7-Die Krallen des Rabens

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Wut überkommt mich. Ich fühlte mich wie ein gefangenes Tier im Zoo. Ich streife durch das kleine, verstaube Zimmer und versuche gegen die ersten Anzeichen von Klastrophobie zu kämpfen. Ich war noch nie ein Fan von abgeschlossenen Räumen gewesen und vorallem nicht wenn ich dort gegen meinem Willen festgehalten wurde. Schreiend trete ich immer wieder gegen das große Himmelsbett, kleine Holzsplitter fallen vom Morschen Holzwerk ab und splittern auf den Boden. Mein Atem wird immer schneller und meine Hände beginnen zu zittern, als die Tür aufgeht und Megan vor mir steht. Abwertend schaut sie mich an.,,Hör auf mit dem randalieren und ruh dich aus. Heute Abend beginnen wir mit dem Ritual. Du musst bei vollen Verstand und wachem Geist sein, sonst klappt es nicht." Verständnislos und mich vom letzten Widerstand verabschiedend,legte ich mich zurück aufs Bett. Ich fühlte mich kraftlos und verlassen. Die Fenster im Zimmer waren abgedunkelt, verriegelt und boten keinerlei Chancen nach einer Flucht. Megan verließ das Zimmer und ließ mich alleine mit meinen dunklen Gedanken zurück.

Ich schlug die Augen auf. Ich lag mit dem Rücken auf einer Wiese und die Sonne schien mir breit ins Gesicht. Blinzelnd starrte ich in den Himmel, die Sonnenstrahlen reizten meine Augen, dennoch war es mir nicht unangenehm.  Ich atmete die frische Luft ein und lauschte dem Gesang der Vögel, den ich immer verstehen wollte, jenes mir aber nie gelang. Trotz meines Wohnsitz in der Stadt, hatte ich mich immer sehr mit der Natur verbunden gefühlt. Einen Moment war ich glücklich, fühlte mich unbeschwert und frei. Frei. Dieses Wort löste ein komisches Gefühl in mir aus. Frei. Was bedeutet das überhaupt? Der Geruch vom Gras lag in meiner Nase. War ich frei? Plötzlich kam die Erinnerung zurück. Nein ich war nicht frei. Ich war ein gefangenes Tier in einem kleinen Gehege. Augenblicklich wurde es kalt um mich rum, die Sonne wurde von Wolken verdeckte, die Umgebung verdunkelte sich und das einst so grüne Gras auf dem ich lag, verwandelte sich in trockenes Stroh. Der Gesang der Vögel wirkte nun bedrohlich. Oben vom Himmel, schoss auf einmal ein dunkler Schatten herab. Das einzige was ich noch sah, bevor sich zwei gierige Krallen in mein Fleisch bohrten, waren schwarze Federn und zwei kleine, Stecknadel ähnliche Augen voller Hass, dann landete der Rabe auf meinem Gesicht und entstellte es. Ein heißerer Schmerzensschrei entwich meiner Kehle. Heißes Blut floss über mein Gesicht und tropfte neben mir ins Stroh.

Ich wachte auf. Mein Herz schug schnell und ein seltsamer stechender Schmerz ging von meinem Kopf aus. Ich fasste mir ins Gesicht und schrack zurück. Ein Blutstropfen blieb an meinem Fingertropfen hängen. Ich stand auf und taumelte zum Spiegel. Kaum habe ich reingeguckt, wich ich auch wieder zurück. Von meinem Auge, bis zu meinem Hals, zog sich ein blutiger, wulstiger Striemen. Das Blut hat rote Flecken in meinen hellen Haaren hinterlassen. Entsetzt strich ich mit meiner zitternden Hand eine Strähne zurück. Was war passiert? Hatte man im Schlaf versucht mich zu erstechen? Aber die Striemen in meinem Gesicht, sahen nicht wie von Menschenhand aus, sondern so, als hätte ich den Hass eines wilden Tieres auf mich gelenkt. Auf einmal, fielen mir die Bilder aus meinem Traum wieder ein: Der Rabe, der seine langen Krallen in meinem Fleisch versenkte und mein von Schmerzen verzehrter Schrei, der mich aufgeweckt hatte. Verwirrt schüttele ich meinen Kopf. Ich war hier nicht in dem Horrorfilm A Nightmare on Elmstreet. Träume waren psychisch und konnten dadurch nicht das physische beeinflussen redete ich mir die Fakten aus dem Biounterricht ein. Vielleicht war ich ja auch noch gar nicht richtig wach? Vielleicht war das der Traum, nach dem Traum. Sowas hatte ich schon oft gehabt. Ich wachte auf und dachte ich sei wach, dabei war ich nur im Traum aufgewacht. Entschlossen kneife ich mir fest in den Arm. Tränen steigen mir in die Augen. Au! Das war ein bisschen zu fest! Ich träume also nicht. Ich lasse mich auf den Boden, in meinem halb abgedunkelten Gefängnis fallen und schließe die Augen. Das darf doch alles nicht war sein!

Ich schlage die Augen auf. Wo bin ich? Ich befinde mich in einer spährlich gebauten Hütte. Draußen jault ein lauter Sturm. Ich höre den Wind wehen, der mit seiner stürmischen Art, die morschen Holzplanken, aus der die Hütte besteht, herrausfordert. Auf dem Boden liegen handgestickte Teppiche, die kleine orientalische Muster eingearbeitet haben. Strom spendete hier, nur eine alte Öllampe, die in der Ecke des Raumes liegt. Mein Blick fällt auf eine kleine Gestalt, die dick eingewickelt auf dem Boden liegt. Ein kleines Kind-vielleicht gerade mal 3 Jahre alt- hält die Augen festverschlossen und schläft tief und fest und scheint so, als würde es den Sturm draußen, und die bedenkliche Bauart seines Heims gar nicht bemerken. Es sieht so friedlich aus. Seine kleinen Händen umklammern, die kleine Wolldecke, in das es sich eingewickelt hat. Ich muss lächeln und setze mich mit kleinen Abstand, um es nicht zu wecken, neben es auf den Boden, der teils von den kunstvollen Teppichen und teils von Sand bedeckt wird. Das kind hatte dunkle Locken und hellbraune Haut, es sieht atmet gleichmäßig und sein kleiner Bauch hebt und senkt sich dabei. Auf einmal wird seine regelmäßige Atmung gestört. Ich traue meinen Augen kaum, als dunkler Nebel aus dem Boden aufsteigt und auf das Kind schießt. Es wickelt sich um den Kleinen herum, wie die Tentakeln eines Seeungeheuers. Das Kind beginnt zu Husten, zu röcheln. Von dem Frieden, den er gerade noch ausgestrahlt hat, ist nichts mehr übrig geblieben. Stattdessen steckt dass Kind in einem erbitterten Überlebenskampf. Die schwarzen Schlieren, die gerade noch die Form von Nebel hatten, schießen auf seinen Kopf ein, der kurz darauf blau anläuft. Ensetzt schreie ich auf und versuche dem Kind zur Hilfe zu kommen. Doch kurz bevor ich es erreichen kann, passiert es: EIn Holzbalken kracht über mir auf den Boden. Lautes Knarren und Quietschen breitet sich um mich herum aus, und vermischt sich mit dem Geräusch des erstickenden Kindes. Mehr Bretter fallen herab, dann stürtzt die Hütte in sich zusammen. Doch durch die Trümmer kann ich noch etwas erkennen: Ein Rabe. Er fliegt vom Ort des Schreckens, der hinter ihm liegt weg und schwingt sich hoch in die Lüfte. An seinen Krallen hängt die Wolldecke, in das vorhin noch das Kind gewickelt war.

Erneut wache ich vor Angst gelehmt aus dem Schlaf auf. Das Bild was mich mir dann bietet ist dasselbe: Blut in meinen Haaren und auf meinem Gesicht. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. So viel Mord und Blut in einer Nacht. Meine Gedanken überschlagen sich. Es waren nur Träume. Nur Träume. Nur Träume. Und nur Blut. ,,Durchhalten Angel! Egal was Sorora auch immer für eine schlechte Maid ist, irgendwann wird ihr schon auffallen, dass ich nicht nach Hause gekommen bin. Und zur Schule werde ich wohl auch bald kommen müssen, dann werden meine Lehrer hoffentlich was merken und die Polizei benachrichtigen!"rede ich mir ein. Doch langsam, nagte die unerträgliche Gewissheit an mir, dass die Träume erst der Anfang waren. Das was danach auf mich warten würde, wäre schlimmer.

Und so kam es dann auch.

Blood of EvilWhere stories live. Discover now