"Gib mir deinen Rucksack", meinte Seokjin dann, während Namjoon ein wenig unbeholfen mit seinen Krücken in Richtung des Wohnzimmers torkelte. "Ich helfe dir! Bleib stehen!", kicherte der ältere Mann, weshalb sein Mann ebenfalls lächeln musste. Er fühlte sich direkt wohler, obwohl er noch nicht einmal zwei Minuten in diesem Apartment stand. Seokjin war einfach sein Fels in der Brandung.
Nachdem Seokjin erfolgreich den großen Reiserucksack von Namjoons Schultern gezogen hatte, brachte er ihn in das Wohnzimmer, damit er sich endlich setzen konnte. Fast täglich hatten die beiden geschrieben und telefoniert, sodass Seokjin auf dem genauesten Stand von Namjoons Fortschritten war. Deshalb wusste er, dass sein Mann regelmäßig Pausen in Form von Sitzen und Liegen einlegen musste- vor allem nach einem zehnstünditen Flug mit einer Einschränkung und einem Hund.
"Was hast du denn da in der Hand?", fragte Seokjin, während er Namjoon eine Wolldecke reichte und die Krücken ein wenig zur Seite stellte. "Das? Das ist für dich", hauchte er leise, während er einen zerknitterten Umschlag mit Seokjins Namen nach vorne ausstreckte. "Dir hat mein letzter Abschiedsbrief doch nicht gefallen."
Geschockt riss Seokjin die Augen auf. "Du- Du-" Ihm blieben die Worte im Hals stecken und ein fürchterlicher Kloß bildete sich, ehe er einfach in sich zusammensackte und zu weinen begann. "Jin? Ist alles gut?" Kopfschüttelnd verneinte der angesprochene Mann, ehe er hektisch nach dem Brief griff. "Wieso?! Willst du dich endgültig umbringen?! Wieso schreibst du einen weiteren Abschiedsbrief?!" Seokjin verstand die Welt nicht mehr, die so schien, als sei sie kurz stehengeblieben.
"Nein, das nicht", begann Namjoon dann. Nur zu gerne würde er aufstehen und Seokjin in seine Arme nehmen, ihn trösten, aber seine Beine konnten nicht mehr und er dementsprechend nicht mehr laufen, sodass er nur zuschauen konnte. "Da steht drin, warum ich mich umbringen wollte. Du bekommst deine Erklärung-" Zum Ende des Satzes brach Namjoons Stimme komplett ab und auch ihm entfloh ein kleiner Schluchzer, den er vor Seokjin verstecken wollte. Denn dieser schaute ihn überrascht mit großen Augen an.
"Ich dachte, du wolltest es niemandem erzählen?"
"Deshalb habe ich es ja auch aufgeschrieben." Der zaghafte Versuch ein Lächeln zustande zu bringen fiel sofort wieder, als Seokjin den Umschlag aufriss. Denn er begann tief durchzuatmen, bevor er den knittrigen Zettel auseinanderfaltete und auf die schmierigen Buchstaben auf ihm schaute.
"Seokjin", begann Seokjin dann laut vorzulesen, "ich weiß echt nicht, wie ich di-diesen Brief anfang-anfangen soll." Seine Stimme war ein brüchiges Hauchen, welches durch mehrfaches Versagen der Stimme unterstrichen wurde. "Desh-Deshalb schreibe ich einfach die Gründe auf, warum ich sterben wollte. Grund Eins: Meine Homosexualität. I-Ich hat-hatte so große Angst, da-dass die Leute mehr schauen, als sie es eh- eh schon getan haben. Sie kritisieren noch immer Menschen, die in ih-ihren Augen anders sind und ich wol-wollte nicht no-hoch mehr im Mittelpunkt stehen, als eh schon." Erneut musste Seokjin eine Pause einlegen, um seine Fassung zu bewahren.
"A-Aber du ha-hast mich besseres gelehrt." Dieser Satz stand in einer anderen Farbe darunter, so, als wenn er die positiven Aspekte von den Negativen trennen wollte. "Der zweite Grund waren meine Eltern, a-aber die Story kennst du ja schon. Und drit-drittens kam dann da-das Body-Shaming dazu." Überrascht schaute Seokjin auf. Ihm war nie aufgefallen, dass Namjoon seinen Körper nicht mochte. Er war vor dem Vorfall stark aussehend und durchtrainiert gewesen, hatte eine schöne dunklere Hautfarbe und ein wunderschönes Erscheinungsbild. Und das war wahrscheinlich sein Problem. Deshalb konzentrierte sich Seokjin erneut auf den Brief in seinen Händen.
"Du hast es nie mitbekommen, keiner hat das, und das ist auch gut so. I-Ich habe mir na-nach dem Essen den-den Finger in den Hals gesteckt und alles erbrochen, da-damit ich kein Fett bekomme. Vo-Vor allem nach deinem Essen, weil es so-so lecker ist und ich so viel davon essen kann. Dann-Dann habe ich Wasser getrunken, um das Hun-Hungergefühl zu verdrängen. I-Ich habe mi-mich abgemagert, weil ich mich du-durch die Muskeln dick gefühlt habe. A-Aber nur die Muskeln haben mich in meinen Augen gesund wirken lassen, al-also ha-be ich zu viel Sport gemacht. Des-Deshalb bin ich imm-immer später vom Training gekommen." Die schwarze Tinte wechselte erneut zu der in hellgrün, weshalb Seokjins Mundwinkel kurz hochzuckte. "Trotzdem hast du mich immer mit diesem Funkeln in den Augen angesehen, als wenn- als wenn ich die schönste Person auf Erden wäre, obwohl du das ja schon bist."
Gerührt schaute Seokjin auf, weshalb Namjoon lächeln musste. "Lies weiter", forderte er, weshalb Seokjin schniefend nickte. "U-Und du ha-hast recht. I-Ich bin wunderschön und- und wenn du mich so liebst, dann- dann kann ich das auch. Des-Deshalb ziehe ich zu dir na-nach Australien, damit ich je-jeden Tag deine wun-wundervoll heilbaren Worte hö-hören kann."
Mit Tränen auf beiden Wangen schaute Seokjin auf. Namjoon meinte es anscheinend ernst, denn er nickte einfach still lächelnd, während Monie vor ihm auf dem Sofa saß und die gesamte Zeit über mit seinem Schwanz wedelte. "If you want to", begann Namjoon dann fast akzentfrei, "I'll move into this apartment." Sofort stürmte Seokjin auf den Mann auf dem Sofa zu, ehe er diesen in seine Arme riss. "Yes! I love you! Please stay forever Joon!" "Of course, I've married you for a reason!" Stürmisch drückte der geborene Australier dem Mann auf dem Sofa einen Kuss auf die Lippen, weshalb dieser laut lachen musste. Aus diesem Grund liebte er den Mann so unheimlich sehr, sodass er einfach mal den Kontinent wechselte.
"Seit wann sprichst du denn eigentlich wieder Englisch?", fragte Seokjin nach, als er sich ein wenig beruhigt hatte. "Seit kurzem. Es ist alles wieder zurück. Ich kann mich an alles erinnern. An den Abend und an alles, was ich erlebt und gefühlt habe. Würde ich jetzt immer noch so empfinden, würde ich mich wahrscheinlich erneut umbringen wollen. Aber zum Glück hat sich das alles durch deine Hilfe geändert. Danke Seokjin." "Du bist zu süß!", schmollte der Mann dann, ehe er zu lachen begann. "Du bist verrückt. So einen Mann wie dich als Ehemann zu haben ist das größte Geschenk der Welt. Ich liebe dich mehr, als du es dir jemals vorstellen kannst." "Ich weiß", lächelte Namjoon zurück, während er Seokjin fest an seine Brust zog, ehe er ihm einen Kuss auf den Haarschopf gab. "Und jetzt bleib bei mir, ich habe einen ziemlichen Jetlag."
Seokjin musste kichern, während er sein Bein über Namjoons Hüfte schwang. "Es ist nur eine Stunde Zeitunterschied zwischen Korea und Australien." "Sei still du Klugscheißer! Ich will schlafen!", lachte Namjoon, während er seine Augen fest schloss. "Natürlich, nachher kannst du dann nicht mehr schlafen und ich muss mit dir wach bleiben." "Du willst es doch auch." Anzüglich zog Namjoon seine Augenbrauen hoch, weshalb Seokjin grinsend seinen Kopf schüttelte. "Unmöglich. Du bist unmöglich." "Ich liebe dich auch Seokjin."
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Transgender ^JiKook^
FanfictionPark Jimin ist 17, als er die Schule wechselt. Dazu hatte er sich nach langen Gesprächen mit seinen Eltern entschieden. Nun würde er auf eine Privatschule gehen, auf der auch sein Cousin war. Nach scheiternden Versuchen, sich dort anzupassen und Fre...
