Teil 31

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Ich schaue mich in dieser riesigen Rumpelkammer um, bin erneut überwältigt von dem, was jetzt meine Realität ist. Es ist aufregend und beängstigend. Als ich damals mein Geschäft gegründet habe, war ich Anfang zwanzig und quasi unbesiegbar. Da habe ich mir keine Gedanken über Erfolg oder Misserfolg gemacht. Ich wollte es tun, also tat ich es.

Die Gemma von damals wäre genervt von dieser zögerlichen Tante hier.

Ich sollte es auch sein. Schließlich habe ich viertausend Sicherheitsnetze und siebenhundert doppelte Böden, weil River mich auffangen wird, wenn ich straucheln oder fallen sollte. Auf diese Art gründen zu können, ist ein verdammter Luxus. Gleichzeitig erhöht es für mich aber auch den Druck, denn ich will auf keinen Fall sein Geld vergeuden.

Tief durchatmen und diese Gedanken erst einmal vergessen. Sie sind nur destruktiv. Ich habe mich darauf eingelassen und werde es daher auch durchziehen. Es gibt keine Alternative.

Es sind vier Räume, die River mir überlässt. Ich weiß nicht, ob ich so viel Platz brauche, aber es ist auf jeden Fall besser, zu viel, statt zu wenig zu haben. Damals hatte ich nur einen Lagerraum, der so vollgestopft war, dass es endlos lange gedauert hat, bis ich Dinge gefunden habe, das kann mir hier nicht passieren. Aber ich denke, dass es besser wäre, die beiden größeren Räume zusammenzulegen, um ein Lager zu haben. In dem einen Raum möchte ich die Versandabteilung einrichten und in dem kleinsten dann mein Büro, was jetzt nicht so wichtig ist, aber wenn ich den Platz habe, kann man sich das mal leisten.

Ich schaue alles durch und klebe Post-its an die Möbelstücke, die ich behalten will. Hauptsächlich Regale und Tische. Die dazugehörigen Stühle sind nicht mehr geeignet, als ich mich auf einen zur Probe setzte, ist er beinahe unter mir zusammengebrochen. Also weg damit. Ansonsten kann ich mit dem restlichen Kram nichts anfangen, weswegen ich ihn auch nicht brauche.

Als ich fertig bin, schaue ich mich um. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass das mal mein Reich sein wird. Schnell zähle ich die Regale durch, die ich behalten werde. Zehn. Das reicht erst mal dicke. Wenn ich mehr brauchen sollte, muss ich mir noch welche zulegen, aber ich will klein anfangen und dann mehr Ware einkaufen, wenn der Bedarf da ist.

Ich schließe hinter mir ab, sage River kurz, dass ich verschwinde, und fahre dann nach Hause. Es zieht mich zu meinen Stoffen.

Ich ziehe oder trage die Kartons in Rivers Arbeitszimmer – in mein Arbeitszimmer –, öffne sie alle, schaue mir die Muster an, lege die zur Seite, die ich gut finde. Es sind viele, viele schöne Stoffe dabei, aber ich kann sie nicht alle nehmen. Da ich gerne mit vielen Herstellern und Lieferanten zusammenarbeiten möchte, suche ich von jedem Stoffe aus, auch wenn ich dann ziemlich viel Ware habe, aber es ist gut, das Risiko zu streuen.

Ich gebe es zu, manche Stoffe streichele ich auch oder schmiege sie an meine Wange. Das ist eine sehr wichtige Qualitätskontrolle. Schließlich muss man doch wissen, ob ein Stoff kratzt, dann ist er nicht geeignet als Kleidungsstück. Ist doch wohl klar.

Was ich mit den Stoffen machen soll, die ich nicht haben möchte, weiß ich nicht, aber vielleicht könnte ich Musterpakete zusammenstellen. Wobei es wahrscheinlich keinen Sinn macht, Stoffe zu nehmen, die ich gar nicht anbieten will.

Am Ende entschließe ich mich einfach dazu, sie zurückzusenden. Die Firmen können sie dann an zukünftige Kunden schicken.

Eine Weberei hat mir zwar nur fünf Stoffe geschickt – die ich auch alle nehme –, aber davon jeweils so viel, dass ich mir schon mal Gedanken machen kann, welche Kleidungsstücke ich fertigen möchte. Aber erst lege ich Bestell-Listen an, damit ich diese an die Hersteller schicken kann, sobald mein Geld da ist. Ich könnte es schon vorher machen, weil ich natürlich erst nach Lieferung bezahlen muss, aber mir ist es lieber, abzuwarten. Es herrscht auch gar kein Zeitdruck. Schließlich muss ich erst mal die Website haben und dann auch noch die ganze Kleidung selbst genäht haben. Nicht alle, aber wenn mein Konzept darauf basiert, dass ich eine Idee zum Stoff liefere, müssen zumindest ein paar Ideen vorhanden sein, sonst macht das keinen Sinn.

Playground - River & GemmaWhere stories live. Discover now