Tiefe Trauer

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„Sie wurde heute Morgen am Fluss gefunden... gottverdammt nochmal, sie ist tot, sie ist tot verdammt!", mehr brachte Watson nicht heraus, als er seiner Mutter in die Arme fiel und sich an ihrer Schulter ausheulte. Es erinnerte ihn an damals, wenn er sich bei seiner Mutter über das Erlebte in der Schule ausheulte, nachdem seine Mutter es geschafft hatte, ihn dazu zu überreden, ihr zu sagen, was los war. Watsons Mutter realisierte erst nach einem kurzen Moment, was ihr Sohn ihr gerade sagte... klar und deutlich, unsensibel wie immer. Und doch brach er in Tränen aus, die ganze Kälte in seinem Auftreten verschwand. Er war nicht mehr der Kriminalassistent, den sie zur Tür reingelassen hatte, er war in erster Linie ihr Sohn, den sie zum ersten Mal seit Ewigkeiten wiedersah. „Ich hatte mir unser Wiedersehen anders vorgestellt.", hauchte sie mit zitternder Stimme, bevor sie ihren Sohn an sich drückte und ebenso wie er zu Weinen begann.

Eine viertel Stunde verharrten sie so und umarmten sich gegenseitig fest, bevor Watson sich langsam aus der Umarmung löste, sich die Tränen aus dem Gesicht wischte und seiner Mutter ein Papiertaschentuch reichte, mit welchem sie sich die Tränen trocknete, bevor sie mit immer noch zitternden Händen nach ihrer Kaffeetasse greifen wollte, wovon Watson sie abhielt. „Lass die Tasse stehen, bevor sie dir runterfällt.", flüsterte er kaum hörbar. „Das ist doch jetzt eh alles egal, meine Tochter, meine einzige Tochter, ist... tot... ich werde sie nie wieder sehen.", stammelte sie, während ihr wieder Tränen in die Augen schossen, welche langsam ihre Wangen herunterrannen. Ihr Blick war leer und ausdruckslos.

Plötzlich klingelte es an der Haustür. „Ich geh schon.", sagte Watson, bevor er sich die letzten Tränen aus dem Gesicht wischte, aufstand und durch den Flur zur Tür ging. Als er die Tür öffnete, traute er seinen Augen nicht. Er stammelte: „V-Vaspel?!", worauf dieser nur mit einem trockenen „Ich freue mich auch Sie zu sehen." Antwortete, bevor er leicht zu grinsen begann, was allerdings schnell wieder von seinem Gesicht verschwand. „Eigentlich wollte ich zu Ihrer Mutter, aber wie ich sehe, scheinen Sie mir zuvorgekommen zu sein.", sagte Vaspel, der die deutlich erröteten Augen von Watson bemerkte. „Kommen Sie ruhig rein.", sagte Watson immer noch leicht verwundert. Es faszinierte ihn immer wieder, wie Ernst Vaspel immer war, und doch war er an den richtigen Stellen so einfühlsam, dass man ihm fast schon freiwillig seine Lebensgeschichte erzählt, ohne dass dieser einmal danach gefragt hätte. Watson mochte es, mit ihm zusammenzuarbeiten, die Persönlichkeit von Vaspel fand er unfassbar interessant. Vaspel riss ihn aus den Gedanken, als dieser versuchte, sich an ihm vorbeizuzwängen, da Watson immer noch die Tür blockierte. Dieser machte sofortig einen Schritt zur Seite und führte Vaspel ins Wohnzimmer, in welchem seine Mutter immer noch starr auf dem Sofa saß und ins Leere blickte.

„Mama?", versuchte Watson sie anzusprechen. Es dauerte kurz, bevor sie sich zu ihm umdrehte und erschrak. Vaspel war groß gewachsen, knappe zwei Meter war er groß. Im Vergleich zu ihm sah Watson mit 1,85m Körpergröße fast schon winzig aus. „Das ist mein Kollege Kriminalhauptkommissar Vaspel, wir sind zusammen bei der Mordkommission, ich bin sein Assistent.", fuhr Watson fort. Vaspel reichte Watsons Mutter die Hand und sagte mit einer einfühlsamen Stimmlage: „Mein herzliches Beileid, sagen Sie Bescheid, wenn ich Ihnen irgendwo helfen kann.". „Danke.", sagte Watsons Mutter immer noch leicht erschrocken. „Setzen Sie sich doch.", sagte Watson „darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?". „Gern.", antwortete dieser. Watson machte sich auf den Weg in die Küche, um eine Tasse zu holen.

Als alle wieder am Wohnzimmertisch saßen, brach Vaspel das kurze Schweigen: „Ich müsste Ihnen trotzdem einmal ein paar Fragen stellen, sofern das für Sie in Ordnung ist.", sagte er zu Watsons Mutter gewandt. „Klar, Sie machen ja auch nur Ihren Job.", antwortete diese prompt. „Mitschreiben.", befahl Vaspel Watson, welcher sofortig aufstand, um aus der Küche Stift und Notizblock zu holen. Watsons Mutter sah Vaspel mit einem fast schon tödlichen Blick an. „Das hätten Sie aber auch netter ausdrücken können.", begann sie ihn anzumeckern. Vaspel wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte. Ein Befehlston war zwischen Vaspel und Watson eigentlich ganz normal, zumindest hatte sich Watson bis jetzt noch nie daran gestört. Vaspel begegnete Menschen vorzugsweise mit Distanz, er war zu oft von Menschen um dem Finger gewickelt worden, welche nichts Gutes im Sinn hatten, das wollte er vermeiden. Darum wahrten Watson und Vaspel eine professionelle Distanz zueinander, er wusste nicht mal Watsons echten Namen... er nannte ihn einfach Watson... alle nannten ihn so, seit er sein Assistent war. Wegen seiner hohen Aufklärungsqoute bekam Vaspel den Beinamen „Sherlock", weswegen man seinem Assistenten einfach den Spitznamen Watson gegeben hat. Es schien Watson zu gefallen, er hatte sich zumindest nie beschwert. Vaspel wusste auch nicht, warum Watson eigentlich zur Mord gewechselt hatte... wollte er einfach nur schnell aufsteigen oder war in seiner vorherigen Einheit etwas vorgefallen? Vorher war er in der Einheit für organisiertes Verbrechen, so viel wusste Vaspel, aber mehr gab die Personalakte nicht her und Watson vermied es tunlichst über seine Vergangenheit zu sprechen. „Das Hier und Jetzt ist doch weit wichtiger als vergangene Tage.", antwortete er auf jede Frage, die seine Vergangenheit betraf, also hatte Vaspel aufgegeben nachzufragen... normalerweise erzählten Menschen ihm bereitwillig viel über ihr Leben, er schien sehr vertrauenswürdig und charismatisch zu wirken, aber bei Watson war es anders... er war verschlossen und praktisch nicht zu knacken. Das brachte Vaspel jetzt aber auch nicht weiter, Watsons Mutter wurde langsam ungeduldig. „Das ist der normale Umgangston in der Polizei.", antwortete Vaspel trocken, woraufhin Watsons Mutter die Stirn runzelte.

So ihr Süßen, ich habe viel zu viel Zeit, also könnt ihr euch auf weitere Kapitel in kurzen Zeitabständen freuen. Nun aber noch mal eine Frage an euch: Welchen Vornamen soll ich Watson geben? Bitte gebt mir gerne eine Rückmeldung in den Kommentaren, wie es euch gefallen hat und passt bei dem Wetter auf euch auf. <3

Sherlock VaspelWhere stories live. Discover now