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"Die Schule hier ist wirklich toll und es gibt dort sogar ein Volleyball-Team. Ich kenne die Trainerin. Wenn du willst, Dot, dann werd ich mit ihr reden, damit du ins Team kommst", plapperte Dad vom Fahrersitz aus.

Seit er uns vom Flughafen abgeholt hatte, redete er ununterbrochen und in höchsten Tönen von der Kleinstadt in dem wir von jetzt an zusammen leben würden.

Wind Chimes.

Ich muss gestehen, dass der Name mir schon immer gefallen hatte und auch die Bilder die Dad uns immer von der Gegend schickte, selbst wenn ich sie immer wegwarf.

Aber dort wohnen? Niemals.

Nun ja, das dachte ich zumindest bis vor drei Wochen noch. Damals waren meine drei Brüder und ich noch in London, bei meiner Tante Darla zu Hause. Wir wussten von Anfang an das wir dort nicht lange bleiben konnten, den sie war schon drei Jahre zuvor, als wir bei ihr einzogen, krank gewesen. Mit, zu Anfang, vierzehn, hatte ich aber noch nicht daran gedacht, dass Darla wirklich mal zu schwach wäre um sich um uns zu kümmern.

Jetzt allerdings war es soweit gewesen und das Jugendamt hatte keine andere Lösung gefunden als uns zu unserem Vater zu schicken, ganz entgegen dem ausdrücklichen Wunsch von Mama ...

Nach dem Gutachten der Ärzte über Tante Darla und die Gerichtsverhandlung um das Sorgerecht, ging alles ziemlich schnell und nun saß ich hier. Eingekeilt zwischen meinen streitenden, kleinen Brüdern, auf der Rückbank von Dads schickimicki Auto.

Auf dem Beifahrersitz saß mein großer Bruder Henry. Ich bewunderte ihn dafür das er aus seiner alten Heimat gerissen werden konnte, ohne sich auch nur einmal zu beschweren. Irgendwie bekam er auch ein nettes Lächeln zu Stande.

Er beschwerte sich auch sonst nie, das war einfach nicht seine Art.

"Jeder bekommt übrigends sein eigenes Zimmer. Wir haben sogar das Dachzimmer extra auf Fordermann gebracht", erklärte Dad ganz stolz.

Jonah und Max neben mir hielten für einen Moment mit ihren Streitereien inne, atmeten scharf ein und wollten schon Widerworte geben, doch das übernahm ich.

"Wenn du uns auch nur ein kleines bisschen kennen würdest, dann wüsstest du das Jonah und Max nur gemeinsam in einem Zimmer schlafen und das schon immer", sagte ich und verschränkte meine Arme trotzig vor der Brust.

Dad antwortete mir nicht, sonder lachte nur nervös, während Henry sich halb zu mir umdrehte und mir seinen typischen "Bitte benimm dich"-Blick zuwarf.

Wenige Augenblicke später, war Dad immer noch still. Henry übernahm die Streitschlichtung, wie so üblich auch. "Wir können in ein Zimmer doch sicher ein weiteres Bett stellen, oder Robert?", fragte er unseren Vater.

Ich sah wie Dad zusammenzuckte, als Henry in mit seinem Vornamen ansprach. Auch mein großer Bruder bemerkte das und fügte kurz darauf stotternd hinzu: "Äh ... Dad".

Die Hände von unserem Vater spannten sich um das Lenkrad, doch im Rückspiegel konnte ich sehen das er immer noch ein gezwungenes Lächeln auf den Lippen hatte.

Den Rest der Autofahrt waren alle ruhig, sogar Jonah und Max, obwohl die sonst nie still waren.

Etwa eine halbe Stunde später bog das silberne, große Auto in dem wir saßen, in einen Feldweg ein, der immer breiter wurde und an dessen Ende ein Holztor war.

Eine Frau öffnete es uns, damit Dad auf das Grundstück dahinter fahren konnte. Hinter uns wurde das Tor wieder geschlossen.

Ein paar Meter bewegte er das Auto noch, bervor der Motor erstarb und Dad den Schlüssel aus dem Schloss zog.

Path of the WindWhere stories live. Discover now