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Der Streit, die Bluse und dumme Kommentare

Kaum eine Sekunde später, als ich das Haus betreten hatte, kam mir bereits Evelyn entgegen und guckte mich sauer an. „Wo warst du?"

„Einkaufen?", fragte ich unsicher zurück, während ich in die Küche ging um die ganzen Sachen abzulegen. Evelyn folgte mir wie ein wütender Drache und wedelte mit der Hand in der Luft herum. Nach einem kurzen, schockierten Blick auf ihre Hand sah ich, wie sie James kleinen Zettel zwischen Zeigefinger und Daumen hielt.

„Und von wem ist die Nummer in deiner Tasche gewesen? Triffst du dich mit irgendjemanden?"

„Nein? Da wollte jemand Hilfe in Mathe", log ich bissig und wurde etwas rot, doch da ich die Sachen in den Kühlschrank einräumte, sah sie es nicht. Noch dümmer konnte ich echt nicht lügen, oder?

„Natürlich, Ella", erwiderte sie schnippisch und ich konnte mir vorstellen, wie sie eine Hand in die Hüfte legte und mich abwertend betrachtete, „wäre dein Vater noch unter uns, wäre er enttäuscht, dass du lügst!"

Sag mal, was war heute los? Hatten die es alle auf meine Familie abgesehen?

Wütend drehte ich mich zu ihr um und verengte meine Augen zu Schlitzen. „Lass meinen Vater da raus, du Hexe! Er kann wenn nur darüber enttäuscht sein, dass du mich bis zu meinem achtzehnten Geburtstag so leiden lässt!", zischte ich aufgebracht und guckte Evelyn danach schockiert an. Schnell schlug ich eine Hand auf meinen Mund. Sie würde mich töten.

Langsam und qualvoll.

Sauer kam sie auf mich zu, wobei sie ihre Mundwinkel einzog und mit ihrem Finger auf mich zeigte. „Du wagst es noch, mich in Frage zu stellen? Ich habe dir die Jahre über geholfen! Dank mir bist du so wie du heute bist! Du undankbare Göre! Erledige gefälligst deine Aufgaben!", zischte sie und ich bekam Tränen in den Augen. Irgendwann verfluche ich meine Augen. Irgendwann reiße ich mir die bestimmt noch raus, wenn dieses Rumgeheule nicht aufhörte.

„Du bist es doch, die mir nicht erlaubt so zu sein, wie ich sein will! Von wegen, du hättest mir geholfen. Du hast mich die Jahre über schikaniert und als Putzfrau deinen Scheiß wegmachen lassen, mehr nicht!", schrie ich und beobachtete Evelyn.

„Das wird noch ein Nachspiel haben, Fräulein. Denk gar nicht erst, dass du so mit mir herumspringen darfst, ohne dass es Konsequenzen haben wird."

Ich schnaubte sauer und sah Evelyn nach, wie sie das Haus verließ. Sofort ging ich ins Wohnzimmer und atmete tief ein und aus.

Aufgebracht unterdrückte ich einen frustrierten Schrei und nahm das Telefon in die Hand. Schnell wählte ich Lucis Nummer und rief sie an, während ich meine Hausarbeit machte und erzählte von meinem grauenvollen Tag.

*

Kurz vor Mitternacht, als alle schon schliefen waren (Schönheitsschlaf wie Evelyn sagte, jedoch sah ich bei den Zwillingen davon nichts) saß ich an meinem Schreibtisch, hatte meine kleine Lampe an und zeichnete das Profil von James. Ich wusste echt nicht warum, aber er gefiel mir. Nicht auf diese „James,-ich-glaube-ich-liebe-dich,-weiß-es-aber-nicht!"-Weise sondern auf diese „Ja,-der-ist-cool,-süß-und-interessiert-sich-für-mich.-Den-mag-ich"- Weise.

Jedoch war ich anscheinend auf meiner Zeichnung, nicht zum Ersten Mal, eingeschlafen und wurde heute von meinem Wecker aus meinem Traum geholt. Zu gerne wäre ich in dem Traum geblieben, denn er handelte von meiner Mutter und ich vermisste sie zu sehr.

EllaTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang