Kapitel 1 - Ein heimliches Gespräch

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Die Tür wurde erneut aufgestoßen und das Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Sofort wurde es still im Raum und ich schluckte, weil mir auf einmal bewusst wurde, dass meine Kabine nicht mehr abgeschlossen war. Was, wenn jemand hier hinein wollte? Ich konnte mich ja schlecht dagegen stemmen und wenn ich jetzt den Riegel drehte, hätte das Geräusch mich ohne Zweifel verraten.

Ich hatte keine Ahnung, wie ich erklären sollte, dass ich mich die längste Zeit hier drin aufgehalten hatte, ohne einen Mucks von mir zu geben.

Wie erstarrt stand ich da, unfähig mich zu bewegen, doch bevor ich völlig in Panik geraten konnte, hörte ich, wie der Neuankömmling sich haspelnd entschuldigte und wieder verschwand.

Ich atmete erleichtert auf.

Dann hörte ich Alexejs amüsierte Stimme: »Der war ja leicht wieder raus zu befördern. Du hingegen scheinst es noch nicht ganz begriffen zu haben. Du wirst dich von ihr fernhalten.«

Fernhalten? Was meinte er damit? Doch bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, erhob mein Freund die Stimme erneut, diesmal sichtlich ungehalten: »Sag mal, hast du sie noch alle? Es geht dich einen Dreck an, mit wem ich zusammen bin!«

Ein abfälliges Lachen erklang. »Das denkst auch nur du, Darcy.«

Simon gab ein Schnauben von sich und ich runzelte die Stirn. Mein Freund konnte es nicht leiden, wenn man ihn mit seinem Nachnamen ansprach, aber ich fragte mich unwillkürlich, wie er in einer solchen Lage überhaupt den Mut aufbringen konnte, Alexej die Stirn zu bieten.

Jeder hier wusste, wozu der Russe fähig war, wenn er die Beherrschung verlor, und niemand wollte dann im Fokus seiner Aufmerksamkeit stehen.

»Was willst du tun, wenn nicht?«, sagte Simon und ich hielt automatisch die Luft an.

Gespannt starrte ich auf die Kritzeleien und obszönen Sprüche, die meine Klotür verunstalteten, und strengte mich an, jedes noch so leise Geräusch mitzubekommen. Die beiden hatten ihre Stimmen gesenkt, als sie auf mich zu sprechen kamen.

»Dann werde ich dafür sorgen, dass sie sich von dir trennt.«

Alexej klang tief und so bedrohlich, dass sogar ich in meiner Kabine versucht war, einen Schritt zurück zu weichen. Ich schluckte, mein Gehirn damit beschäftigt, die Informationen zu verarbeiten, die mir hier geliefert wurden.

»Wenn du versuchst, einen Keil zwischen uns zu treiben, dann wirst du das bereuen«, spie Simon aus und obwohl mein Herz so laut schlug, dass ich Angst hatte, man würde mich hier drin entdecken, hätte ich in diesem Moment am liebsten die Tür aufgerissen und mich neben meinen Freund gestellt, um diesem Alexej zu sagen, wo er sich seine Drohung hinstecken könne.

Was fiel diesem Typen eigentlich ein? Wie konnte er es wagen, hier aufzutauchen und das Ende meiner Beziehung zu verlangen?

Mein Leben ging ihn nicht das Geringste an, und nur weil er sich sonst mit Gewalt durchsetzen konnte, bedeutete das keineswegs, dass jeder hier sich seinem Willen beugte und zu Kreuze kroch, wenn er mit den Fingern schnippte.

Wie dreist konnte man eigentlich sein!

Nicht, dass ich ihm das jemals ins Gesicht gesagt hätte.

Ich war mir nur allzu deutlich der Tatsache bewusst, dass ich nicht halb so viel Courage besaß wie mein Freund und ich hoffte insgeheim, dass ich dem Russen niemals persönlich gegenübertreten müsste. Normalerweise machte ich um solch üble Menschen einen großen Bogen und gab mir Mühe, ihren Blick nicht auf mich zu ziehen.

Sehr zu meinem Leidwesen hegte Alexej jedoch eine persönliche Abneigung gegen meinen Freund und diese Feindseligkeit beruhte auf Gegenseitigkeit.

Die beiden konnten sich nicht ausstehen und seit ich mit Simon zusammen gekommen war, hatte er schon mehrmals erwähnt, wie ausfällig der Russe gelegentlich werden konnte.

Das Licht in unseren SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt