➳40. єαѕу ση мє

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Nachdem ich meiner Mutter die ganze Geschichte erzählt hatte, hatte sie lange geschwiegen.

Wie lange genau, kann ich im Nachhinein nicht mehr sagen.

Ich weiß nur, dass es eine Weile gewesen sein musste, denn draußen war es in der Zwischenzeit heller geworden.

Sie hatte jedenfalls nicht lange gefackelt - sie hatte am nächsten Tag ihre Koffer gepackt und zwei Flüge zurück nach London gebucht, ohne Geoff auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen.

Sie wusste, dass ich ihr die Wahrheit sagte. Weshalb hätte ich auch lügen sollen?

Ich hatte überhaupt keinen Grund dazu. Ich hatte es lange aufgegeben, zu versuchen, ihre Ehe zu Geoff kaputt zu machen.

Sein Verhalten mir gegenüber hatte allerdings ganz allein dafür gesorgt, dass sie ihre Beziehung zu ihm hinterfragte - und ob sie mir nicht vielleicht früher hätte zuhören sollen.

Als wir zu zweit am Flughafen standen, sah sie mich an und sagte nur einen Satz: „Alles wird gut, Niall, ich verspreche es."

Ich war viel zu müde, um zu registrieren, was eigentlich passierte. Die Ereignisse des gestrigen Abends brauchten all die Kapazität, die meinem erschöpften Geist überhaupt noch zur Verfügung stand.

Im Grunde genommen hätte ich längst aufhören müssen, mir über Liam Gedanken zu machen. Ich hätte ihn einfach aus meinem Leben streichen müssen - doch wie hätte das Funktionieren sollen, wenn wir in einem Haus miteinander wohnen mussten?

Wie sollte es jetzt weitergehen?
War es meine Schuld, dass die Ehe meiner Mutter kurz vor dem Aus stand?

Hätte ich irgendetwas davon verhindern können? Gab es irgendetwas, das ich hätte tun können?

Ich konnte sehen, dass es ihr mindestens genauso schlecht ging wie mir - und ich konnte sehen, dass sie mit allen Mitteln versuchte, ihren Schmerz vor mir zu verbergen.

Und ich wusste, dass sie an meinen Vater dachte und ihn innerlich fragte, warum er so früh hatte gehen müssen.

Ich wusste, wenn er noch hier wäre, wäre so viel anders gelaufen.

*

Seufzend griff ich zurück in London nach dem Koffer meiner Mutter und meinem eigenen, ehe ich beide durch die Gänge hin zum Ausgang hinter mir her zog.

Meine Mutter drückte einen weiteren Anruf von Geoff weg und dachte wohl, ich merkte nicht, wie es ihr wirklich ging.

Mein schlechtes Gewissen plagte mich beinahe pausenlos, als ich neben ihr herging und fieberhaft nach den passenden Worten suchte.

Ich konnte sehen, wie durcheinander sie war, und trotz allem hatte sie kein Sekunde lang gezögert, mich aus de Schusslinie zu nehmen und mit mir zurück nach London zu fliegen.

Ich war der Grund, warum ihre Ehe in einer ausgewachsenen Krise steckte und warum ihr erster Urlaub seit Jahren in einer Katastrophe geendet hatte.

„Alles okay?", fragte ich schließlich bloß, als wir uns in einem Leihwagen niederließen und sie die Sitzheizung voll aufdrehte, ihr Handy weglegte und aus dem Parkplatz fuhr.

Einen Moment lang schien sie überrascht zu sein, dann allerdings zuckte sie nur beide Schultern. „Ich weiß nicht, was du hören willst, Niall."

Ich seufzte und sah aus dem Fenster in das abendliche London. Draußen schien alles seinen gewohnten Lauf zu gehen, während in meinem eigenen Leben plötzlich nichts mehr zu sein schien, wie es vorher war.

Immer wieder erwischte ich mich selbst dabei, wie ich auf mein Telefon starrte und darauf wartete, dass eine Nachricht von Liam eintreffen und alles als Missverständnis enttarnen würde.

Suddenly Brothers ➳ Niam AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt