Teil 6

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Es vergingen einige Tage und ich ging mit Ethan auf ein weiteres Date, außerhalb seines Hauses, wo er bis auf heftiges Knutschen brav seine Finger von mir ließ. Jenny quittierte diese Aussage mit einem halbwegs zufrieden Seufzen und Lou war gar nicht erst da, um die Augen zu rollen.

Um Jenny gnädig zu stimmen, erzählte ich ihr von Ethans Hausparty, die am Wochenende stattfand und gut gelaunt klatschte sie sich in die Hände.

„Wer ist alles eingeladen?", fragte sie aufgeregt und ich sah, wie sie sich direkt auf ihren Lieblings-Onlineshopping-Seiten begab. Vermutlich bestellte sie sich das neue Prada-Kleid, da sie nun ein vernünftigen Grund hatte, es zu kaufen und ihre Eltern zu überzeugen. Anders als meine, achteten Lous und Jennys Eltern auf das Konsumverhalten ihrer Kinder, auch wenn es meistens nur halbherzig war und die Zwillinge sowieso meistens das bekamen, was sie wollten.

Auf ihre Frage hin zuckte ich bloß mit den Schultern. „Keine Ahnung. Er hat dich und Lou eingeladen."

„Natürlich hat er das! Ich werde Lou zwingen mitzukommen! Die Leute werden bestimmt bald fragen, wo sie ständig ab bleibt", seufzte Jenny, besorgt um unseren Ruf.

Ich lachte. „Viel Glück dabei." Lou zu etwas zu zwingen ging meistens schief. Vorallem, wenn Jenny es tat.

Sie zwinkerte. „Glaub mir, nach fast 18 Jahren habe ich so meine Methoden entwickelt."

Ich lachte und schaute gedankenverloren um mich herum, während Jenny mir hier und da ein paar Kleider zeigte, ohne wirklich meine Meinung hören zu wollen. Ich war sehr müde, da ich die letzte Nacht schlecht geschlafen hatte - ich war in letzter Zeit sehr ruhelos. Als es klingelte, begaben Jenny und ich uns auf den Weg zum gemeinsamen Unterricht. Sie erzählte mir ganz nebenbei von einem Typen mit dem sie schrieb, aber auch schon genau wusste, dass er zu hässlich für sie war und sie ihn deshalb wohl abservieren müsse, als mein Blick auf eine kleine Gruppe auf dem Schulhof fiel, die ich durch die dreckige Glastür entdeckte. Es schien, als würden ein paar Jungs aus der Oberstufe, die ich jedoch nicht kannte, zwei Jüngere in die Ecke drängen und schubsen. Normalerweise wäre es mir scheißegal gewesen, was mit denen geschah, doch beim näheren Hinsehen entdeckte ich wieder mal Kiara. Ich atmete tief aus und zwang mich weiterzugehen, da Jenny auch schon ein paar Schritte vorausgegangen war, doch schließlich blieb ich doch stehen.

Bevor ich Kiara kannte, war mein Leben weniger mit Auseinandersetzung belastet. So langsam bereute ich meine Nachhilfe.

Verwirrt hielt Jenny inne. „Was los?"

Ich deutete auf den Ausgang. „Da ist meine Nachhilfeschülerin. Ich glaube, sie wird gleich verprügelt."

Jenny schien das Problem nicht zu verstehen. „Und? Dann hast du wenigstens eine Zeit lang Ruhe."

Ich nahm ihr die Frage nicht übel, schließlich wäre es mir bei jedem anderen Schüler auch egal gewesen. Ich wunderte mich, warum bei ihr nicht. „Ich komme gleich wieder", sagte ich leise und setzte mich auch schon in Bewegung. Als ich näher kam, sah ich, dass neben ihr ein Junge in ihrem Alter stand und vor Angst zitterte. Seine dunkle Haut war an den Knien ganz aufgeplatzt als wäre er bereits einmal auf den Boden geschubst worden. Die drei älteren Jungs lachten provokant und kamen den beiden immer näher.

Ich stieß die schwere Eingangstür auf und hörte Kiara schreien: „Ich habe gesagt, lasst ihn in Ruhe! Er hat euch nichts getan!"

„Echt süß, dass du versuchst deinen kleinen schwarzen Freund zu beschützen. Hätte es damals mal mehr von kleinen Schlampen wie sie gegeben", sagte einer der Typen zu seinem Freund. „Dann hätte dein Opa kein Sklave sein müssen, Kleiner." Er spuckte die Wörter wortwörtlich vor die Füße des verängstigten Jungens.

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