12 - Nächtlicher Spaziergang

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Als ich Stunden später aufwache, ist es schon dunkel draußen. Daphne liegt mittlerweile in ihrem eigenen Bett.

Verschlafen reibe ich meine brennenden Augen und schleiche mich ins Bad.

Der Blick in den Spiegel erschreckt mich. Meine Augen sind total angeschwollen und meine Haare fliegen in alle Richtungen.

Also bürste ich mir sorgfältig die zerzausten Haare und kühle mein verquollenes Gesicht mit eiskaltem Wasser.

Danach sehe ich schon nur noch halb so schlimm aus.

Dadurch, dass ich fast den ganzen Tag geschlafen habe, bin ich nicht mehr müde und beschließe ein bisschen außerhalb des Schlosses spazieren zu gehen.

Kurzerhand habe ich mir einen dicken Pulli und Sneaker angezogen und schleiche mich aus dem Zimmer.

Im Gemeinschaftsraum zucke ich kurz zusammen, als ich Draco mit einem Buch in der Hand auf der Couch sitzen sehe. Ich hatte nicht damit gerechnet, hier jemanden zu treffen.

Er schaut auf und wirft mir ein besorgtes Lächeln zu. „Wo willst du hin?"

„Spazieren.", entgegne ich.

„Ich komme mit."

Ohne zu widersprechen, nicke ich und Draco verschwindet kurz auf sein Zimmer, um sich etwas Wärmeres anzuziehen.

„Schläfst du überhaupt?", frage ich, als wir gerade den Gemeinschaftsraum verlassen haben.

„Ja natürlich, wieso?"

„Irgendwie begegnen wir uns immer Nachts. Bist du etwa ein Vampir?", sage ich schmunzelnd und er muss lachen.

„Ich würde dir zwar gerne in deinen süßen Hals beißen, aber dein Blut trinke ich nicht, keine Sorge."

Ich hake mich bei ihm ein und wir schlendern schweigend nach draußen, wo eine sternenklare Nacht auf uns wartet.

Bewundernd betrachte ich den Himmel.

„Schön, nicht wahr?", bemerke ich.

„Nicht so schön wie du.", sagt Draco, der scheinbar nur Augen für mich hat. Verlegen muss ich lächeln und wir laufen weiter, bis wir am schwarzen See ankommen.

Dort lassen wir uns auf einer morschen Holzbank nieder und beobachten die tanzenden Wellen.

„Willst du mir erzählen, was passiert ist? Ich hab dich noch nie so aufgelöst erlebt.", durchbricht Draco nach einer Weile die Stille.

Ich überlege einen Moment, aber ich vertraue ihm mittlerweile und ich habe das Gefühl, desto öfter ich darüber rede, desto leichter wird es für mich. Also sammle ich kurz meine Gedanken und fange an zu erzählen.

„Harry ist mein Bruder."

Ungläubig schaut er mich an.

„Ja, ich weiß. So hab ich auch geguckt.", sage ich schmunzelnd über seinen Gesichtsausdruck.

„Aber wie ... ?"

„Remus und Sirius sind nur meine Patenonkel. Ich war damals bei ihnen, als Voldemort Lilly und .... Ehm, also meine Eltern getötet hat. Sie wollten mich nur beschützen und haben mir diese ganzen Lügen erzählt, aus Angst, Voldemort könnte zurückkehren und würde mich angreifen, wenn jemand weiß, dass ich Harry's Zwillingsschwester bin."

„Du bist also eine Potter ... Ich muss sagen, dafür bist du aber ziemlich cool.", sagt er aufmunternd und ich bin erleichtert über seine Reaktion. Ich hatte Angst, dass er mich deshalb hassen würde.

Er legt seinen Arm um mich und küsst sanft meine Stirn.

„Warum bist du nur nett zu mir, wenn wir allein sind?", platzt es irgendwann unüberlegt aus mir heraus.

Draco scheint sichtlich überfordert. „Ich ... ehm..." Ich glaube, ich habe ihn noch nie so stottern gehört.

„Wir beide sind ja schließlich noch kein Paar also,..."

„Noch nicht?", frage ich mit einem provokanten Lächeln.

„Noch nicht.", entgegnet er.

„Aber?"

„Aber ich habe einfach meinen Ruf und den will ich nicht verlieren."

Ich löse mich aus seinem Arm. „Was denn für einen Ruf? Das größte Arschloch der Schule zu sein?"

„Nein. Naja, also vielleicht doch. Einfach dieses Gefühl unantastbar zu sein. Ich brauche das."

Ich bin erstaunt, wie ehrlich er zu mir ist.

„Aber ist das nicht unglaublich anstrengend, nie Schwäche zu zeigen und ständig Leute fertig machen zu müssen, nur um sich besser zu fühlen?"

„Ja, ist es. Deswegen verbringe ich so gern Zeit mit dir, bei dir muss ich das nicht.", sagt er mit einem verlegenen Lächeln.

„Versprichst du mir was?"

„Was denn?"

„Kannst du dir wenigstens deine blöden Sprüche sparen? Ich verstehe, wenn du so nichts mit mir zu tun haben willst aber die ganze Schikane verletzt mich auch nach so vielen Jahren immer noch."

„Versprochen.", sagt Draco sanft. „Und es tut mir leid, wie ich die letzten Jahre zu dir war. Ich wünschte, ich könnte das rückgängig machen."

Dankbar drücke ich seine Hand und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.

„Wollen wir langsam zurück? Mir wird langsam kalt."

Draco nickt und wir laufen händchenhaltend zurück zum Schloss.

Bevor wir zurück in den Gemeinschaftsraum gehen, liegen wir noch uns lange in den Armen.

„Willst du morgen zum Unterricht gehen?", fragt Draco als wir uns verabschieden wollen.

„Nein, ich glaube nicht. Wir haben bei Remus Unterricht und ich will ihn nicht sehen. Und danach haben wir mit den Gryffindors ein paar Stunden und Harry will ich erstrecht nicht sehen."

„Okay.", sagt Draco mit einem geheimnisvollen Lächeln und gibt mir einen letzten Abschiedskuss, bevor er verschwindet.

The boy, who made the right choice (Draco FF 18+)Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz