Keine Ahnung, wie lange ich hier im Treppenhaus noch saß. Es konnten Minuten sein oder auch Stunden. Mein Zeitgefühl hatte ich komplett verloren. Dass es bereits Dunkel war, als wir hier ankamen, erleichtert die Sache auch nicht gerade. Meine Tränen waren nun mittlerweile etwas abgeebbt. Jedoch merkte ich nun meine ausgetrocknete Haut, welche unter den Tränen gelitten hatte. Meine Nase war ebenfalls komplett verschnupft. Ich will gar nicht wissen, wie ich in diesem Moment aussah. Eigentlich interessierte es mich auch nicht. Ich hoffte nur darauf, aus diesem Albtraum aufzuwachen.

"Luca?", leise hörte ich eine vertraute Stimme von etwas weiter weg. Doch um zu antworten fehlte mir einfach die Kraft. Keine Minute später hörte ich auch schon die Tür zum Treppenhaus sich öffnen, woraufhin ich verweint zu dieser sah. Das grelle Licht, welches mir aus dem Gang entgegen schien, brannte sofort in meinen Augen, weshalb ich diese direkt wieder zukniff. Lediglich ein leises Seufzten war zu hören, bevor die Tür mit einem lauten Knall wieder zufiel. Wenig später merkte ich auch schon, wie sich jene Person neben mir niederließ. Er sagte nichts. Er war einfach nur da.

"Sie hat Krebs...", brachte ich schluchzend heraus, als ich mich leicht zu ihm drehte. Meine Stimme war an diesem Punkt komplett heißer und es bereitete mir Schmerzen zu reden. Anstatt was zu sagen, spürte ich, wie mein Nebenmann seinen Arm um mich legte und mich anschließend zu sich zog. Erneut spürte ich Tränen meine Wangen nässen, als ich mich gegen ihn lehnte und leicht schluchzte. Beruhigend strich er über meinen Rücken. Immer noch sagte er nicht ein Wort. Doch das brauchte er auch nicht. Seine Anwesenheit genügte. Er gab mir den Komfort, welchen ich gerade brauchte. Auch, wenn wir gerade auf dem kalten Boden eines Krankenhaus-Treppenhauses saßen.

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Leon's Sicht

"Mhh.. Aua", brummte ich verschlafen, als ich auf einmal einen Arm in meinem Gesicht spürte. "Oh sorry", hörte ich es neben mir krächzen, als sich die Person neben mir nun bewegte und auch ihren Arm wieder weg nahm. Müde öffnete ich meine Augen, welche sofort durch Sonnenstrahlen geblendet wurden. "Mhh.. wie spät ist es?", meinte ich nun, bevor ich gähnte und mich anschließend erstmal streckte. So langsam gewöhnten sich meine Augen an das Sonnenlicht, so dass ich zu Luca neben mir sah.

Ihre Augen waren immer noch extrem rot und angeschwollen, insgesamt wirkte sie erschöpft und geschafft. Unsicher saß sie in der Ecke ihres Bettes und sah zu mir, während sie mit ihren Händen spielte. "Bitte sag mir, dass gestern ein Albtraum war...", murmelte sie leise, während sie traurig zu mir sah. Seufzend strich ich mit meiner Hand durch mein Gesicht. Ich muss ihr die Wahrheit sagen. Ich muss sagen, dass es kein Albtraum war. Aber ich konnte es nicht.

Kurze Zeit nachdem ich sie die Nacht im Treppenhaus des Krankenhauses wieder gefunden hatte, war sie vor Erschöpfung auch schon eingeschlafen. Weshalb ich sie dann Vorsichtig hochgehoben hatte und aus dem Krankenhaus getragen hatte. Aufwecken wollte ich sie nicht erst, sie musste am gestrigen Tag schon zu viel durchmachen, dass Schlafen glaube ich, erstmal das beste für sie war.

Glücklicherweise war ich auf dem Weg raus noch ihren Eltern begegnet, welche ebenfalls gerade zusammen mit Milos wieder nach hause wollten. Als sie Luca schlafend auf meinen Armen entdeckt hatten, bot mir ihr Vater an, dass wir mit zu ihnen kommen- und in Luca's alten Zimmer schlafen könnten. Da es schließlich auch schon wirklich spät in der Nacht war, jeder geschafft war und es zurück nach Wuppertal oder Bochum auch wieder jeweils eine Stunde oder mehr gewesen wäre. Dankend nahm ich das Angebot natürlich an und fuhr ihnen mit meinem Wagen hinterher. Auch während der Fahrt schlief die Schwimmerin friedlich weiter auf dem Beifahrersitz. Bei ihren Eltern zuhause angekommen, verschwanden eigentlich alle direkt in ihre Zimmer. Ihr Vater zeigte mir noch schnell ihr altes Zimmer - was wirklich nicht hätte sein müssen, da ich mich, zumindest noch etwas, an dieses erinnern konnte.

Nachdem ich sie bereits im Bett abgelegt hatte und sie sich wie von selbst in ihre Decke gekuschelt hatte, ging ich nochmal kurz ins Wohnzimmer des Hauses. Die Blicke, welche mir ihre Mum immer wieder, wenn ich dieser begegnete, schenkte entgingen mir dabei nicht. Doch die Freundlichkeit ihres Vater, machte dies alles wieder vergessen.
"Danke nochmal, dass wir hier schlafen dürfen.", bedankte ich mich ein weiteres mal bei Herrn Petrović, als wir beide in der Küche standen und noch etwas Wasser tranken. "Alles kein Problem, Junge. Das ist selbstverständlich...", meinte er. "Was ich mich jedoch frage.. Bist du auch dieser Leon von damals? Mit dem sie die paar Wochen vor ihren USA Jahren immer Zeit verbracht hatte?", freundlich lächelte er zu mir. Gut, er war mir also nicht irgendwie böse. Ich lachte leicht über seine Beschreibung der damaligen Situation, bevor ich nickte: "Genau der bin ich", bejahte ich die Frage, woraufhin er wissend nickte. "Also hast auch du es in deinem Sport weit gebracht, kann man so sagen, was?", fragte er weiter, woraufhin ich ehrlich lächelte: "Kann man so sagen, ja.".
"Das freut mich, Leon. Danke, dass du für unsere Tochter da bist. Du scheinst ihr wichtig zu sein, auch wenn sie es vielleicht nicht zugeben will.", ich lächelte leicht über die Worte ihres Vaters. "Das ist alles Selbstverständlich Herr Petrović..", wollte ich bereits schon antworten, als er mich kurzerhand unterbrach: "Alexander. Aber nenn' mich doch am besten einfach Alex.", erneut lächelte ich. "Alex natürlich", korrigierte ich mich selbst.

Wir redeten noch einige Minuten, bevor auch wir uns so langsam in unsere Zimmer begaben. Die Sonne war bereits seit gut einer Stunde wieder aufgegangen. Die Uhr zeigte fast 5 Uhr an. Müde gähnend wünschte ich Luca's Vater also noch höflich eine gute Nacht, bevor ich wieder zu ihrem Zimmer ging. Dort schlief sie immernoch friedlich, zusammen gerollt im Bett ihres alten Zimmers. Ein kleines Lächeln formte sich auf meinen Lippen, als ich sie dort so liegen sah. Verwirrt darüber, wo ich schlafen sollte, ging ich schließlich zu der viel zu kleinen Coach am anderen Ende des Raumes. Um wenigstens etwas Komfort zu haben, zog ich meine ungemütliche Jeans aus, genauso wie mein Shirt. Glücklicherweise fand ich eine dünne Decke auf dem Sofa. Zwar war diese genauso wie mein heutiges Bett für die Nacht deutlich zu klein für mich, aber wenigstens etwas.

"Du kannst auch mit hier schlafen..", hörte ich Luca murmeln, als ich mich gerade hingelegt hatte. Verwirrt drehte ich mich zu ihr: "Du bist wach?", sie zuckte nur unschuldig mit ihren Schultern, bevor sie mehr zu ihrer Wand rückte um Platz in ihrem Bett zu schaffen.
Gerade neben sie gelegt, spürte ich auch schon wie sie wieder etwas näher zu mir kam. "Danke Leon...", hörte ich sie leise, kaum hörbar, murmeln. "Das ist selbstverständlich..", während ich sprach drehte ich mich zu ihrer Seite. Zwar konnte man durch die Dunkelheit nur ihre Umrisse erkennen, doch das genügte mir.
Eine Antwort Luca's kam keine mehr, stattdessen umklammerte sie mich eher, woraufhin ich meine Arme beschützend um sie legte.



A/N: i'm so sorry for the emotional damage this chapter 🥲 Bedankt euch bei dem deutschen Schwimmer, der heute Bronze geholt hat, für dieses update 👍🏼

➳ 𝐓𝐈 𝐀𝐌𝐎 | Leon GoretzkaWhere stories live. Discover now