sich wohlzufühlen. Sie zeigt ihre Gefühle und ihr Verhalten. Auch wenn es nicht so aussieht, geht es ihr besser, wahrscheinlich. Denn das ist ihr wahres Verhalten, es war vorher das Vertrauen in Sie nicht da.
Wie sieht es aus mit Angst vor Männern aus? Ich habe eine Assistenten, der zweimal die Woche am Empfang arbeitet, ich möchte nicht, dass Lia Angst vor ihm hat.

„Schwer zu sagen, es ist unterschiedlich. Lia hat nicht pauschal Ansgar vor Männern. Wir haben noch nicht ganz herausgefunden, welche Auslöser es sind. Sie hat auch einen Ergotherapeuten und sie liebt ihn. Lia geht dort zweimal die Woche hin und er hat ihr schon deutlich geholfen ein wenig besser zurück ins Leben zu kommen beziehungsweise hat er ihr gezeigt wie das echte Leben aussieht. Auch ihr Schwimmtrainer schien kein Problem zu sein. Aber letztens waren Freunde von uns da, zwei waren Mitte 20 und die anderen beiden 18, Lia hatte nur panische Angst vor den jüngeren. Es gibt auch Tage an denen sie Angst vor Tyler und Jacob hat. Die beiden sehr aber auch unserem Vater am ähnlichsten."

„Vielen Dank für Ihre Offenheit." nickte sie mir zu

Wir redeten noch eine Weile über das formelle und ich musste noch ein paar Sachen unterschreiben, da konnte ich wieder zurück zu Lia und Tyler.

Lia saß immer noch auf Tylers Schoß mit dem Gesicht auf seiner Brust.

„Vielen Dank, dass Sie da waren. Wir sehen uns dann morgen." verabschiedete sich Dr. Michaels.

Wir bedankten uns ebenfalls bei ihr und verließen dann gemeinsam die Praxis.

„Lia wollen wir jetzt direkt zur Cheescake Factory oder erst später?" fragte mein Bruder Lia grinsend.

„Cheesecake Factory also." kommentierte ich grinsend.

„Kann Cole mitkommen?" ich nickte meiner kleinen Schwester lächelnd zu. „Der Tag gehört dir."

„Machen wir heute etwas zu dritt?" fragte sie auch schon.

„Ja, wie Cole schon gesagt hat, der Tag gehört dir. Du darfst aussuchen, was wir heute machen aber gleich haben wir noch einen kleinen Termin im Krankenhaus." Tyler gab ihr einen Kuss auf den Scheitel.

„Darf ich mir alles aussuchen?" hinterfragte sie. Wir nickten grinsend.
„Können wir dann surfen gehen? Also nur wenn es keine Umstände macht und ihr es wollt. Aber ich war schon so lange nicht mehr." zum Ende hin wurde ihr Blick ein wenig traurig.

„Was hältst du davon, wenn wir jetzt etwas essen gehen, und ein wenig shoppen. Dann fahren wir kurz bei mir ins Krankenhaus machen ein paar Tests und wenn diese in Ordnung sind, geht es zum Surfen. Und wenn nicht fahren wir trotzdem an den Strand und verschieben das Surfen auf nächste Woche. Ich weiß das ist blöd und du magst keine Krankenhäuser, aber wir möchten nicht, dass du auf dem Wasser umgibst." erklärte ihr Tyler sanft.

„Warum sollte ich denn im Wasser umkippen? Beim schwimmen ist ja auch nichts passiert. Es ist generell noch nie passiert?" stellte Lia jetzt berechtigte Fragen.

„Lass uns am besten erstmal essen gehen und dann erkläre ich dir alles in Ruhe, ok Prinzessin."

***

„Also du hast doch mit Dr. Wingston doch schonmal über das Thema Esstörung geredet oder?" fange ich das Gespräch an, während wir anfingen unseren Kuchen zu essen.

„Ja, sie meinte, dass sie eine bei mir diagnostiziert hat. Aber was ganz genau das heißt weiß ich auch nicht."

„Bei deiner Essstörung handelt es sich um den Typ Magersucht. Dad hat dir ja ein paar Mal verboten zu essen und dir eingeredet, dass du zu dick bist. Es ist aber genau das Gegenteil von Fall. In der Zeit wo du bei Mom und Dad gelebt hast, hast du so wenig gegessen bis du viel zu dünn geworden bist. Das heißt du leidest unter starken Untergewicht. Diese Essgewohnheiten von Dad hast du leider immer noch, was auch ganz normal ist. Aber diese Gewohnheiten sind nicht gesund und weder psychisch noch physisch. Das heißt im psychischen Sinne vor allem, dass dein Kopf dir einredet du bist zu dick. Durch die Nahrungsaufnahme bekommt der Körper Energie, aber da du zu wenig Nahrung aufnimmst, bekommt dein Körper zu wenig Energie. Das wirkt sich dann zum Beispiel auf deine Organe aus, auf das Herz, auf das Gehirn und so weiter. Vor allem beim Sport oder generell Anstrengung braucht der Körper noch mehr Energie, die du aber nicht hast. Die Folgen davon sind zum Beispiel Kreislaufprobleme bis hin zur Ohnmächtigkeit.
Verstehst du jetzt, warum wir immer wollen, dass du genügend isst aber auch warum wir dein Blut und Gewicht untersuchen müssen? Und manchmal reicht das nicht, und wir müssen regelmäßig Tests machen, einfach um dich zu schützen."