Kapitel 1.3 - Wanted: Adonis

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„Hey!", protestierte ich und versuchte mich zu befreien. „Lass mich tanzen."

„Dein Ernst?" Ich hörte an der Stimme, dass es Lyss war, der mit mir sprach, aber das Gesicht dazu war so verschwommen, dass es jeder blonde Mann hätte sein können. „Phil, wie viel hast du getrunken?"

Ich schloss die Augen. Zu viele Farben, zu viele Wörter. Mit einer Hand tastete ich nach dem Barhocker und setzte mich.

Im Wummern der Musik hörte ich, wie Lyss mit Monika redete: „Warum hast du sie so viel trinken lassen? Du weißt doch, dass sie nichts verträgt." Er seufzte. „Tut mir leid, ist nicht deine Schuld. Hatte 'nen langen Tag."

„Schon gut. Bringst du sie nachhause?"

Ich schreckte auf. „Was? Nein!"

Zwei perplexe Gesichter schauten mich an. Dann legte Lyss eine Hand auf meine Schulter. „Du bist betrunken."

„Gar nicht." Ich verschränkte die Arme.

„Ein ganz kleines bisschen", schmunzelte er. „Hör zu, du musst morgen arbeiten. Da kannst du nicht mit Kater aufkreuzen. Ich bring dich nachhause, du trinkst ordentlich Wasser und morgen bist du mir dankbar, dass ich dich nicht weitertanzen lassen habe."

Ich verschränkte die Arme auf dem Tresen und legte meinen Kopf seitlich darauf ab.

„Phil", stöhnte Lyss und versuchte mich vom Barhocker zu zerren.

„Mach so weiter und ich kotz dich an."

Er hielt inne und ich musste grinsen. Er wusste genau, dass ich auf das Oktoberfest letztes Jahr anspielte. Seitdem wirkte die Drohung Wunder.

„Ich will noch nicht gehen", grummelte ich.

Mein Blick wanderte zu einer Gruppe von Männern, die Billard spielten. Sie lachten und stichelten sich gegenseitig an. Nur einer von ihnen stand schmunzelnd daneben und drückte Kreide auf die Spitze des Billardstocks. Er wirkte so erwachsen. Mysteriös. Dann war er an der Reihe und versenkte prompt zwei Kugeln auf einen Stoß.

Ich hob den Kopf. „Der da", sagte ich, ohne ihn aus den Augen zu lassen. „Ohne den gehe ich nicht nachhause."

„Wirklich? Du willst in dem Zustand mit einem Kerl reden?"

Ich musterte Lyss mit hochgezogenen Augenbrauen, dann leerte ich in einem Zug mein Glas und stand auf. Challenge accepted. Lyss seufzte hinter mir und schüttelte wahrscheinlich den Kopf über mein Verhalten, aber es war mir egal. Im Moment war es mir egal, was irgendein Mann von mir dachte, denn andersherum interessierten sich die Männer offensichtlich auch nicht dafür, welche Konsequenzen ihr Verhalten auf eine Frau haben könnte.

Ich visierte den menschgewordenen Adonis an und versuchte meinen schwankenden Gang als sexy Hüftschwung zu tarnen. Kinn hoch, Brust raus, Bauch rein — nur nicht zu sehr, sonst kam vielleicht doch noch was hoch...

Mit einer letzten eleganten Bewegung (zumindest in meiner Vorstellung) platzierte ich mich neben Adonis, der meine Anwesenheit mit einem Lächeln anerkannte. Seine Freunde spielten zwar weiter, aber ich spürte ihre Blicke auf mir. Währenddessen versuchte ich vergeblich die Doppelbilder wegzublinzeln, um die Details dieses perfekt gemeißelten Gesichts wahrnehmen zu können.

„Möchtest du mitspielen?", fragte Adonis schließlich und bot mir seinen Billardstock an.

Ich grinste und berührte die Hand, mit der er den Holzstab hielt. Dann fuhr ich langsam mit den Fingern seinen Arm entlang. Oh Gott, was für ein Mann. Diese Venen... Wie in Trance strich ich über seine Haut, bis mich seine Armhaare kitzelten und ich kichern musste. „Warum gehen wir nicht woanders hin und spielen zu zweit weiter?"

Adonis lachte und nahm meine Hand in seine.

In dem Moment hörte mein Herz auf zu schlagen, in meinen Ohren rauschte es und die ganze Welt schien für den Bruchteil einer Sekunde stehenzubleiben. Er fühlte es auch. Anders konnte es nicht sein, oder?

Adonis öffnete den Mund, entschied sich dann aber doch dagegen etwas zu erwidern. Stattdessen lächelte er mich an. Noch bevor ich mir wünschen konnte, er würde meine Hand für immer so festhalten, bemerkte ich, dass er das nur getan hatte, um sie von seinem Arm zu entfernen. „Vielleicht solltest du zu deinem Freund zurück gehen", sagte er höflich und nickte in Richtung Bar.

„Was, nein. Lyss ist nicht mein Freund. Also Freund ja, aber nicht mein Freund, nur ein Freund, also nicht was du denkst."

Er schmunzelte. „Verstehe."

Ich musterte ihn. Er war zwar freundlich, aber von der Art so distanziert, dass sogar mein betrunkenes Ich bemerkte, dass er mir gerade einen Korb gegeben hatte. Nur warum war mir ein Rätsel. „Hast du eine Freundin?"

„Nein."

Ich legte den Kopf schief. „...Einen Freund?"

Er lachte. „Auch nicht."

Langsam ging ich einen Schritt auf ihn zu, sodass ich zu ihm hoch schauen musste. Uns trennten nur wenige Zentimeter — inklusive Billardstock, den er noch immer festhielt. Ich legte meine Hand noch einmal auf seine und versuchte ihn möglichst verführerisch anzusehen. „Dann spricht doch nichts dagegen", hauchte ich.

***

Mit diesem sexy Flirt verabschiede ich mich ins Wochenende :D
Wie ist eigentlich euer Beziehungsstatus?

Wanted: AdonisWhere stories live. Discover now