Kapitel 5

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Elli POV

Ich richtete mich auf und setzte mich gerader hin. „Wie meinst du das?", fragte ich und verengte meine Augen zu Schlitzen. Felix sah mich an und lächelte finster. Ein Schatten legte sich über seine Augen. „Was...was hast du gemacht?", hakte Ani nach und nestelte nervös an ihren Fingernägeln. Das tat sie bloß, wenn sie aufgeregt oder sehr nervös war. Von ihrem Anfall hatte sie sich augenscheinlich wieder beruhigt. Ich griff nach dem Avocadokissen und wollte überprüfen, ob alles mit ihm okay war. Es war ein Geschenk gewesen und ich wollte nicht, dass es kaputt war. Ich hatte es schon einmal nähen müssen, das konnte ich zwar, aber war nicht sehr gut darin, kannte nur die nötigsten Stiche.
Aber Felix' Blick wanderte zu mir. „Ich habe jemanden getötet", sagte er tonlos. Ich erstarrte in meiner Bewegung. „Was?", hauchte ich und starrte ihn an ohne zu blinzeln. Seine Miene wurde düster. „Du hast mich schon verstanden", antwortete er mir ohne den Blickkontakt abzubrechen. „Du hast...was? Wen?", sagte Ani, die anscheinend nicht erstarrt war. Ich schielte zu ihr. Ich betrachtete sie eingehend, aber konnte nicht erkennen, was in ihr vorging. War sie nicht so schockiert wie ich?
Mein Cousin senkte den Blick. Er wagte es nicht, mich anzusehen, begann ebenfalls, an seinen Fingernägeln herumzuzupfen. Lag wohl in der Familie. „Krmtam" murmelte er. Ich hob eine Augenbraue. „Bitte was? Du nuschelt schon wieder", tadelte ich ihn. Er tat das schon von Kindesbeinen an und konnte es sich noch immer nicht abgewöhnen. Aber in so einem Moment äußerst unpassend.
Dann hob er plötzlich den Kopf, funkelte mich an und ballte die Fäuste. „Kita. Ich habe Kita getötet", spuckte er förmlich aus und betonte jedes einzelne Wort überdeutlich.
Ich stutzte. Dann lachte ich plötzlich. Ich lachte und lachte, konnte nicht aufhören. Bruder und Schwester wechselten einen verwirrten Blick und Ani vergaß ganz darauf, Felix wieder mit einem Avocadokissen zu vermöbeln. „Ki- Kita?", japste ich und kriegte mich kaum noch ein. „Ki-Kita ist deine Freu- Freundin. Und meine be-be-beste Freundin. Du-Du könntest sie nie töten, das-das würde sie nicht zulassen. Und du", ich unterbrach mich selbst und atmete mehrmals tief ein und aus, um mich zu beruhigen. „Du würdest es niemals übers Herz bringen, sie umzubringen."

Aber Felix brach nicht, wie ich erwartet hatte, in sein typisches Gelächter aus und klopfte mir auf die Schulter, dass das alles nur ein Scherz war. Er blieb stumm, hatte den Blick wieder gesenkt und starrte grimmig auf seine Schuhe. „Es ist wahr", presste er hervor. Ani wurde weiß. Auch sie kannte Kita seit Ewigkeiten. Auch sie löste den Scherz nicht auf.
Panisch blickte ich sie an. „Ani, sag mir, das das ein Scherz ist. Er lügt. Er muss lügen", stotterte ich. „Es ist die Wahrheit...Er lügt nicht. Ich sehe es in seinen Augen", wisperte Ani und blickte emotionslos auf ihre Hände, die ebenfalls blass wirkten. „Nein! Er lügt! Ich beweise es euch!", keuchte ich. Zitternd holte ich mein Handy aus meiner Hosentasche und entsperrte es. Langsam wählte ich Kitas Nummer. Gleich würde sie mit ihrem typischen „Elli, hey, alles okay?" abheben. Aber nichts. Freizeichen...Freizeichen...Freizeichen. Mailbox. Nochmal. Dasselbe Spiel. „Elli, es hat keinen-", hob mein Cousin an, doch ich zischte: „Jetzt halte deine Klappe!" Er klappte den Mund zu und redete nicht mehr auf mich ein.
Nach fünf weiteren Fehlversuchen und zig Nachrichten schaltete ich mein Display aus. Stille senkte sich über den Raum. „Sagte ich doch", sagte Felix triumphierend. „Du Monster", hauchte ich kaum hörbar. „Elli, bitte, tu jetzt nichts Unüberlegtes", warnte mich Ani und redete beschwörend auf mich ein. Aber ich hörte sie nicht. Meine Gedanken wirbelten wie in einem Sturm und formte sich zu einem einzelnen Wort zusammen: Kita.

Ohne, das ich meinen Körper richtig steuern konnte, sprang ich auf ihn zu und riss ihn zu Boden. Ich hörte Ani im Hintergrund schreien, doch ich blendete sie aus, konzentrierte mich auf diesen einen Gedanken in meinem Kopf: Kita.
Ich drückte seinen Kopf zu Boden. Kita. Ich hob die geballte Faust. Kita. Ich blitzte ihn hasserfüllt an. Kita. Dann schlug ich zu. Und wieder. Und wieder. Und wieder. So lange, bis Blut aus seiner Nase schloss und ich ein grausiges Knacksen hörte. Ich wusste, das Felix das alles hier sofort beenden könnte, er war einfach stärker als ich. Aber er würde sich nie trauen, Hand an mich an zu legen. Gott, zu seinem Glück waren wir an Land, im Wasser würde er schon nicht mehr leben. So stark er am Land war, im Wasser besiegte mich niemand. Das war mein Element.
Ich prügelte so lange auf ihn ein, bis Ani mich von ihm runter zerrte. Ich brüllte und schlug blind vor Wut um mich, zum Glück erwischte ich meine Cousine nicht. Tränen trübten meine Sicht und Felix erhob sich langsam. Er hielt sich die Hand, an der das Blut in Strömen hinunterlief, gegen die Nase und blickte mich traurig an.
Ich hörte auf, mich zu wehren, sackte kraftlos zusammen, sodass Ani mich auffangen musste. Ich heulte qualvoll auf und vergrub mein Gesicht in meinem Arm. Meine Cousine tätschelte meinen Rücken und redete beruhigend auf mich ein. Aber ich hörte sie nicht.
Nach ein paar Minuten hob ich meinen Kopf, mein Gesicht war von den Tränen fleckig und nass. Felix war verschwunden. Ein letztes Mal bäumte ich mich auf und brüllte vor Zorn. Wie konnte er nur. Wie konnte er nur...

Schwalbenflug - Jubiläum und Special (Buch 1)Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang