März 2022

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CN: Panikattacken, Tod 

Jedes Jahr struggle ich im März. 
Jedes Jahr mache ich mir aufs neue Gedanken über so banale Dinge. 
Bin ich genug? Was macht mich aus? Kenne ich mich wirklich so gut, wie ich denke? Bin ich eine gute Freundin oder handle ich zu egoistisch? Ist es okay erschöpft zu sein, während andere energiegeladen sind oder viel schlimmeres durchmachen? 
Jeder Blick in die Nachrichten schockiert, nicht nur die Ukraine, auch andere Ungerechtigkeiten auf der Welt. Daneben komme ich mir manchmal so lächerlich vor. Ich jammer' über meinen Tag, über Klausuren, wie scheiße der Unterricht war, während andere um ihr leben fürchten. 
Natürlich weiß ich, dass man leid nicht miteinander vergleichen sollte, aber warum nehme ich mich so wichtig? 

Jedes Mal im März reflektiere ich die vergangenen Jahre und stelle mir vor, was noch auch mich zukommt. 
Dabei denke ich (leider) viel zu sehr über den Tod und seine Folgen nach. 
Ich bin so frei und schreibe hier zum ersten Mal (zumindest glaube ich, dass es das erste Mal ist) über meine Panikattacken dahingehend. 
Schon als "kleines" Kind hab ich darüber nachgedacht, weil zuerst den Gedanken erschreckend fand allein zu sein. Zwar hat mir nie jemand das Gefühl gegeben allein sein zu müssen, aber das hat sich irgendwie angebahnt. ich hatte im Kindergarten immer ein Bild meiner Familie dabei, damit ich mich nicht so allein fühle. Das Bild sieht dementsprechend ziemlich zerknickt aus, aber es hat mir damals etwas geholfen. Ich fand den Gedanken unerträglich, wenn Mama oder Papa eines Tages nicht mehr von der Arbeit nachhause kommen könnten, weil irgendetwas passiert ist. Ich weiß nicht, woher dieser Gedanke kam und wieso ich ihn heute noch immer nicht ganz loslassen kann. 
Dann irgendwann fing ich an über meinen eigenen Tod nachzudenken. Das war in der Grundschule. Ich hab angefangen von meiner Beerdigung zu träumen und bin jedes Mal völlig verstört aufgewacht. Daher kamen dann auch Panikattacken mitten in der Nacht. Ich hab meinen Eltern nie wirklich davon erzählt, weil ich nicht wusste wie. 
Irgendwann in der zweiten oder dritten Klasse hatte ich ne Panikattacke im Ethikunterricht, weil unsere Lehrerin über den Weltuntergang gesprochen hat und mich hat das sofort beunruhigt, denn wenn die Welt untergeht, wie wahrscheinlich ist es, dass ich das überlebe? Sie hat versucht mich zu beruhigen, meinte, dass wir dann alle gerettet werden, aber das hat nicht wirklich geholfen. Ich habs hingenommen und die Panik irgendwie weggeatmet. 
So eine Situation hatte ich ein bis zwei Jahre später nochmal. Hier in der Nähe ist ein Heimatmuseum und da hatten wir eine Führung bekommen. Gleich am Eingang stand eine Glasvitrine mit ein bisschen Asche um den Tod und die Reise ins Jenseits zu symbolisieren. Das hat mich wieder in meine Gedanken gerissen und ich hab nen Heulkrampf bekommen. Ich erinnere mich noch an die Blicke meiner Freunde und Mitschüler. Das war mir alles so unangenehm, weil ich nicht so gern im Mittelpunkt stehe, besonders wenn ich mich so in Gedanken reinsteiger. 
Meine Klassenlehrerin hat mich dann zur Seite genommen und ich hab ihr gestanden, dass ich Angst vor dem Tod hab. Sie hat mir gut zugeredet und mir diesen einen Satz gesagt, der mir manchmal heute noch hilft: Angst geh weg, ich brauch dich nicht. Sie meinte, immer wenn sie Angst hat, sagt sie ihn sich vor. Das hat mir geholfen, weil ich mich daran klammern konnte und meine Gedanken sich nicht weiter in diese Richtung bewegten. 


Ich hab nie wirklich mit jemandem darüber gesprochen, weil ich mich nicht ausfragen lassen wollte. Über Probleme zu sprechen fällt mir generell schwer, aber langsam lerne ich nicht alles in mich hineinzufressen. So auch diese Panikattacken. Ich hab gelernt damit umzugehen, bin die Träume losgeworden, wenn auch nicht die Gedanken. 

Vor wenigen Tagen kam ein neues Lied von Rammstein raus: Zeit. Das hat die Panikattacken nochmal anderes getriggert. Es setzt sich mit der Zeit und damit Leben und Tod auseinander. Normalerweise meide ich das Thema so gut es geht, denn manchmal kann ich damit nicht so einfach umgehen, aber gestern hab ichs in Dauerschleife gehört. 

Ich hab so ne Angst vor dem Tod, weil ich nicht weiß was danach kommt. ich hab keine Ahnung was mit meinem Bewusstsein passiert und das beunruhigt mich zu tiefst. Ist dann alles schwarz, sehe ich alte Freunde wieder, bin ich allein? Ich hab so ne scheiß Angst und mit jedem Wort, dass ich hier schreibe spüre ich die Panik aufsteigen, spüre mein Herz in der Brust hämmern, die Hände zittern, Tränen in den Augen und ein ungutes Gefühl im Bauch. 
Ich atme diese Sachen weg, lenke die Gedanken in eine andere Richtung und die Panik verschwindet langsam wieder, aber das mulmige Gefühl im Bauch bleibt, weil ich weiß, dass diese Angst nie ganz verschwinden wird. 

Ich dachte immer, ich hab mich damit abgefunden, dass jeder irgendwann sterben muss, aber das kann ich gerade nicht, dafür ist mir mein Leben zu wertvoll. Dafür sind mir die Menschen, die ich in meinem Leben habe zu wertvoll. Ich will keinen davon loslassen. 
Ich weiß nicht ob ein kleiner Vampir hier mitließt (wenn ja, weiß er, dass er angesprochen ist), aber dieser einen Person hab ich ziemlich viel von mir gezeigt. Danke für alles. 
Generell danke an alle, die ich in meinem Lebe habe und die mir beistehen, ganz egal in welcher Form. 
Ich lasse nicht viele Menschen nah an mich heran und das hier zu schreiben ist schon sehr intim, weil genau das die oben geschilderten Gedanken die schlimmsten sind. 
Ich mach mich damit vielleicht verletzlich, aber ich hatte das Bedürfnis das hier loszuwerden. 

Um noch einmal auf die Panikattacken zurückzukommen: ich hab vor einiger Zeit mit meiner Mutter darüber geredet. Ich hab ihr erzählt, dass ich ab und zu welche habe und sie hat mich gefragt, warum ich das nie erzählt hab. Bisher kam ich damit ja immer zurecht, auch wenns nicht immer angenehm war, aber ich kann mich nicht immer auf andere verlassen und muss einen Umgang damit finden, damit ich nicht zu lange in so einem Zustand festsitze. 
In letzter Zeit häufen sich solche Panikattacken, weil ich in ein paar Wochen mit der Schule fertig bin und eigentlich keine Ahnung hab, was ich so wirklich mit meinem Leben anstellen will. Natürlich hab ich Träume und Wünsche, die ich gern in die Tat umsetzen würde, meine Hobbys würde ich gern zum Beruf machen, aber mit Kunst und Sport Geld zu verdienen wird immer schwerer, daher sollte ich mir lieber einen "richtigen" Beruf suchen. 
Vielleicht kann ich eines Tages von meinen Hobbys leben, aber dieser Tag ist noch lange nicht greifbar. Bis dahin muss ich vor allem an mir selbst arbeiten. 

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⏰ Last updated: Mar 13, 2022 ⏰

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