03 | 𝑨𝒖𝒈𝒆𝒏 𝒛𝒖 𝒖𝒏𝒅 𝒅𝒖𝒓𝒄𝒉

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Früh war ich heute durch einen Albtraum aus dem Schlaf gerissen worden.

Heute war mein Hochzeitstag und doch konnte man aus meinem blassen Gesicht keinesfalls Freude herauslesen.
Da ich nicht mehr einschlafen konnte und die Sonne sowieso bald aufgehen würde, hatte ich mich auf meinen Platz am Fenster gesetzt und einfach auf das Meer gestarrt.
Es fühlte sich an als hätte ich Stunden dort gesessen und einfach vor mir her geträumt, doch sicher waren es nur einige Minuten, vielleicht eine Stunde gewesen. Vielleicht bildete ich es mir ein, doch das Meer hatte heute Morgen mehr geglitzert als sonst. Vielleicht wollte es mir Kraft spenden, mir ein wenig Hoffnung zurückgeben, die ich längst aufgegeben hatte.

Wenig später traten viele Mägde in mein Gemach und machten sich, nach einer kleinen Begrüßung, freudig -war es nun echte oder gespielte Freude- daran mich einzukleiden.
Mein Brautkleid hatte ich mir nicht selbst ausgesucht. Ich hätte gern ein untypisches Kleid, vielleicht mit Blumenstickereien und himmelblauen Akzenten gehabt,  doch meine Mutter war mit dieser Idee gänzlich unzufrieden gewesen. Sie meinte solch ein Kleid wäre etwas für einen Sommerspaziergang durch unsere Gärten, doch nichts für eine Hochzeit mit einem hoch angesehenen Mann.

So stand ich einige Zeit später, es hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt, in einem Cremeweißen Kleid da. Es hatte ein eng geschnürtes Korsett an dem eine riesige, genauso cremeweiße, Schleife hing. Es ging mit vielen Rüschen in den weit ausgestellten Rock über. Kleine goldene akzente schmückten Das Korsett und den Saum des Rockes. Es war gänzlich- scheußlich!
Ich fühlte mich wie eine Puppe. Meine Haare waren aufwendig hochgesteckt und so aggressiv toupiert worden, dass ich mir sicher war diese Filzknoten nie wieder herausgekämmt zu bekommen.

Auch mein Gesicht war nicht verschont geblieben. Mein sonst schon so blasses Angesicht war mit einem weißen Puder so blass wie noch nie geschminkt worden und meine Wangen schmückten übertriebene rosa Kreise. Meine Lippen hatten denselben Rosaton und auch meine Augenbrauen waren komplett weiß überdeckt worden.

Als alle jungen Frauen mein Gemach verlassen hatten konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Die ganze Zeit, seit ich von der Hochzeit wusste, war ich stark gewesen und hatte mich in Allem meinen Eltern unterworfen. Ich war nicht mehr ich selbst. Ich war eine Gefangene.
Die Tränen flossen mir in Strömen über die gepuderten Wangen. Ich schluchzte und atmete unkontrolliert. Meine Beine gaben langsam nach und so fiel ich in dem großen Reifrock auf meine Knie.
Ich wusste ich ruinierte gerade mein mühsam erreichtes Aussehen, aber das war mir egal. Zum ersten Mal weinte und schrie ich den ganzen Schmerz heraus. So lang bis es mir besser ging und ich mit wackeligen Knien wieder aufstehen konnte.

Ich musste jetzt los. Schnell setzte ich wieder die freundliche Maske auf und puderte die Tränenpuren auf meinem Gesicht ab.
Man sah sie noch immer, doch auch wenn sie nicht dagewesen wären, jemand der mich wahrlich angesehen hätte, hätte sehen können, wie dreckig es mir wirklich ging.
So verließ ich mein Gemach. Nach dem Motto: Augen zu und durch! Genauso wie eine Hochzeit nicht sein sollte.

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𝑪𝑯𝑨𝑰𝑵𝑺 - 𝑷𝒊𝒓𝒂𝒕𝒆𝒔 𝒐𝒇 𝒕𝒉𝒆 𝒄𝒂𝒓𝒊𝒃𝒃𝒆𝒂𝒏Onde histórias criam vida. Descubra agora