Zero O Clock

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Min Yoongi hasst das erschlagende Gefühl der Einsamkeit. Die Gewissheit ganz alleine zu sein. Alleine, in einem Kampf mit den Gefühlen, die er stets zu Verstecken versucht. Den Gefühlen, die sich in ihm zusammen brauen, wie ein alles verschlingender Sturm, ihn immer weiter zurückdrängen, in ein Loch aus Trauer und Verzweiflung. Nichts zurück lassen außer Verwüstung und Dunkelheit.

Unendliche schwarze Tiefe, die ihn Stück für Stück hinab zerrt, jedes Mal, wenn er jemandem in die Augen blickt und das Funkeln sieht, welches bei ihm längst erloschen ist. Jedes Mal, wenn sein Gegenüber nur seine schützende Maske sieht, die seine wahren Gefühle verbergen, seine Erschöpfung. Jedes Mal, wenn er nicht das Leben leben darf, welches er verdient.
Niemand würde Yoongis verzweifelten, unausgesprochenen Hilfeschrei hören dürfen, denn es ist sein Job, glücklich auszusehen, andere glücklich zu machen, sie davor zu bewahren, das Gleiche zu fühlen wie er, die gleiche Last zu tragen. Es ist sein Job, sich zu verstellen, ein Lächeln, aufzusetzen, selbst an den traurigsten Tagen, an dem er seine Trauer und seinen Frust kaum zurückdrängen kann, die in seinem tiefsten Innersten wüten, wie ein Sturm.

Ein Sturm aus Gefühlen, den er nicht mehr zurückhalten will. Er weiß, alleine ist er damit nicht, doch er kann sich niemanden anvertrauen, denn es ist ihm verboten über seine Depressionen zu reden, auch nur mit einem Wort zu erwähnen, wie schlecht es ihm geht.  Wie sehr er sich wünscht, das alles ein Ende nimmt. Dieser Albtraum zu Ende geht, und die Sonne am Ende eines langen, anstrengenden Tages endlich untergeht. Mit jedem Tag, der vorüber streicht ohne einen wirklichen Eindruck zu hinterlassen, wünscht Yoongi sich endlich der Realität zu entgleiten, die er nicht wahrhaben will.

Denn die Realität ist oft grausam und verschlingt Hoffnungen und Träume. Nichts fühlt sich mehr wirklich real an. Es ist, als würde dichter Nebel sich über seine glücklichen Erinnerungen legen, sie verblassen lassen und sein Empfinden hinter einem dichten Schleier aus Trauer verbergen. Das einzige Gefühl, was zu ihm durchdringt, ist die Kälte des Windes, der durch das geöffnete Fenster hinein fährt und ihm sanft durch die mintfarbenen Haare streicht, ihm einen Kuss der Kälte auf die Stirn haucht. Einzelne Strähnen verdeckten seine geschlossenen Augen, aus denen unaufhaltsam Tränen strömen, sich in seinen dunklen Wimpern verfangen und ihm über die bleichen Wangen rollen. In der sich auf dem Fenstersims bildenden Tränenpfütze, spiegelt sich das Mondlicht und lässt den dunklen Raum in schwachem, silbernen Licht erstrahlen.

Es ist eine tröstliche Szenerie, ignoriert man das Zittern der auf dem Fenstersims zusammen gekauerten Person und das erstickte Schluchzen, das durch den Raum hallt und die nächtliche Stille im Dorm der KPop Band durchschneidet. Yoongi hat nicht die Kraft seine Tränen wegzuwischen, er sitzt einfach wie versteinert da und atmet tief den beißenden Geruch von Verzweiflung ein. Sein Atem geht schnell und flach, wie immer, wenn er darübernachdenkt , sich einfach von der Brüstung zu stürzen und sein Leiden zu beenden. Das Leiden, das ihn so sehr geprägt hat, dass er sich kaum noch an die Lichtblicke seines Lebens erinnert. Umso mehr er versucht diese wenigen glücklichen Momente in seinem Herzen festzuhalten, desto mehr scheinen sie ihm zu entgleiten. Und er kann es nur hilflos mit ansehen. Hilflos, genauso fühlt er sich. Ihm ist der Macht über sein Leben zu entscheiden, entzogen worden. Er hat den Pfad des Lebens längst verlassen und irrt ziellos umher. Seine Gedanken schweifen immer weiter ab, während er einfach in den schützenden Mantel der Nacht gehüllt, da sitzt und weint.

Er wird erst wieder in die Realität zurückgerissen, als er ein Geräusch von der Tür her wahr nimmt, dass ihn leicht zusammen zucken lässt. Langsam öffnet er die Augen und blickt auf. Leise wird die Tür geöffnet, Licht flutet vom Flur aus ins Zimmer und erleuchtet kurz das Bild, welches neben Yoongis unbenutzen Bett steht. Sieben Jungs, die sich in den Armen liegen und freudestrahlend in die Kamera blicken, sind darauf abgebildet. Yoongi selbst steht mit einer Papierkrone auf dem Kopf in der Mitte und hat einen mit seinen mintfarbenen Haaren harmonierenden lilafarbenen Kuchen in den Händen, den er stolz in die Kamera hält..

The untold truth -inner demonsWhere stories live. Discover now