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Liebster Dagur,

ich habe mich schon seit einer Weile nicht mehr so schwer gefühlt wie heute morgen. Hicks und die Drachenreiter haben die Basis vor nunmehr zwei Tagen verlassen und seitdem bin ich allein auf der Insel mit meinem Vater und Grobian. Das Schlafen fällt mir ziemlich schwer, ganz zu schweigen vom Aufstehen und selbst zum Essen muss ich mich ab und an zwingen. Es ist fast so wie nach meinem Erwachen, als ich erfuhr dass du gestorben warst. Fischbein hat mir erlaubt in seiner Hütte zu verweilen während ihrer Abwesenheit, so kann ich wenigstens einen großen Bogen um die Basis machen. Ich will meinem Vater nicht begegnen, ich möchte einfach das all das hier vorbei ist und ich nie wieder darüber nachdenken muss. Was würdest du wohl sagen, wenn du jetzt hier wärst? Würdest du dich über mich lustig machen? Vielleicht würdest du auch irgendeine verrückte Racheaktion planen, um es meinem Vater heimzuzahlen. Sicher würde ich ein wenig schmunzeln, auch wenn ich immer Angst davor hatte, du könntest eines Tages tatsächlich Erfolg mit deinen Plänen haben. Ich habe dich geliebt wie einen Bruder - das tue ich noch - und es hätte mir das Herz zerrissen zu sehen, dass jemand aus meiner Familie verletzt wird. Das hat es und nun stehe ich hier. Wäre es leichter, wenn du hier wärst? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich Angst habe.
Ich versuche mich zu verstecken, beobachte wann Vater seine Patrouillen macht und meide sein Blickfeld. Die meiste Zeit kümmere ich mich um Fischbeins Garten und arbeite an der Umsetzung der Basisentwürfe, sofern ich genug Kraft dafür aufbringen kann. Zum Glück befinden sich diese Arbeiten weit genug von der Hauptbasis entfernt, sodass ich zumeist ungestört bin (ab und zu leisten mir ein paar schreckliche Schrecken Gesellschaft). Ich nehme an, Vater will mich genau so wenig sehen wie ich ihn, wenn auch aus anderen Beweggründen, doch ich beschwere mich nicht. Allerdings ist es dennoch zuweilen ein schmerzhafter Gedanke.
Ich vermisse dich Dagur, doch ich weiß, dass dich das nicht zurück bringen wird. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt und das ich dir all das hier in Person sagen könnte. Doch diese Chance war uns nicht vergönnt. Bis zum nächsten Mal.

In Liebe,
Luna.

Seufzend legte ich den Stift beiseite, rollte das Papier zusammen und band eine Schnur darum, ehe ich es bei den anderen Rollen verstaute, die ich seit der Abreise der Drachenreiter geschrieben hatte. Es war bereits Mittag, um Fischbeins Ziergärtchen hatte ich mich schon am Morgen gekümmert und nun würde ich mich den Bauarbeiten an der südwestlichen Klippe widmen. Es war nicht leicht, die Motivation zu finden, um mich aufzurichten und weiter zu machen, doch ich konnte auch nicht einfach weiter in meinen Gedanken ertrinken oder auf der faulen Haut liegen. Und da Schlafen auch keine realistische Option war, arbeitete ich zumeist bis spät Abends, wenn die Dunkelheit heran brach und mich zu einer Pause zwang. So würde mein Plan auch heute aussehen.
Ich schnappte mir meine Aufzeichnungen, Werkzeuge und Materiallien und machte mich auf den Weg.

Ich wollte mich nicht nutzlos fühlen, also versuchte ich etwas zu tun, doch egal was ich tat, es fühlte sich doch sinnlos an, lächerlich, als würde es nichts ändern können. Natürlich konnte ich so tun, als wäre mir all das vollkommen egal und ich könnte einfach weiter machen, so wie Hicks es gesagt hatte. Mein Platz war jetzt hier auf der Drachenklippe, doch während ich verzweifelt versuchte weiter an meiner Zukunft zu arbeiten, war es doch meine Vergangenheit die mich weiter einholte und mich einfach nicht loszulassen schien.
Ich arbeitete lang und hart und dennoch kam ich nur langsam voran, denn immer wieder schweiften meine Gedanken ab; zu Hicks, zu Dagur, zu Vater, zu allem was ich geglaubt hatte hinter mir gelassen zu haben.
Es war alles so surreal, hätte man mir als Kind erzählt was passieren würde, hätte ich es für einen bösen Scherz gehalten, eine fiese Geschichte mit der mich die Zwillinge ärgern wollten. Damals hätte ich nie geglaubt, dass meine heile Familie zerbrechen und ich meine Heimat für immer verlassen würde. Wie hatte all das angefangen?

Die Erzählungen einer Drachenreiterin.         [Dragons FF]Where stories live. Discover now