Ich folgte Luca zurück in den Garten und spürte Vlads aufmerksame Augen auf mir. Während Luca sich im Garten um sah, wahrscheinlich um Leonora auszumachen setzten Vlad und ich uns in eine stille Ecke. Ich hatte kurz mit dem Gedanken gespielt auf unser Zimmer zu gehen und mich hinzulegen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie mich alleine gelassen hätten. Auch soll man nach einer Kopfverletzung einige Stunden wach bleiben, also war die intime Trauerfeier die beste Entscheidung. Unauffällig überprüfte ich immer wieder meine Haare, aber in dem schwachen Licht ist es sehr unwahrscheinlich, dass jemand mein Pflaster erkennt.
Wie erwartet könnte Luca Leonora nicht finden, also ging er zu Dante rüber, welcher mit Lorenzo am Lagerfeuer stand. Die dunkle und stille Atmosphäre und meine Kopfverletzung wiegten mich langsam in den Schlaf und ich merkte, wie meine Augen immer wieder zufielen.
"Nicht schlafen, Nastja." tadelte mich Vlad, auf dessen Schulter ich meinen Kopf abgelegt hatte. Ich zwang mich dazu meine Augen wieder zu öffnen.
"Ich bin wach!" versicherte ich ihm, wobei meine Augenlider wieder schwer wurden.
Plötzlich wurde Vlad von mir weggerissen und stand verwirrt auf.
"Finger weg von meiner Frau." schrie ihn nun Dante an. Er hatte Vlad einige Meter nach hinten geschubst und baute sich nun über ihm auf. Na toll, genau das wollte ich vermeiden.
"Fass sie noch einmal an und ich poliere dir deine russische Fresse." Dante war völlig außer sich und meine Hände hatte sich bereits zu Fäusten geballt. Luca stellte sich vor Dante und versuchte etwas mehr Abstand zwischen den beiden zu bringen, doch dieser ließ sich nicht von seinem Bruder beruhigen. Vlad stand nun ebenfalls auf und spannte sich gefährlich an.
"Was bist du für ein Mann? Flirtest mit einer anderen Frau, während deine nur ein paar Meter entfernt steht und machst dann eine Eifersuchtsszene. Du solltest lieber in den Spiegel gucken, bevor du jemanden der Untreue beschuldigst." Verdammt Vlad, wenn er so weiter macht verrät er ihm alles.
"Halt deine Fresse! Ich würde niemals mit einer anderen Frau flirten! Und selbst wenn, geht dich das einen Scheißdreck an!" Schrie er nun meinen besten Freund an, welcher bereit war Dante an die Kehle zu springen.
"Doch, es geht mich was an, wenn du Anastasia damit verletzt! Du trauerst, dass verstehen wir, aber du hast kein Recht sie wie Dreck zu behandeln. Sie kann nichts dafür! Sie hat alles für dich aufgegeben!" Fuck Vlad halte endlich die Klappe. Ich muss ihn stoppen bevor er in seiner Rage noch alles erzählt.

Als hätte mich der Blitz getroffen, rannte ich zu den kampfbereiten Männern rüber und stellte mich in die Mitte.

"Es reicht!" erhob ich meine Stimme und sah beide verurteilt an. Das kann doch nicht deren ernst sein! Ich versuchte mit allen Mitteln ein solches Drama zu vermeiden und Dante machte aus einer Fliege einen Elefanten.
"Nimmst du ihn in Schutz? Ihn? Ich bin dein Ehemann!" schrie er mich nun an und ich konnte seine Fahne riechen. Ganz toll, er war auch noch betrunken.
Luca zog weiterhin an Dantes Jackett, doch dieser blieb wie ein Stein stehen. Vielleicht war er doch nicht ganz so alkoholisiert wie ich dachte.
"Ich nehme niemanden in Schutz. Du benimmst dich albern und das weißt du auch." Ich sah ihn weiterhin streng an, doch Dante lachte bloß über meine Worte. Es war kein schönes Lachen, welches er sonst immer an mich richtete, sondern ein fieses. Es ging mir unter die Haut und ließ mein Blut gefrieren.
Nun platzte mir der Kragen und ich überbrückte die letzten Meter Distanz zwischen uns. Kurz bevor ich vor ihm stand, holte ich mit meiner Hand aus und zielte auf seine Wange, doch Dante stoppte meinen Angriff mühelos und funkelte mich wütend an. Dann fiel sein Blick auf meine Schläfe und er erstarrte.
Mit der Hand, welche er immer noch fest im Griff hatte zog er mich zu sich. Ich prallte an seine harte Brust und sein Parfum stieg mir in die Nase. Mit der anderen Hand strich er meine Haarsträhnen zur Seite, welche ich über meinen Pflaster gelegt hatten.
Aufmerksam musterte er meinen Kopf und die glühende Eifersucht war aus seinen Augen verschwunden. Alles was ich dort noch erkennen konnte, war Sorge.
"Was ist das?" seine Stimme war nun etwas weicher, auch wenn sie für meinen Geschmack immer noch zu streng klang.
Ich wandte meinen Blick von seinen Augen ab und sah an ihn vorbei. Ich wollte dieses Thema heute nicht ansprechen, am liebsten niemals.
"Anastasia, WAS IST DAS?." Oh verdammt, seine Geduld war nach der Eifersuchtsszene von grade nicht wirklich dehnbar.
"Ein Pflaster." versuchte ich es mit dem Offensichtlichen auch wenn ich wusste, dass ihm das nicht reichen würde.
"Das sehe ich auch!" sein Griff wurde fester und ich machte mich automatisch etwas kleiner. Meine Reaktion brachte in dazu die Augen zu schließen und einmal tief durchzuatmen.
"Gut versuchen wir es anders. Wieso hast du einen Pflaster an deinem Kopf." er bemühte sich ruhig zu sprechen, aber ich konnte seine brodelnde Wut in jedem Ton hören.
Ich suchte in meinem Kopf nach einer Ausrede aber als mein Blick hilfesuchend auf Lucas traf, schüttelte dieser Bloß mit dem Kopf.
Was soll das denn jetzt bedeuten, sag es ihm, oder sag es ihm nicht? Ich entschied mich fürs erste, denn ich konnte mich noch gut daran erinnert, als ich ihm die Sache mit dem Zettel verschwiegen hatte. Lieber die hässliche Wahrheit als eine süße Lüge.

"Leonora hat mich ihm Badezimmer angegriffen. Sie wollte mir eine Ohrfeige verpassen nachdem ich ihr gesagt hatte, dass es nicht meine Schuld ist, dass du sie nicht geheiratet hast, sondern ihre. Als ich gehen wollte krallte sie sich in meinen Haaren fest und schlug meinen Kopf gegen die Wand."
Ich gab das Ereignis wieder, als wenn ich die Zutaten für ein Gericht aufzählen würde. Mein Blick lag auf dem Boden, denn ich traute mich nicht ihm ihn die Augen zu sehen, zu Recht. Ruckartig ließ er meine Hand los und drehte sich zu Lorenzo um.
"Nimm ein paar unserer Männer und bring mir diese Schlampe." Lorenzo nickte und ging so gleich ins Haus. Ich nutze Dantes Unaufmerksamkeit und schlich mich hinter das Feuer, in der Hoffnung er hätte Vlads Worte bereits vergessen, doch leider hatte ich nicht so viel Glück.
"Hier geblieben! Du wirst mir jetzt alles erzählen." Die vorherige Unsicherheit und der Drang sich zu verstecken war nach seinem Satz wie weggeblasen. Wut stieg in mir auf. Ich soll es ihm also erzählen, ja? Jetzt wollte er auf einmal mit mir reden. Seit Tagen sprach er nur das nötigste mit mir und nun fordert er mich auf zu sprechen, weil der Herr es so will. Ganz bestimmt nicht!
Ich drehte mich zu ihm um und verengte meine Augen zu Schlitzen.
"Nein!"
Ich weiß, dass ich jetzt genau das tat, was ich mit allen Mitteln versucht hatte zu vermeiden, aber genug ist genug. Ich bin kein Roboter, welcher auf Knopfdruck das tut was er will. Mal gucken wie es ihm gefällt ignoriert zu werden.
Trotzig setzte ich mich auf eine leere Bank und sah ihn nicht an. Die meisten Gäste waren nach Dantes Wutausbruch gegangen und nur noch Laura und die Martinellis waren da. Ich ließ meinen Blick über jeden einzelnen gleiten. Laura sah mich mitleidig an und sofort steigen Schuldgefühle ihn mir auf. Sie sollte in ruhe um ihren Verlust trauern können und nicht Zeuge dieses Schauspiels werden. Die Zwillinge tuschelten und sahen immer wieder Abwechselnd von Dante zu mir. Luca, welcher nur die Geschichte mit Leonora kannte beäugte mich nun neugierig, wobei Marco eher amüsiert schaute. Ich war kurz gewillt ihm Popcorn anzubieten.
"Nein?" durchbrach Dantes schneidende Stimme nun die Stille. Mein Blick fand seinen und ich verschränkte provozierend meine Arme vor der Brust.
"Hast du was an den Ohren? Ich hab nein gesagt." Ich hatte nie vor ihm die Tatsache, dass ich für ihn meine Familie verlassen hatte, zu verschweigen, aber er hatte mich so wütend gemacht mit einem Verhalten, dass ich einzig und alleine aus Trotz reagierte.
Dantes Augen wurden dunkler und auch seine Gesichtszüge verhärtete sich. Wie eine Raubkatze seiner Beute, näherte er sich mir. Ich hatte das Gefühl, als wenn sein Blick mich in Brand setzte. Eine Gänsehaut breitete sich in meinem Nacken aus und wanderte bis zu meinem Rücken. In meinem Inneren zog sich alles zusammen und aus einem unerklärlichen Grund stieg eine Hitze in mir auf. Bei jedem Schritt den er machte pulsierte meine Mitte und ich spürte wie meine Erregung stieg.
Nastja! Ganz schlechter Zeitpunkt! Doch mein Körper hörte nicht auf mich. Ich spürte wie meine Nässe mein Höschen befeuchtete und betete, dass man es mir nicht ansah. Unruhig fing ich an auf meinem Sitz hin und her zu rutschen, was alles nur noch schlimmer machte.
Dante blieb zwei Schritte vor mir stehen und seine enormes Kreuz baute sich dominant vor mir auf. Verdammt, meine Eierstöcke fingen genau zur schlechtesten Zeit überhaupt an sich zu Wort zu melden.

Vlad brach als erster unter der erdrückenden Anspannung zusammen. "Sie hat ihre Familie verlassen um deinen Aufenthaltsort herauszubekommen." Dantes Blick schoss zu ihm dann dann zu mir. Sein Gesichtsausdruck wechselte von verwirrt zu fassungslos.
Warum war Vlad nochmal mein bester Freund? Ich fass es nicht, dass er nachgegen hat, für gewöhnlich konnte man nicht mal unter Folter etwas aus ihm raus bekommen und wenn wir ehrlich sind, dann war ich wohl die einzige die hier gequält wurde.

Aber eine Sache tröste mich, ich hatte es ihm nicht gesagt.

Ace of HeartsWhere stories live. Discover now