53 Die geheime Einrichtung

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Yanna stieß erleichtert die Luft aus. In den letzten Wochen ihrer Reise hatte sie viel Zeit mit Shanks verbracht, hauptsächlich in den Trainingsräumen und an der Schiffsbar. Sie verstanden sich wunderbar und sie vertraute ihm mittlerweile vollkommen - außerdem hatte seine Gegenwart etwas Stärkendes, Beschützendes. Das konnte sie mit Sicherheit gut gebrauchen.
Auch Junie war ehrlich froh über das Angebot. Sie fühlte sich sehr wohl in Bens Gegenwart; ihre Beziehung zueinander war inzwischen sehr viel enger geworden.

„Danke!“, flüsterte sie aufrichtig und schenkte ihm ein leichtes Lächeln. Er erwiderte es zufrieden, doch dann wurde er wieder ernst.
„Immer. Hör zu, Junie: ich hab in den letzten Tagen viel mit Dan gesprochen und mir mit ihm eine Strategie überlegt, die es für dich leichter machen könnte, deine Erinnerungen zu ertragen!“, begann er und sicherte sich so die volle Aufmerksamkeit seiner Tochter.
„Und die wäre?“, hakte sie konzentriert nach. Ben sah sie fest an.
„Was war der absolut glücklichste Augenblick in deinem Leben?“, wollte er völlig unerwartet wissen.

Junie blinzelte irritiert, aber lang überlegen musste sie nicht.
„Der erste Flug mit Marco...“, antwortete sie prompt. Bens Augenbrauen zuckten hoch. Aha?
„Schließ die Augen und beschreib ihn mir in allen Einzelheiten - fühl dich vollkommen zurück zu diesem Moment!“, befahl er ihr leise und hoffte, dass das funktionieren würde.
Sie tat wie geheißen und schloss die Augen; blendete ihre angespannte Situation für einen Augenblick komplett aus und erinnerte sich. Ein warmes, glückliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie zu erzählen begann.

„Marco hatte mir schon in Curious versprochen, dass ich mit ihm fliegen darf… aber dann wurde ich verletzt. Als ich  kurz nach meiner Aufnahme in die Crew einmal ein wenig traurig war, hat er es nachgeholt und sich verwandelt. Der Phönix ist so wunderschön, Ben! Und sein Feuer… es ist unglaublich. Es fühlt sich kühl an, aber seine Lebenskraft spürt man im ganzen Körper prickeln. Zuerst hatte ich ein bisschen Bammel, als er abgehoben ist, aber… das war schnell vorbei. Es gibt auf der ganzen Welt nichts schöneres, als mit Marco zu fliegen!! Ich fühl mich einfach nur frei… frei und beschützt, weil ich weiß, dass er mich nie fallen lassen würde. Da oben bin ich so weit weg von allem… das hat mich immer unendlich glücklich gemacht…“

Ben blinzelte mehrmals und räusperte sich, was Yanna ein leichtes Grinsen entlockte.
„Das klingt wirklich schön... Behalte das Gefühl tief in dir, Junie. Du wirst jetzt gleich mit uns erneut die Insel und dann die Einrichtung betreten. Hol deine Erinnerungen nach und nach langsam bei jedem Schritt hervor und erzähl sie uns - aber Marcos Phönix wird dich vor dem Schmerz beschützen. Teil deine Gedanken in zwei Hälften, die eine erinnert sich, die andere fühlt sich weit weg von allem, was dir Leid zufügen kann. Es sind nur Erinnerungen, aber sie sind ein Teil von dir. Du hast es überlebt. Du warst stark genug dafür. All das hat dich zu dem Menschen gemacht, der du heute bist! Es hat dich zu Whitebeard gebracht. Zu deinen Brüdern. Zu Yanna. Zu mir. Lass dich nicht von den finsteren Gedanken mitreißen, flieg über sie hinweg und lass sie zu. Du bist keine Sekunde allein, das schwöre ich dir!“ Fest und entschlossen sah er ihr in die Augen.

Junie schluckte hart und atmete zittrig ein. Konnte das funktionieren? Mehrschichtiges Denken war ihr ja nicht neu... hatte Ben es deshalb in letzter Zeit verstärkt mit ihr geübt? Ein warmes Gefühl der Zuneigung breitete sich in ihr aus. Er hatte sich so viele Gedanken gemacht und wollte sie jetzt an den finstersten Ort ihres Lebens begleiten, ohne auch nur im Geringsten zu zögern.
„Danke Ben! Ehrlich! Ich bin froh, dass du auch bei mir bist“, flüsterte sie ergriffen und drückte kurz seine Hand. Er lächelte schmerzlich.

„Wenn ich es früher schon nicht war, dann wenigstens jetzt…“, seufzte er, doch dann straffte er sich und sah die beiden an. „Seid ihr soweit?“
Yanna und Junie warfen einander einen bangen, aber entschlossenen Blick zu.
„Ja!“, erklang es von den beiden synchron und sie erhoben sich. Auch Ben stand auf; das Schiff hatte angelegt.
„Dann lasst uns gehen!“

Das Feuer des Lebens  Where stories live. Discover now