3 0 | m i t b e w o h n e r

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s o p h i e

MARIE UND NOAHS Wohnung in München schien wie der perfekte Kompromiss. Eine Altbauwohnung in Bogenhausen, die von außen perfekt in die Ansammlung der Stadtvillen und Grünflächen passte, innen jedoch moderne Akzente besaß. Von Flur über Esszimmer bis ins Badezimmer war alles perfekt abgestimmt, ohne dass es überladen wirkte. Ich konnte kaum glauben, dass die beiden erst vor wenigen Wochen eingezogen waren. Nicht, wenn es aussah, als hätten sie ein ganzes Jahrzehnt damit verbracht, das perfekte Mobiliar zusammenzusuchen.

Ich kam gar nicht mehr aus dem Staunen, als ich den Couchtisch in Travertinoptik entdeckte, der einen angenehmen Kontrast zu dem cremeweißen Bouclé-Sessel bildete, der neben dem Sofa stand, in dem bestimmt drei Personen hätten versinken können. Minnie, die am Fußende auf einer groben Strickdecke thronte, schien ebenfalls, als wäre sie mit dem Umzug durchaus einverstanden gewesen. Im Vergleich zu unserer Studentenwohnung, die dank Maries Vermögen bereits über dem Standard für junge Erwachsene eingerichtet gewesen war, fühlte ich mich beinahe, als wäre ich bei einer Gräfin zu Gast.

Ähnlich fühlten sich auch Robins vier Wände in München an – als wäre ich in die Wohnung eines Prominenten eingedrungen, der seine Möbel schon längst nicht mehr bei ebay-Kleinanzeigen oder Ikea erwarb. Vielleicht war es an der Zeit, sich daran zu gewöhnen, dass er tatsächlich einer war.

„Das ist wirklich verrückt", meinte ich an Marie gewandt, die gerade mit zwei Tassen in der Hand aus der Küche kam. Sie reichte mir eine von ihnen, und der Geruch von frischem Kaffee stieg mir in die Nase. „Dass ihr wirklich hier wohnt."

Marie ließ sich neben mir nieder und bestätigte meine Theorie – sie verschwand beinahe in der gepolsterten Couch. „Es fühlt sich manchmal auch noch etwas surreal an, wenn ich ehrlich bin."

Meine Finger glitten über Minnies Fell, die daraufhin leise schnurrte. Als ich die Wohnung betreten hatte, war sie mit blitzschnellen Pfoten über das Parkett geflitzt und hatte sich an meine Beine geschmiegt, als hätte sie mich schon zwei Jahre nicht mehr gesehen, und nicht zwei Wochen.

„Du musst mir sagen, wo ihr eure Möbel bestellt habt", erwiderte ich, während mein Blick über die Keramikvase glitt, die auf dem Beistelltisch stand. „Und wie ich das am besten auch alles bekomme."

Marie lachte auf. „Dann fragst du am besten Leonie. Sie hat unsere Inneneinrichtung übernommen. Noah und ich wären vermutlich verzweifelt, hätten wir selbst versucht, eine ganze Wohnung neu einzurichten."

Überrascht sah ich sie an. „Leonie?"

Marie nickte bestätigend. „Sie arbeitet bei diesem Home und Living Vertrieb. Résider. Sie hat Innenarchitektur studiert und ist dort als Interior Design Expertin angestellt. Sie hat wirklich ein Auge für das Detail."

Fasziniert von dieser neuen Erkenntnis bewunderte ich die Einrichtung, die wohl wirklich von einem Profi zusammengestellt worden war. So viele Kleinigkeiten, wie die Betonvase, die neben der Teakholz-Sitzbank stand, ergänzten das Ambiente. Mein Herz für Ästhetik schlug allein beim Anblick ein kleines bisschen höher.

„Ich kann dir ihre Nummer geben", ergänzte Marie und stieß mich mit ihrem Fuß in die Seite. „Sie würde sich sicher freuen, wenn sie dir helfen kann. Eigentlich macht sie keine privaten Beratungen, aber für Freunde macht sie das gerne. Sie war übrigens begeistert von deinem Bild, das wir in den Flur gehängt haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du eine neue Kundin gefunden hast."

Sie warf mir ein verschmitztes Lächeln zu, das mir ein warmes Gefühl in meiner Brust bereitete. Als ich über die Türschwelle getreten war und als erstes das Gemälde entdeckt hatte, das Marie und Noah in Berlin ersteigert hatten, war ich beinahe in Tränen ausgebrochen. Für jeden zum Sehen hing es im Eingangsbereich über dem Sideboard. Der Anblick hatte mich dermaßen mit Stolz gefüllt, dass ich mich wirklich hatte zusammenreißen müssen.

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