Die Schatten der Vergangenheit

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Watson zuckte zusammen. Sie rief ihn bei seinem Namen. Bei seinem echten Vornamen. Vaspel schaute überrascht zu ihm herüber, setzte sich aber in sein Auto und fuhr davon. „Lass dich gerne wieder öfter blicken, Florian!", rief seine Mutter ihm hinterher. Er rief nur ein: „Mach ich!" zurück, stieg in sein Auto und fuhr durch den Regen zum Polizeipräsidium, wo Vaspel in ihrem Büro auf ihn wartete. Die beiden teilten sich ein Büro, Watson war Vaspel eigentlich immer fest zugeteilt, weshalb sie darauf bestanden, auch zusammen in einem Raum arbeiten zu dürfen. Vaspel schaute ihm in die Augen und fragte: „Wollen Sie darüber reden? Warum habe ich nie Ihren Vornamen erfahren?". Watson seufzte, setzte sich auf seinen Stuhl und begann zu erzählen: „Wissen Sie, alles hat in der Schulzeit begonnen. Ich war ein unsicheres, sehr sensibles und emotionales Kind, was mich zu einem idealen Ziel für Sticheleien und Schlimmeres gemacht hat. Irgendwas dagegen getan habe ich auch nicht, ich hatte doch absolut keine Ahnung wie, geschweige denn wollte ich da irgendwen mit reinziehen. Ich hatte keine Lust irgendwen mit meinen Problemen zu belästigen und habe irgendwann daran geglaubt, dass alles so wie es war gerechtfertigt war, dass ich an mir arbeiten muss, nicht andere an sich. Ich habe geglaubt, dass die Meinung von 20 anderen richtig sein muss, während mir von meinen Eltern immer was anderes eingeredet wurde. Ich war schwach, naiv und einfältig. Das zog sich bis zum Abitur und schließlich auch bis zur Ausbildung hin. Ich habe mich überall eingebracht und alle Prüfungen mit Bravour bestanden, aber menschlich habe ich mich kaum verändert. Ich wollte immer allen Zeigen, dass ich etwas kann, mir selbst beweisen, dass ich einen Wert für die Gesellschaft habe.".

Watson unterbrach seinen Monolog kurz, um sich zu räuspern. Anschließend fuhr er fort:

„Nach der Ausbildung wurde ich dann nahe meiner Heimatstadt in die Drogenfahndung versetzt. Eigentlich eine Domäne, in der nur erfahrene Beamte eingesetzt werden, ich war ja noch Beamter auf Widerruf. Sie können sich sicher vorstellen, wie es ist, sich dauernd beweisen zu müssen, dauernd Menschen davon zu überzeugen, dass Sie gut in Ihrem Job sind. Naja, auf jeden Fall war ich immer der „Schülerpraktikant", der „Chorknabe" oder sonstiges, was mir auf Dauer mächtig zugesetzt hat. Zeitgleich habe ich mich von meiner Familie entfremdet, die mir immer sagen wollten, was das Beste für mich ist. Ich war quasi alleine in der Welt und wollte mir nicht die Blöße geben, jemanden um Hilfe zu bitten. Nach etlichen schlaflosen Nächten habe ich mich dann dazu entschlossen, dass ich mich drastisch verändern muss und habe einen Antrag auf Versetzung gestellt, der mir auch bewilligt wurde, wie Sie wissen sollten. Ich kam hier in die Mordkommission, ein kleiner Traum von mir. Ich hatte mit meinem alten Ich abgeschlossen und mir ein neues Ich aufgebaut, ich war nicht mehr Florian, ich war Watson. So blöd dieser Name auch klingt, und das ist meine ehrliche Meinung, aber es hat mir die Chance gegeben, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Mit meinem Vornamen verbinde ich immer noch mein altes, schwaches Ich. Ich wollte damit einfach abschließen und es verdrängen. Dann ist meine Schwester hier in die Stadt gezogen, ich habe sie eines Tages beim Einkaufen getroffen und ich habe ihr meine Telefonnummer gegeben. Am Abend vor ihrem Tod hatten wir telefoniert, aber das wissen Sie ja... haben Sie noch irgendwelche Fragen?"

Vaspel schaute Watson leicht perplex an, er hatte sich etwas in diese Richtung gedacht, war aber doch überrascht darüber, wie offen Watson damit umging. „Eine Frage hätte ich.", sagte er. „Warum setzen Sie nicht einfach einen Schlussstrich und fangen von Vorne an?". Watson zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht...", antwortete er. „Es ist mir immer sehr schwer gefallen, aber nach dem Besuch bei meiner Mutter ist mir so einiges klar geworden... ich muss nicht meine ganze Identität verändern... und danke, dass ich mit Ihnen drüber reden konnte... Sie sind der Erste, dem ich irgendwas darüber erzählt habe." Vaspel schaut ihn an und sagte nur: „Entschuldigung, wenn ich Sie damit überfalle, aber sollen wir uns nicht einfach duzen, wenn wir schon den ganzen Tag aufeinanderhocken?" „Klar.", war Watsons nüchterne Antwort darauf. „Sie können mich übrigens gerne Flo nennen, falls Sie... falls du willst.", schob Watson hinterher. Vaspel lächelte und antwortete leicht lachend: „Ich überlegs mir."


So ihr Süßen, danke fürs Lesen <3. Sorry, wenn es etwas zu monoton ist, ich verspreche euch, die nächsten Kapitel werden etwas spannender... vielleicht xd. Wie gesagt, schreibt mir liebend gerne Rückmeldungen und viel Spaß beim Warten auf die Fortsetzung :D

Sherlock VaspelWhere stories live. Discover now