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Ich war entsetzt. Ich hatte keine Ahnung wie ich mich verhalten sollte, was ich fühlen sollte. Einerseits war ich wütend. Mir wurde Ben genommen, ich wurde verfolgt und ich wurde zu Mord gezwungen.
Andererseits hatte ich Angst. Es war etwas übernatürliches, mächtiges, angsteinflößendes, womit ich es zu tun hatte. Ich durfte dieses Etwas nie unterschätzen, ich hatte keine Chance dagegen.
Aber irgendwie war ich auch traurig. Ich hatte kein normales Leben mehr, so wie ich es einst hatte. Mir wurde mein bester Freund geraubt und ich schien seelische Schäden davon zutragen. Aber trotzdem hatte ich keine andere Wahl als dieses Spiel erneut zu spielen.
Ich überlegte mir, was passieren würde, wenn ich tatsächlich das Blut eines anderen benutzen würde. Im Internet wurde man ausdrücklich gewarnt es nicht zu tun. Andererseits wurde man auch gewarnt nicht zu spielen und trotzdem habe ich es getan. Es interessierte mich wirklich, was passieren würde, wenn ich die ein oder andere Regel gebrochen hätte. Aber ich wollte nicht noch mehr Probleme haben, als ich ohnehin schon hatte. Ich wollte es einfach ganz normal spielen. Doch es stellte sich wieder eine Frage.
Wo hätte ich spielen können?
Bei mir würde es ganz sicher nicht gehen. Meine Eltern waren nachts immer da.
Ich hatte wirklich keine andere Wahl, als in ein verlassenes Haus zu gehen. In dieses ganz bestimmte Haus...

Ich lief erst einmal wieder nach Hause. Ich war mir nicht sicher, wann ich spielen sollte. Ich wollte es schnell hinter mich bringen.
Es war erst ca. 16 Uhr nachmittags. Ich durfte mit dem Ritual erst um 0.00 Uhr anfangen, also hatte ich noch Zeit.
Zuhause angekommen schmiss ich mich auf die Couch im Wohnzimmer und schloss die Augen. Ich ließ die ganze Woche noch einmal revu passieren.

Erst lockte mich irgendetwas zu Ben.
Dann habe ich geschlafwandelt und bin in einem ganz anderen Haus aufgewacht und habe dort eine Leiche gesehen.
Ein Mädchen meiner Klasse wurde benutzt um mich zum Spiel zu überreden.
Und dann ist auch noch mein bester Freund und sogar sein Haus verschwunden.

Das war zum Heulen!
Ich hatte auf diesen ganzen Scheiß keine Lust mehr. Ich wollte endlich das Ende dieser Tragödie erleben. Ich musste nur einmal meine Angst überwinden! Ich wollte mich ablenken und schaltete den Fernseher an. Die Nachrichten liefen und ich erstarrte als ich realisierte worum es ging.

"...- wurde nun die Leiche der 7 jährigen Sofia gefunden. Der Täter ist noch unbekannt, doch die Ermittlungen-"

Ein Bild von dem Mädchen, welches ca. eine Woche vorher wegen mir sterben musste, wurde eingeblendet und ich konnte nicht anders, als den Fernseher wieder auszuschalten.

Wie lange wird mich das denn noch verfolgen?! Wird es nach dem Spiel aufhören?

Ich kramte in den Schränken nach Kerzen, Streichhölzer, was zum schreiben und eine Dose voller Salz.

Dieses Mal bin ich vorbereitet. Dieses Mal werde ich bis 3.33 Uhr im Haus bleiben.

Ich wusste nicht, wie spät es war. Ich ging einfach raus und versuchte den Weg zu dem verlassenen Haus zu finden. Andere leere Häuser kannte ich ja nicht.
Wie von alleine steuerten meine Beine die Wege entlang.
Nein, nicht wie von allein.
Wie ferngesteuert...
Ich hätte meine Augen schließen können und ich wäre trotzdem angekommen.
Nach einer halben Stunde war ich dann tatsächlich vor dem Haus. In der Abenddämmerung sah es schon etwas gruselig aus. Ich legte den Kopf in den Nacken und atmete die frische Abendluft ein.
Dunkle Wolken hingen am Himmel und ließen alles noch unheimlicher wirken. Ich öffnete die Tür und trat ein.
Es war immer noch sehr düster und stickig in dem Haus. Dem Geruch nach zu urteilen waren auch noch Leichen im Haus. Ich hatte ja schon eine gesehen, doch den Geruch habe ich vorher gar nicht wahr genommen.
Ich sah mir die Türen an. Es waren kaum welche da. Die erste Tür, die ich sah war im ersten Stock. Zu meinem Glück war diese auch aus Holz.
Ich schaute auf mein Handy und es war erst halb 6. Ich hatte noch 6 einhalb Stunden Zeit, bis ich anfangen musste. Ich bereitete schon mal alles vor und sah mich noch ein wenig im Haus um.
Es war eigentlich ziemlich groß.
Im Untergeschoss waren eine Küche, ein Esszimer, ein Wohnzimmer und ziemlich viele Abstellkammern. Auch ein kleines Badezimmer fand ich unten. Eine Wendeltreppe führte nach oben. Ein langer Gang führte in das Kinderzimmer, in welchem ich einige Tage früher aufgewacht bin. In diesem Zimmer war auch die Holztür. Was für mich vor ein paar Tagen wie ein Schrank aussah entpuppte sich als eine weitere Tür. Hinter dieser Tür war eine Treppe. Es war ziemlich dunkel, da der Strom in dem Haus nicht funktionierte. Der 2. Stock bestand aus einem einzigen Raum. Dieser war voll mit Stühlen, Tischen und sogar Bettchen.
Der Anblick schockierte mich total.
Wieso?
Überall, auf den Stühlen, in den Betten und sogar auf dem Fußboden waren Puppen. Damit meine ich natürlich keine Barbie Puppen. Ich meine diese alten, gruselig lächelnden Puppen, welche einem immer aus diesen riesigen Augen anstarren und verfolgten.
Ich ging sofort wieder runter und versuchte den Anblick dieser Kreaturen zu vergessen.

Als ich auf mein Handy sah, waren schon mehr als 5 Stunden vergangen. Ich hatte also keine Stunde mehr, bis 0.00 Uhr. Ich habe mich die ganze Zeit versucht wach zu halten und abzulenken. Ich lehnte mich an eine stabil aussehende Wand und schloss für eine kurze Zeit die Augen.
Ich hatte schon fast vergessen, wie ich überhaupt in diese Situation kam. Sams Tod war ja erst der Auslöser für dieses ganze Schlamassel.
Wäre er nicht gestorben oder wüssten wir den Grund für seinen Tod, dann hätte ich dieses Spiel auch nie gespielt.

Mein Leben wäre viel einfacher...

Um 0.00 Uhr fing ich dann wie beim ersten Mal an. Dieses Mal war ich aber entschlossener. Ich wollte nicht unbedingt gewinnen, aber ich wollte auch nicht sterben. Ich wollte es einfach nur hinter mich bringen.
Ich suchte in dem Raum etwas Spitzes, fand aber nichts. Da ich aber ein Tropfen Blut benötigte musste ich improvisieren. Ich nahm mir einen kleinen Spiegel, welchen ich bei meiner Suche nach einem verletzenden Gegenstand fand, und ließ ihn auf den Boden fallen. Er zersprang in viele kleine Scherben und ich hob eine auf.

Habe ich jetzt sieben Jahre Pech?

Ich schnitt mir in den Finger und das Blut verließ meinen Körper. Ich hielt meine Hand über das Blatt auf dem schon mein Name stand und fing dann mit dem Klopfen an. Ich wurde immer unsicherer und hatte den Drang wieder nach Hause zu rennen, doch ich musste durchhalten. Für Ben.
Für Sofia.
Für Mich...
Normaler Weise hätte ich nachdem ich die Tür wieder geschlossen hatte einfach loslaufen können.
Doch gerade, als ich die Kerze entzündete hörte ich Blitze und Donner über mir grollen und es fing an zu regnen.
Das gruseligere war aber das psychopathische Lachen, welches nicht gerade undeutlich zu hören war. Sofort begann ich zu zittern, schnappte mir die Kerze, Streichhölzer, SALZ und rannte ohne zu überlegen die Treppe hoch. Wenige Sekunden später befand ich mich im Puppenzimmer.
Die Angst kam zu mir zurück und ich hatte ein déjà-vu. Damals hatte ich mich auch erschrocken und bin weg gerannt. Ich war eine kurze Zeit lang in Bens Zimmer und dann kam er.

Was wenn er jetzt auch kommt? Von hier komm ich nur über die Treppe weg...

Ich sah mich im Raum um und suchte ein Versteck. Die Puppen verfolgten jede meiner Bewegungen und grinsten mich dabei an. Ich verspürte die Lust einfach wieder nach Hause zu rennen. Doch ich musste hier bleiben. Und irgendwie musste ich das Spiel überleben.

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Vielleicht habt ihr es schon bemerkt und wenn nicht dann hört ihr es jetzt von mir:

Das Ende naht... Es wird nicht mehr sehr viel geben, bis zum Ende aber ich habe mir etwas überlegt.
Es werden jetzt warscheinlich nicht mehr viele Kapitel kommen, bis zum Schluss aber ihr konnt mir gerne eure Wünsche schreiben. Egal, ob ihr Kapitel zu bestimmten Charakteren wollt oder euer Wunsch-Ende, ich bin für alles offen und freue mich auch eure Ideen! :)

Das MitternachtsspielWhere stories live. Discover now