"Anna was ist denn eigentlich los?" fragt er dann und mir kommt ein hämisches Lachen aus. "Das fragst ausgerechnet du? Das muss ich dich fragen!" "Was ist denn-" "Wann wolltest du mir sagen, dass du nach München gehst? Am Tag deiner Abreise vielleicht?" Sofort weicht sein Lächeln einer überraschten Mine. "Woher-" "Die anderen haben es mir mehr oder weniger erzählt. Sie sind aber davon ausgegangen ich weiß das schon. Scheiße nochmal Alex, was soll das? Wieso sagst du mir nichtmal einen Ton davon? Nichtmal dass die ihr Angebot nochmal gestellt haben?" Er seufzt und lehnt sich gegen einen der Tische, er weicht meinem Blick aus. "Schau mich verdammt nochmal an un sag mir, was das soll!" Ich bemühe mich darum leise zu sprechen, ich kann jetzt keinen brauchen der hier aufkreuzt und einen dummen Spruch reißt. "Weil ich genau wusste wie du reagieren wirst. Ich weiß, dass du nicht möchtest, dass ich gehe." "Natürlich will ich das nicht! Aber das ist dein Grund mir so ne lebensverändernde Entscheidung vorzuenthalten? Noch dazu ist das schon in drei Wochen, Alex! Was zur Hölle denkst du dir eigentlich?" Er schüttelt den Kopf und sieht mich schließlich an. "Ich muss hier weg, Anna. Und ich wollte nicht, dass du mich aufhältst." Mir fehlen die Worte und ich weiß nicht was mich gerade mehr trifft. "Wie ich- was ist los mit dir?" "Ich wollte das eigentlich wann anders und in nem anderen Umfeld besprechen." Ich starre ihn nur noch an, kann nicht glauben was hier gerade passiert. "Alex-" "Anna, ich liebe dich wirklich mehr als alles andere in diesem Leben, aber ich kann das nicht mehr. Ich gehe kaputt an dem was zwischen uns ist. Ich habe immer versucht, das vor dir zu verstecken, aber es geht nicht mehr." Plötzlich fühle ich mich wie in einem schlechten Film, mit mir in der schlechten Hauptrolle. "Ich verstehe kein Wort, Alex. Wieso redest du nicht mit mir?" "Ich habe mich nochmal darauf beworben, ja. Ich muss hier weg und das alles erstmal verarbeiten. Weißt du eigentlich was in den letzten Monaten los war? Wir haben ein Kind verloren, wir wurden in einem Gerichtsverfahren fast zerlegt und dann ist da noch deine ständige Abhängigkeit von diesem Brandt. Anna, du merkst das gar nicht, wie du alles und jeden vernachlässigst. Du kannst ihn nicht loslassen, egal wie oft du mir das noch versprichst. Es geht nicht, weil du ne Bindung zu ihm hast, auch wenn dir das selbst gar nicht bewusst ist." Mir steigen die Tränen in die Augen und ich kann nicht entscheiden ob es Verletztheit, Wut oder Trauer ist, die in mir hochkocht. "Du tust so als wäre mir das alles scheißegal! Ich habe das auch durchlebt, nein WIR haben das durchlebt und überstanden und jetzt? Haust du einfach ab ohne nur einmal mit mir geredet zu haben? Das ist nicht dein Ernst!" Ganz plötzlich sehe ich Julian vor mir, der mir auch die ganze Zeit nur etwas vorgemacht hat und am Ende die Bombe Platzen ließ. "Steht auf meinem Hirn 'Verarscht mich' oderwas? Ich kann nicht glauben was du hier tust! Du hast mir immer versprochen mit mir zu reden, wenn es dir zu viel wird!" Nun bin ich doch etwas lauter geworden, ich kann nicht verstehen was mit Alex los ist. "Es tut mir-" "Sag bloß nicht es tut dir leid, das tut es dir nicht! Sonst hättest du vorher mit mir darüber geredet! Aber wie du willst, bitteschön. Hau ab und lass dich nicht mehr blicken, echt! Von jedem hätte ich das erwartet aber nicht von dir! Und ich dachte die ganze Zeit du wärst der Richtige! Fuck off, Alex!" brülle ich ihn jetzt an, die Tränen stürzen nur so meine Wangen hinab und ehe er sich versieht landet meine Hand mit nicht wenig Schwung an seiner Wange. "Ich habe mich so in dir getäuscht." schluchze ich noch und bin im nächsten Moment schon aus der Tür.


Einmal mehr stürze ich die Treppen hinunter und verschanze mich direkt auf der Toilette, wo ich hoffe, dass mich erstmal keiner findet. Ich lege meinen Kopf auf meinen Knien ab und kann nicht anders als einfach zu heulen. So viel Schmerz musste ich in diesem Leben schon spüren und ich kann nicht begreifen, wieso es nicht einfach mal vorbei sein kann. Wieso muss immer wieder was passieren, das mich so verletzt? Ich weiß, dass das alles für Alex die Chance seines Lebens ist, aber er tut das nur um sich von mir trennen zu können, und alleine das ist das Schlimmste daran. Die letzte Zeit war schwer, doch ich war mir immer sicher, dass uns das noch enger verbindet und ich war wohl einfach zu naiv zu glauben, dass er mich wirklich liebt. All das kam so verdammt unerwartet und gerade das macht es so schmerzhaft.


Nach einer Weile höre ich ein leises Klopfen an der Tür. "Hau ab." gebe ich nur schluchzend zurück. "Anna willst du reden?" höre ich entgegen meiner Vorstellung Marcs Stimme vor der Tür. Schließlich öffne ich ihm, denn gerade kann ich Trost ganz gut gebrauchen. Als er mich sieht, wird sein Blick sofort besorgt. "Was ist denn schon wieder passiert?" "Ich- ich glaube Alex hat sich gerade von mir getrennt." schluchze ich dann und versuche vergeblich die Tränen von meinen Wangen zu wischen. "Was, bitte was?" ungläubig sieht er mich an und ich nicke langsam. "Er hat mir nicht von München erzählt, damit ich ihn nicht aufhalte. Er muss hier weg, meint er. Er hält es nicht mehr aus, mit mir, unserer Beziehung oder whatever." "Komm mal her." er zieht mich fest in seine Arme und ich nehme diese Umarmung dankbar an. Eine Weile heule ich in Marcs' T-Shirt und kann noch immer nicht begreifen, was gerade da oben passiert ist. "Willst du nicht nochmal mit ihm reden?" fragt er dann und ich schüttle den Kopf. "Erstmal nicht, meine Gedanken sind dafür nicht sortiert genug. Wahrscheinlich packt er grad sowieso seine Sachen, bis meine Schicht vorbei ist." Ich höre Marc seufzen und fasse mich dann. "Gehts wieder ein bisschen?" "Ich denke schon, ja." "Vielleicht sage ich Stefan lieber-" "Sag ihm nichts, er soll endlich Ruhe vor mir und meinen Geschichten haben. Die letzten zwei Stunden schaff ich schon noch." Ich muss mich jetzt einfach ablenken, und das geht nur wenn ich mich jetzt auf meine Arbeit konzentriere und Alex erstmal verdränge. Heute bin ich auf dem Noteinsatzfahrzeug eingesetzt, mit dem ich auch dem Notarzt assistieren und dabei schließlich voll bei der Sache sein muss.


Ich versuche noch etwas die Spuren meines Zusammenbruchs zu kaschieren, als ich den Piepser an meinem Gürtel höre. Sofort habe ich meine persönlichen Leiden beiseite geschoben und bin voll fokussiert auf die Einsatzmeldung. Doch das mit dem Fokus ist ganz schnell vorbei als ich die Adresse des Einsatzortes lese. Es ist eine Adresse am Phönixsee, und ich weiß dass es Julians ist, weil wir daran vorbeigegangen sind, als wir das Restaurant Richtung Parkplatz verlassen haben. Herr im Himmel, das kann es nicht geben. Nicht jetzt. Nicht heute. Schnell habe ich mich wieder und laufe nach unten, wo ich mir meine Jacke überwerfe und ins Auto hüpfe. Erstmeldung lautet auf Patient mit kardiologischen Problemen, Herzinfarkt, schießt es mir durch den Kopf. Julian und ein Herzinfarkt? Das kann es doch gar nicht geben. Sogleich habe ich die Statusmeldung abgesetzt und setze mich in Bewegung. In einem rasenden Tempo fahre ich zur Klinik, wo ich Patrick aufsammle. Ich bin ziemlich froh darüber, ihn heute als Notarzt zu haben, da ich mit ihm schon ein eingespieltes Team bin und wir bereits unseren eigenen Rhythmus zu arbeiten gefunden haben. "Patient mit sicheren Anzeichen auf Herzinfarkt, Anfang 50 wohl." liest Patrick seine Einsatzmeldung vor. Anfang 50? Doch nicht Julian, ist es doch ne andere Adresse? Muss ja so sein. Weiter denke ich mir allerdings nichts dabei und fahre zu der Adresse. Ich bin noch nicht aus dem Auto ausgestiegen, da sehe ich schon die beiden blonden Jungs, die in der Tür stehen oder besser gesagt sitzen. Kurz schließe ich gequält die Augen. Nein, nicht heute. Nicht er, nicht so.


Doch ich weiß, jetzt liegt es an mir, einmal mehr einem Menschen aus dieser Familie das Leben zu retten.



-------Hier bin ich wieder zurück aus der Versenkung, und direkt zurück mit einem Knall!Die letzte Wochen waren privat sehr aufreibend bei mir, weswegen etwas länger als gewohnt nichts kam. Sorry for that!Aber jetzt bin ich ja wieder da und sehr sehr gespannt auf eure Reaktion!


Daher freue ich mich sehr auf Rückmeldungen! xx

Helping Angel - Julian BrandtOnde as histórias ganham vida. Descobre agora