Kapitel 2

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13.1.2022 – 13:00

Der erste Schultag nach den Winterferien. Zwei Wochen seit Tanjas Geburtstag. Zwei Wochen, in denen ich nicht aufhören konnte an Dario zu denken. Zwei Wochen, in denen ich immer wieder versucht war, ihm zu schreiben. Zwei Wochen, in denen ich die Idee wieder verworfen habe, weil er ein Kindheitsfreund von Tanja ist. Zwei Wochen in denen ich alle möglichen Szenarien durchgespielt habe. Zwei Wochen, in denen ich es geschafft habe, ihn fast zu vergessen. Zwei Wochen, in denen ich Frieden damit geschlossen habe, ihn nicht wieder zu sehen.

Und jetzt sitze ich hier und Tanja beginnt von Dario zu erzählen. Stirnrunzelnd und doch interessiert schaue ich zu ihr und höre aufmerksam zu. Sie erzählt aus ihrer Kindheit und vom Voltigieren. Fast unvorstellbar, aber Dario hat als Kind Voltige gemacht. Also turnen auf einem Pferd. Eishockey, was er bis Heute noch macht, kann ich mir gut vorstellen, aber Voltige... Irgendwie kann ich mir ihn dabei nicht wirklich vorstellen.

Doch Tanja ist vorbereitet und sucht bereits nach einem Video. «Hier, schau.» sie reicht mir ihr Handy. «Der kleine Junge da ist er.» Ich muss gut hinschauen, doch ich entdecke ihn und muss mir ein Lachen verkneifen. Er ist noch so jung auf dem Video, einfach nur süss.

Tanja grinst mich wissend an. Dabei weiss sie nicht, dass sie meine Situation gerade schlimmer gemacht hat. Eigentlich hätte ich ihn fast vergessen gehabt. Und jetzt fängt sie wider an von ihm zu sprechen und ich verfalle wieder in meinen schwärmenden Zustand.

Dabei will ich doch gar nichts Neues anfangen. Nicht nach Oskar. Auch wenn ich es war, die mich von ihn getrennt hat, hat er mein Selbstwert geschwächt. Er hat mir das Gefühl gegeben nicht gut genug zu sein. Und das etwas mit mir falsch ist. Ich weiss gar nicht, wie oft wir über meine Haare diskutiert haben. Oskar wollte nie, dass ich meine Haare schneide oder färbe. Was ich in der Zeit in der wir zusammen waren eigentlich auch gar nicht vorhatte. Aber ich habe meine Haare schon immer gerne gefärbt und die verschiedensten Frisuren ausprobiert. Schon nur weil er es mir verbieten wollte, wollte ich mir die Haare am liebsten kurz schneiden.

„Hei Fabiola, hörst du mir zu?" fragt Tanja und wedelt mit einer Hand vor meinem Gesicht umher. „Tut mir leid. Ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?" entschuldige ich mich. „Dario hat mir gerade geschrieben, dass er im Krankenhaus ist." mein Herz setzt einen Schlag aus. „Was ist passiert? Ist er verletzt?" frage ich nach. „Er hat sich die Schulter beim Skifahren ausgekugelt." erklärt Tanja. „Was hat er denn bitte gemacht, dass er sich gleich die Schulter ausgekugelt hat?" will ich wissen. „Anscheinend wollte er einen Trick ausprobieren. Und der ist dann in die Hosen gegangen." ungläubig schüttle ich den Kopf. Hoffentlich ist es nicht all zu schlimm. 

13.1.2022 – 16:40

Gerade stehe ich mit Nia am Bahnhof und bin wieder einmal in Gedanken versunken. Nia habe ich alles, was mit Dario zu tun hat, erzählt. Denn sie ist meine beste Freundin, die ich in der Berufsschule habe. Ihr kann ich alles erzählen und sie versteht mich immer und versucht mir zu helfen. Ich habe ihr erzählt, dass wir uns am Tanjas Geburtstag gut verstanden haben und auch das er mir nicht aus dem Kopf gehen will. Tanja habe ich das nicht erzählt und trotzdem hat sie den ganzen restlichen Tag nicht aufgehört von Dario zu reden und mir sogar versprochen Morgen ein lustiges Video von ihm aus ihrer Kindheit mitzubringen.

„Nia" jammere ich „ich weiss nicht, was ich tun soll. Keine Ahnung warum er mir nicht aus dem Kopf will und noch weniger verstehe ich, weshalb Tanja nicht aufhört von ihm zu sprechen. Sag mir, was kann ich tun?" verzweifelt schaue ich zu meiner Freundin. Nia muss schmunzeln „Wenn es dich so beschäftigt, schreib ihm doch einfach." unsicher schaue ich sie an. „An das habe ich auch schon gedacht. Ich war sogar an Silvester kurz davor ihm zu schreiben. Doch schlussendlich habe ich mich doch nicht getraut." nervös beisse ich auf meine Lippe. „Dann tu es einfach. Was hast du zu verlieren? So schnell wirst du ihn nicht wiedersehen. Wenn überhaupt, siehst du ihn an Tanjas nächstem Geburtstag wieder. Das ist eine lange Zeit."

„Du hast ja recht. Und ausserdem weiss ich dann, ob das Interesse beidseitig besteht oder nur meinerseits." murmle ich. „Genau. Und es ist doch besser, wenn du Gewissheit hast, als wenn du dir die ganze Zeit ,was wäre wenn' Gedanken machst." ich nicke leicht. „Das stimmt. Ich werde ihm Heute Abend schreiben und ihn frage, wie es ihm geht. Weil Tanja erzählt habe, er sei im Krankenhaus." plane ich laut. „Ja, damit hast du den perfekten Vorwand, um ihm zu schreiben." 

13.1.2022 – 20:00

Ach du heiliges Sandkorn, Dario hat mir geantwortet. Seit ich meine Nachricht vor einer Stunde abgeschickt habe, war ich durchgehend nervös. Und jetzt springt mein Herz fast aus meiner Brust. Mein Puls rast und ich traue mich nicht die Nachricht zu öffnen. Ich atme tief durch und versuche mein rasendes Herz zu beruhigen.

«Beruhige dich Fabiola.» murmle ich zu mir selbst. „Das schlimmste was passieren kann ist, dass er kein Interesse an dir hat. Dann hast du Gewissheit und kannst damit abschliessen." murmle ich wie ein Mantra vor mich hin.

Mit zittrigen Fingern öffne ich die Nachricht. Und atme erst einmal tief durch. Die Nachricht war positiv. Er bedankt sich, dass ich mich gemeldet habe und schreibt er finde es süss, dass ich mich bei ihm melde. Bei diesen Worten muss ich lächeln.

Wir schreiben noch etwas hin und her. Dabei finde ich heraus, dass er die nächsten 3 Wochen krankgeschrieben ist. Ausserdem diskutieren wir darüber, was man gegen Langeweile Zuhause tun kann.

Als er sich länger nicht mehr meldet, gehe ich davon aus, dass er eingeschlafen ist. Also lege ich mein Handy beiseite und gehe schlafen. 

War das alles nur ein Spiel für dich?Where stories live. Discover now