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Meine Hände sie zitterten fürchterlich, ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper - hatte keine Kontrolle mehr über mich, meine Gedanken und mein Leben. Es stand nämlich nicht zur Wahl, sich für ein Schicksal zu entscheiden, ich musste es einfach hinnehmen und akzeptieren. Konnte nicht davor wegrennen oder es von mir abstoßen.

Hepatozelluläres Karzinom. Leberzellkarzinom. Krebs. Lungenkrebs. Endstadium. Unheilbar.
Zu spät entdeckt.  

Musste es akzeptieren. Durfte nicht wegrennen.

,,Es tut mir leid, Herrn Park'', murmelte der alte Mann hinter dem Tisch und strich sich betrübt, über die wenigen Haare. Trug einen weißen Kittel, hatte Stifte in der Brusttasche, trug ein weißes Hemd und schaute mich bemitleidend an. War er wirklich so betrübt? War wahrscheinlich nicht mal sein erstes mal, dass er seinem Gegenüber solch eine abscheußliche Nachricht mitteilte.

,,Wie lange habe ich?'', hauchte ich und schaute auf meine Hände. Sie waren dünner geworden, genau wie mein Körper über die Monate.

Jahrelang hatte ich trainiert, war Tänzer gewesen, hatte einen muskulösen Körper und kaum fett. Nun beschrieb man mich als Dürr - hatte kaum mehr die Muskeln, für die ich zuvor beneidet wurde.

,,Hören sie mal Herr Park, dass kann ich ihnen nicht direkt sagen...maximal 2 Jahre'', antwortete er mir und atmete aus.

Letztes Jahr war ich Lehrer geworden, hatte geheiratet, hatte einen Ehemann und einen Hund, Bam. Mein Leben schien perfekt, alles lief perfekt, doch, dann begann mein Körper Spiele mit mir zu spielen. Ich nahm verstärkt ab, hatte Schwächeanfälle und bekam immer wieder schmerzen am Oberkörper. Mein Ehemann hatte immer vermutet, ich hätte eine Grippe und riet mir, ich solle doch mal zu Arzt. Und nun saß ich hier, wusste es ist keine Grippe, sondern mein Tod.

Wie sollte ich es meinem Mann offenbaren? Wie sollte ich meinem Mann erklären, dass ich im Zeitraum der nächsten zwei Jahre sterben würde. Ihn alleine lassen würde, ganz alleine auf dieser ohnehin schon traurigen Welt. Man sagte immer so schön, ,,Bis das der Tod uns scheidet'' doch hatte ich nicht erwartet, dass diese Scheidung so schnell kommen würde. Hatte immer geträumt, wir würden gemeinsam alt werden, irgendwann gemeinsam auf dem Land leben und das Leben in vollen Zügen genießen.

Wir sprachen immer davon, dass wir Seelenverwandte waren. Wir wären für einander bestimmt,  schon immer. Wir fanden uns, als ich gerade mal sieben Jahre alt gewesen war. Von der ersten Sekunde an, war mir klar gewesen, dass ich ihn behalten würde, denn er passte zu mir und ich passte zu ihm.
Wir passten zu einander.

Mit 14 hatte ich ihm meine Liebe gestanden und mich geoutet, doch ich hatte keine Angst. Seine Augen hatten mir schon früh genug gezeigt, dass er meine Gefühle erwidern würde. Wir kamen zusammen, waren noch stärker als zuvor miteinander verbunden. Mit jungen achtzehn Jahren, als wir unseren Abschluss machten, hatte er mir einen Antrag gemacht, dabei hatte er so unsicher gelächelt und sogar gezittert. Natürlich hatte ich ihm positiv geantwortet und nun trug ich den dicken Klunker an meinem Ringfinger. Mit 20 hatten wir geheiratet, im kleinen Kreis, mit sehr wenigen Freunden und unseren Eltern.

Vergessen würde ich den Tag niemals.

Wir beide hatten einen schwarzen Anzug angehabt, hatten beide ununterbrochen gegrinst, denn wir beide konnten es damals kaum abwarten - noch enger miteinander verbunden zu werden. Als wir uns das ,,Ja - Wort" gaben, hatten wir Freudentränen in unseren Augen gehabt. Hatten beide Aufregung verspürt, waren aufgeregt auf das nächste Kapitel im Leben, auf unser gemeinsames Kapitel.

,,Wir werden jedoch stets versuchen, sie am leben zu halten - machen sie sich keine Sorgen!''', versuchte er mich aufzumuntern, doch ich wusste ganz genau, dass er eigentlich nur log und mir Motivation für mein verbleibendes Leben geben wollte.

Ich fühlte mich auf einmal so mickrig, so klein und so verletzbar. War es das Karma? Hatte ich jemandem was schlechten angetan? Mir war zum heulen zu mute.

,,Ich möchte gehen.''', äußerte ich und stand auf, schaute ihn noch kurz an, verließ schließlich das Zimmer.

In mir bahnte sich eine immense Panik an, meine Ängste durchfluteten mich und meine Augen, diese fingen an zu tränen. Um mich herum befanden sich kahle, weiße Wände, sie gaben mir das Gefühl von kälte und kamen immer näher, umschlossen und zerquetschen mich. Mein Herz schlug immer schneller und ehe ich, wirklich davon rennen konnte, wurde es von dem einen Moment auf den anderen vollkommen dunkel um mich herum.

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⏰ Last updated: Oct 06, 2022 ⏰

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I miss you | JikookWhere stories live. Discover now