Rose und Wolf

49. ,,Das freie Volk..."

Jon pov.

Jon atmete laut aus und sah Tormund dabei zu wie dieser sein ganzes Trinkhorn mit einmal leerte und sich danach einer braunhaarigen Frau zu wandte mit der er wild anfing zu knutschen. Jon rollte leicht mit den Augen. Natürlich hatte er sich für das Leben hier bei den Wildingen entschieden, und für nichts auf der Welt würde er tauschen aber seit sie wieder hier waren, in Hartheim, hatte Tormund sich verändert. Er war noch schlimmer als damals und dachte an nichts anderes mehr als das saufen und Frauen. Wie Tormund immer sagte:

,,Weißt du, Schnee, am liebsten denke ich den ganzen Tag darüber nach was man mit Frauen machen kann."

Jon nickte daraufhin immer nur desinteressiert. Von Frauen wollte er nichts wissen. Noch nie hatte er Glück mit ihnen. Das hatte in seiner Jugend angefangen und hatte sich bis jetzt nicht geändert. Angefangen hatte es mit der braunhaarigen Tochter des Müller' aus Winterfell, Serin, hatte sie gehießen, einmal hätte Jon fast mit ihr geschlafen hatte damals jedoch Angst einen weiteren Bastard zu zeugen. Und dann war da Ygritte. Er hatte sie geliebt, dann verraten und verlassen und schließlich war sie deshalb in seinen Armen gestorben. Jon erinnerte sich an alles genau. Wie die rothaarige in seinen Armen lag, der Pfeil der sie durch bohrt hatte und wie sie von der Höhle geredet hatte. Jon hatte versprochen dort mit ihr hinzugehen. Und da Ygritte immer ein Teil von ihm wäre, immer ein Teil seines Herzens war er auf dem Weg nach Hartheim einen Umweg geritten. Er hatte sich von dem Rest der Gruppe getrennt und war auf seinem schwarzen Hengst zu dieser Höhle geritten in der er damals sein erstes Mal hatte, mit Ygritte. Genau wie mit ihr damals hatte er in der Quelle gebadet und sich dann auf den warmen Stein gelegt nur um schweigend an die Decke zu starren und nachzudenken. Und dann war da Dany. Daenerys Targaryen, seine Tante, seine Familie, seine Geliebte. Die Königin die sich auf ihn eingelassen hatte, einen Bastard. Sie war so wunderschön gewesen, mit den weißen Haaren, den violetten Augen, den dünnen rosa Lippen die sich so perfekt auf seine geschmiegt hatten. Jon hatte sie so sehr geliebt. So sehr... Selbst wenn sie seine Tante war. Er hätte sie geheiratet. Er hätte Kinder mit ihr bekommen wollen, er hätte sich sogar mit ihr auf diesen bescheuerten Thron gesetzt. Er hätte alles getan um sie glücklich zu machen. Und schließlich hatte er sie erstochen während er sie geküsst hatte. Niemals hätte er dies tun dürfen. Aber er hatte es. Für Sansa, Robb, Magaery, Arya, Rickon und Bran. Und dabei war Sansa es gewesen die sein Geheimnis ausgeplaudert hatte. Er hatte ihr vertraut und das war der Dank. Hätte sie geschwiegen hätte Lord Varys, Dany niemals verraten, vielleicht würde dann Missandei noch leben, hunderttausend Menschen würden noch leben. Dany würde noch leben. Aber Sansa hatte nicht geschwiegen. Sie hatte gefragt ob er ihr verzeihen könnte und Jon hatte dies bestätigt aber er könnte es nicht. Dank Sansa musste er selbst, mit seinen eigenen Händen seine große Liebe ermorden. Sein Herz schmerzte bei der Erinnerung an ihren verletzten Blick, die verzweifelten, weit aufgerissenen violetten Augen, als sie verstanden hatte das auch noch Jon sie verraten hatte. Er erinnerte sich an Drogon' verzweifelten Schrei und die mit Schmerz und Wut gefüllten Augen des Drachen bevor dieser den Thron verbrannt hatte. Es hatte Jon das Herz gebrochen zu sehen wie Drogon versucht hatte seine tote Mutter zu wecken. Wie er ihren Duft eingezogen hatte und sie wach rütteln wollte. Jon hatte Dany beschimpft Kinder ermordet zu haben. Und das hatte sie. Aber hatte er nicht das selbe getan? Die Drachen waren Dany' Kinder und nur weil er sie in den Norden gerufen hatte war Viserion gestorben, ihr erstes Kind. Dann starb Ser Jorah, Rhaegal wurde vom Himmel geschossen und Missandei hingerichtet. Sie alle starben vor Dany' Augen. War es da nicht klar das sie irgendwann nicht mehr konnte? Und er war so dumm gewesen und hatte sie von sich gestoßen...

Eine Frage die Jon sich schon seit einer Ewigkeit stellte. Hätte er es verhindern können? Ihr helfen können? Sie davon abhalten können die ganze Stadt zu verbrennen?

Jon seufzte leise als Geist ihm mit seiner Schnauze anstieß und leicht über Jon' eiskalte Hand leckte. Als Jon den Kopf hob sah er das der Fest Platz langsam immer leerer wurde also erhob auch er sich und lief zu seinem Zelt. Aus einem Beutel nahm er sich ein Stück Trockenfleisch und einen Schluck Wasser. Nach dem Essen legte er sich auf die weichen, braunen Felle unter sich und Geist legte sich über seine Beine und schloss hechelnd die Augen.

,,War es falsch?"

Jon' Stimme war nur ein Flüstern. Er wusste das Geist ihm nicht antworten könnte aber wenigstens hörte der weiße Wolf ihm zu. Diese Frage hatte Jon auch Tyrion gestellt und dieser hatte darauf geantwortet das Jon so sehr vielen Menschen das Leben gerettet hatte. Sansa und Eddard. Und auch Tyrion selbst lebte nur dank Jon und durfte sich nun wieder Hand des Königs nennen.

,,Ich habe einen Fehler begangen richtig?"

Fragte Jon weiter. Geist hob den Kopf wieder und öffnete seine roten Augen die Jon fixierten bevor er ein unverständliches grummeln von sich gab. Jon schmunzelte traurig.

,,Ist ja gut, ist ja gut. Ich lasse dich schlafen. Zufrieden?" Fragte Jon belustigt und der weiße Wolf legte wieder den Kopf nieder und schloss die Augen. Schnaufend atmete Jon aus. Eine Weile beobachtete er noch Geist bevor seine Augenlider schwer wurden und Jon mit einem müden Gähnen die Augen schloss.

Er hatte einen Fehler begangen. Den größten seines Lebens. Das wusste er. Doch was sollte er nun tun? Wie sollte er es ändern? Er konnte nichts rückgängig machen. Wie auch? Daenerys war tot. Und es war seine Schuld. Drogon war weg, unglücklich und allein. Und es war seine Schuld. Nie mehr konnte Jon all diese Fehler rückgängig machen. Nie mehr in diese violetten Augen sehen und Dany' Lippen auf seinen spüren. Sie war fort. Und sie wäre es für immer.