Kapitel 9

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Milo zog weiter und winselte vor sich hin. Wir waren mittlerweile auf einer Brücke angelangt, wo ich auch ziemlich schnell entdeckte, was Milo so aufgeregt machte. 

Dort stand ein Junge, ca in meinem Alter, an dem Geländer der Brücke. 

Milo winselte weiter und blickte immer wieder erneut zu mir hoch. Ich wusste gar nicht, was ich jetzt tun sollte. Hoffentlich würde er da jetzt nicht runter springen, denn genau danach sah es aus. 

Milos Gewinsel hatte wohl seine Aufmerksamkeit auf uns gelenkt, denn er schaute zu uns. Sein Blick hatte was neutrales und leeres, mit dem er mich anblickte. Was war nur mit ihm passiert?

„Das ist nicht die Lösung.“, rutschte es mir raus, was ich am liebsten schnell wieder zurück gezogen hätte, denn ich kenne ihn nicht und somit auch nicht die Beweggründe, wieso er hier steht und auf das Wasser unten schaut. 

„Du hast recht. Hatte ich eh nicht vor. Es beruhigt mich nur irgendwie.“, begann er zu reden. Erleichtert ließ ich die Luft aus meinen Lungen weichen. Ich hatte unbewusst die Luft angehalten. „Es beruhigt dich? Hier ist doch überall Verkehr und das Wasser ist einige Meter weiter unten.“, fragte ich ihn, denn ich verstand nicht, wie man so einen Platz als beruhigend empfinden konnte. 

„Keine Ahnung. Es ist halt so.“, antwortete er mit einem Schulterzucken. „Süßer Hund übrigens“. Mein Blick schweifte zu Milo runter und danach wieder zu dem Jungen. Seine Haare kleben ihm schon an der Stirn vor Nässe. Der Regen nahm zu. „Danke. Er heißt Milo.“, stellte ich meinen Vierbeiner vor. Dieser war auch schon pitschnass. Das würde später lecker riechen, hoffentlich bekomme ich ihn später richtig trocken.
„Ihr solltet vielleicht gehen.“, bemerkte er. „Sonst werdet ihr noch krank.“

Im Grunde genommen hat er Recht. „Ja, das stimmt, jedoch solltest du eventuell Heim.“ Darauf zogen sich seine Mundwinkel leicht nach oben. „Ich werde es schon überleben.“, versicherte er und blickte in die Weite. Lediglich ein Nicken bekam er darauf von mir. Was anderes als Antwort fiel mir nicht ein. „Ich bin übrigens Leandra“, stellte ich mich ihm mal vor. „Freut mich dich kennen zu lernen. Ich heiße Levian.“, erwiderte er die Vorstellung. „Freut mich ebenfalls“, wieder nickte er. 

„Wieso stehst du hier?“, erkundigte ich mich. Er schwieg erstmal darauf und ich hatte Angst ihn jetzt vergrault zu haben. Kurz bevor ich gehen wollte, setzte er zum reden an.

„Wie gesagt. Es beruhigt mich. Kennst du das, wenn in deinem Inneren ein Sturm von Gedanken tobt, den du selbst nicht unter Kontrolle bekommen kannst?“
Sein Blick lag wieder auf mir. „Ja. Das kenne ich. Ein blödes Gefühl.“, murmelte ich, konnte ihn jedoch nicht anblicken.

Und es war wahr. Bevor ich Milo hatte konnte ich Nachts kaum schlafen. Zu groß war die Angst einen Grand Mal Anfall zu bekommen, oder gar einen Status epilepticus und niemand bekommt es mit, sodass ich am nächsten Morgen tot in meinem Bett aufgefunden werden würde. 

„Ein sehr blödes Gefühl. Deswegen komme ich hier her, um zu versuchen die Gedanken geordnet zu bekommen. Und wenn einem sonst niemand zuhört, kann ich auch hier stehen statt zuhause in meinem Bett zu liegen, bis es sich von selbst legt.“

„Ich stelle mir das echt schlimm vor, wenn einem nicht zugehört wird und man alles mit sich selbst ausmachen muss.“

Wenn ich überlege, dass ich nicht mit meiner Mutter über so gut wie alles reden könnte, wüsste ich wohl auch nicht, an wen wenden. Zur Not müsste wohl Milo herhalten und sich alles anhören.

„Es ist, wie es ist. Man kann nur das Beste drauß machen. Egal wie aussichtslos es scheint. Ich werde weiter machen und später das Leben leben, dass ich leben möchte. Mir ist es egal was andere davon halten. Es ist mein Leben.“, sprudelte es nahezu aus ihm raus. Ich musste lächeln. „Du schaffst das schon.“

Ein Lächeln kam von ihm. „Danke. Du schaffst das auch. Pass auf dich auf.“, beteuerte er, drehte sich um und ging.
Einen Moment lang schaute ich ihm noch nach. Auch ich lächelte nun. Schaute kurz zu Milo runter, welcher schon am tropfen war vor Nässe. Demnach machten wir uns ebenfalls auf dem schnellsten Wege nach Hause.

★★★★★

Jetzt sitzen wir zu zweit da, während ich tippe und Kiki mir kauend im Ohr sitzt;-;
~Jayu

Überarbeitet:✓

[ASDS] Life with an assistantWhere stories live. Discover now