22~Karte

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Das Erste, was in mein Blickfeld trat, war eine Karte mit der Aufschrift 'Frohe Weihnachten Hazza <3'. Ein Lächeln machte sich augenblicklich in meinem Gesicht breit. Womit hatte ich das alles nur verdient? Ich legte die Karte auf die Seite. Umhüllt von kleinen, aus Papier gefalteten Blumen, befand sich eine andere Karte. Verwirrt holte ich die Karte aus dem Karton heraus.
'VIP Ticket' war in Schreibschrift darauf geschrieben. Ohne groß nachzudenken, griff ich sofort nach meinem Handy und rief Louis an.

„Lou! Das ist so süß." sprach ich und freute mich wie ein kleines Kind über eine Tafel Schokolade.

„Hast du etwa schon das Geschenk ausgepackt?" fragte er verwirrt.

„Ja, ich konnte nicht mehr warten" kicherte ich. Plötzlich verflog meine ganze Freude mit einem Schlag. Fuck. Ich konnte doch auf keines seiner Konzerte gehen...

„Dann sehen wir uns ja bald." sagte er. Ich konnte das Lächeln in seinem Gesicht förmlich hören.

„Ja..." Ich machte eine kurze Pause. „Nein, wahrscheinlich nicht. Da ist etwas dazwischen gekommen mit dem Blumenladen und... Emily." fiel sie mir ein.
„Emily braucht mich. Vor allem jetzt wegen dem Kind. Antoine muss zu vielen Spielen und sie muss alles alleine organisieren." versuchte ich, mich raus zu reden. Louis sagte aber nichts.
„Natürlich werde ich trotzdem versuchen, so oft es geht zu kommen."

„Okay. Das verstehe ich natürlich." sagte er verständnisvoll. Mir fiel ein Stein vom Herzen.

„Vielen Dank. Und vor allem, danke nochmal für die Tickets." sprach ich leise. Im Hintergrund hörte ich bei Louis viele laute Stimmen, weshalb ich ihn kaum verstand. Er war wahrscheinlich im Moment sehr beschäftigt.
„Also, Lou. Danke nochmal. Ich wollte dich nicht stören. Viel Spaß auf deiner Tour..." sagte ich und pausierte erneut.
„Und pass auf dich auf." Unerwartet lief mir eine Träne die Wange hinunter, trotzdem musste ich lächeln.

„Du störst nicht Har- ... Es war schön, deine Stimme mal wieder zu hören." antwortete er, wobei er meinen Namen nicht ganz aussprach. Vermutlich waren zu viele Menschen um ihn herum, die es hören könnten und so herausfinden würden, dass Louis etwas mit einem Mann hatte. Oder zumindest etwas ahnen könnten. Wir sprachen noch etwas, bevor er sich wieder seiner Arbeit widmen musste und wir das Telefonat beendeten.
Ich legte mein Handy auf die Seite und betrachtete noch einmal das Geschenk. Dann legte ich das Paket mit den Blumen auf dem Tisch ab, um etwas Ordnung in das Zimmer zu bringen. Die Karten verstaute ich in der Schublade meines Nachttisches. Ich wusste, dass ich Louis nun für einige Monate nicht mehr sehen würde, was die Zeit im Krankenhaus dafür umso schwerer machte. Doch ich wusste auch, dass Louis es liebte, auf Tour zu gehen und die Zeit mit seinen Fans zu verbringen. Da konnte ich doch nicht mit Krebs um die Ecke kommen und Louis die Zeit verderben.

Die nächsten Tage verliefen genauso wie die letzten zwei. Emily besuchte mich jeden Tag und brachte mir frisches Essen vorbei. Sie war eine Königin, was kochen anging. Die Chemotherapien hatte ich so halbwegs gut vertragen und von Louis hatte ich die Tage auch nichts gehört. Seine Tour begann vor kurzem, da war das auch kein Wunder, dass er keine Zeit hatte.
Die Chemo von heute hatte ich zum Glück auch schon hinter mir und meine Energie und Kraft nahm immer mehr ab. Ohne Emily würde ich das Ganze vermutlich nicht überstehen. Selbst an heilig Abend war sie mit Antoine bei mir im Krankenhaus und hat mit mir den Tag verbracht. So kam wenigstens ein kleines Bisschen Normalität in mein, momentan, so chaotisches Leben.
Es war schon spät Abend und eigentlich sollte ich längst schlafen, doch es war unmöglich, auch nur ein Auge zu schließen. Das Aufhellen meines Handysdisplays erleuchtete den ganzen Raum. Louis rief an. Ich hatte seine Stimme schon seit Tagen nicht gehört. Nach kurzem Zögern nahm ich dann endlich ab.

„Harry! Endlich kann ich dich anrufen. Tut mir leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Die letzten Tage waren wirklich stressig." sprach er sofort, ohne mich zu Wort kommen zu lassen.

„Ist doch alles gut, Lou. In welchem Land bist du gerade?" fragte ich.

„In Italien. Besser gesagt in Rom. Es ist so schön hier. Wir müssen unbedingt mal hier hin." sagte er begeistert.
„Ist es bei dir nicht schon mitten in der Nacht? Warum bist du noch wach?"

„Ich kann nicht schlafen." flüsterte ich.

„Ist alles okay, Harry?" fragte er, wobei ich den Fall seiner Stimmung deutlich heraushören konnte.

„Lou... Ich kann das alles nicht mehr. Es tut mir so leid." schluchzte ich und konnte den Fluss meiner Tränen nicht aufhalten.

„Was meinst du damit?" Seine Stimme wurde immer ernster und ich merkte, wie auch er nun mit seinen Tränen zu kämpfen hatte. Ich atmete einmal tief durch und würde am liebsten gar nicht mehr weiter sprechen.

„Das mit uns, Louis..." ich pausierte, denn meine Stimme war wie verschlagen.
„Das mit uns... ich kann das nicht mehr. Es tut mir so leid. Es ist nicht deine Schuld und es liegt auch nicht an dir. Es liegt einzig und allein an mir. Es tut mir leid..." Nach jedem Wort verstummte meine Stimme ein Stück mehr.
Louis sagte in den ersten Sekunden nichts. Ein leises Schluchzten hörte ich allerdings heraus, was mir noch mehr das Herz zerbrach. Fuck. Was tat ich hier nur.

„Aber Harry..." schluchzte Louis, sodass er Schwierigkeiten hatte, überhaupt deutlich zu sprechen.
„Das macht doch alles keinen Sinn. Vor ein paar Tagen war doch noch alles super. Warte... Hast du einen anderen kennengelernt?" Der Gedanke, dass ich jemals wieder einen anderen Menschen küssen würde, der nicht Louis war, fühlte sich so falsch an.

„Nein, Louis. Daran liegt es nicht. Ich weiß auch nicht... ich glaube, ich brauche einfach nur ein wenig Zeit für mich." brachte ich von meinen Lippen, obwohl ich meinen Worten selbst nicht glauben konnte.

„Was ist vorgefallen, dass du plötzlich so denkst?" fragte er verwirrt.

„Ich..." sagte ich und machte erneut eine Pause, denn sonst hätte ich kein verstehbares Wort herausbringen können. Ich überlegte kurz, ihm die ganze Wahrheit zu sagen. Dass ich Krebs hatte. Dass ich ihn liebte und dass ich das alles nur tat, um ihm seine Tour nicht zu verderben, obwohl ich dies vermutlich eben schon tat.
„Es tut mir leid, Lou." sagte ich und legte auf. Ich konnte seine Stimme nicht mehr hören. Mein Herz zerbrach in tausend Stücke. Wuterfüllt und mit einem Hass auf mich selbst, schmiss ich mein Handy in die andere Ecke des Zimmers und vergrub mich unter meiner Decke. Was hatte ich hier nur getan. Jetzt hatte ich Louis wohl endgültig verloren.

𝚂𝚞𝚗𝚏𝚕𝚘𝚠𝚎𝚛 ~ Larry Stylinson Where stories live. Discover now