Kapitel 11 - Die Kopie einer Imitation

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I


„Sie hatten offenbar keine Ahnung, dass Luka und ich da sein würden." Ash klang gefasst, bestenfalls etwas erschöpft, aber definitiv nicht wie jemand, der gerade ein halbes Haus in die Luft gejagt hatte. „Sonst wären vermutlich mehr aufgetaucht."

Sydney stieg zaghaft über den Rest ihrer Schwelle ins Freie, wo der Rauch weniger intensiv war. Wie sehr ihre Beine zitterten, fiel ihr erst auf, als sie beinahe über einen Holzscheit gestolpert wäre und viel zu viel Mühe dabei hatte, sich zu fangen, aber sie kämpfte sich weiter.

Sie blieb schließlich hinter Ash stehen und wickelte schaudernd die Arme um sich, obwohl es heiß war.

What the fuck?", war ihr erster und vorerst einziger Kommentar. „Was zum Teufel war das?"

„Ein Anschlag." Ash erhob sich ächzend auf die Füße, klopfte den Staub von ihren Schultern und wandte sich Sydney mit traurigem Blick zu. „Es tut mir leid, Sydney. Es tut mir wirklich leid."

„Unser Haus ..."

„Ich weiß. Sorry." Ash wand sich unbehaglich. „Ich musste schnell handeln und die Dinger sterben ja nicht, wenn man sie nicht komplett pulversisiert."

„Aber wie ... was ..."

Ash war nicht nur mit Asche und Staub eingedeckt, sondern auch von Kopf bis Fuß blutbesudelt. Ihre Augen waren nicht mehr so extrem blutunterlaufen wie vorhin, aber immer noch sehr rot und fiebrig, jetzt auch noch mit sichtbaren Ringen darunter. Sonst wirkte sie unverletzt. Auch ihre Kleidung war, abgesehen vom Dreck, fast unbeschädigt geblieben.

„Gut, dass ich mich heute so nuttig angezogen habe", versuchte Ash sich kläglich daran, die Situation aufzulockern und schüttelte Asche aus ihren Haaren. „Das heißt, es gibt weniger Stoff, den die Viecher kaputtmachen konnten. Keine Sorge, das Blut ist zum Großteil nicht meines."

„Wie hast du das ...?"

Ash blickte weg. „Ich hätte dir vielleicht mehr erzählen sollen", räumte sie ein. „Aber ich dachte nicht, dass so etwas passieren würde. Ich dachte, ich könnte eine Woche lang einfach mal ganz normal sein."

„Normal", wiederholte Sydney kraftlos und ließ den Blick über die zerstörte Hauswand, das Mädchen und die glosenden Überreste um sie herumschweifen. „Ihr seid also gar nicht Geschwister, sondern zwei ... ich weiß nicht, Superagenten?"

„Nein, wir ..."

„Wie heißt ihr wirklich? Wie alt bist du wirklich? Fünfundzwanzig? Fünfhundert?"

„Sechzehn." Ash quetschte irgendwie ein Lächeln hervor. „Ich hab' dich nicht angelogen, Sydney. Ich bin so nah an der Wahrheit geblieben wie möglich. Ich hab nur ... vielleicht ein paar Details weggelassen."

„Das ist doch dasselbe."

„Nicht ganz, ich ..." Ash ließ die Schultern hängen. „Nein, warte. Eine Sache war definitiv gelogen."

Sydney sagte nichts. Dafür war der Klumpen in ihrer Kehle zu dick.

„Das Mädchen, das du damals vor zehn Jahren gesehen hast", sagte Ash ernst, „das war ich. Nicht meine Schwester. Ich kann mich auch noch genau erinnern. Wie du auf mich zugekommen bist und dann alles in die Luft geflogen ist. Die Druckwelle hat dich mir entgegen geworfen und du bist auf mir gelandet. Ich träume heute noch manchmal davon."

Sydney nickte und spürte ein paar Tränen ihre Wangen hinabrollen. „Also doch."

„Ich weiß, du glaubst mir jetzt nicht, mit der ganzen Sache gerade eben und weil ich damals genau so ausgesehen habe wie jetzt. Aber ich spiele dir nichts vor. Ich war damals sechs Jahre alt, trotz meines Aussehens." Sie machte einen Schritt vor, aber hielt inne, als Sydney einen zurückwich. „Ich bin ein Klon, Sydney."

Sydney, Ash & MonsterWhere stories live. Discover now