Als er wieder zu Bewusstsein kam, bot sich ihm ein Bild des Schreckens. Raymond Christopher kniete mit erhobenen Händen vor einem Dhampir, der Matt nur allzu gut bekannt war: Daniel Morinelli, Chef des deutschen Vampirhändlerrings und meistgesuchte Person des Vampirministeriums. Er hielt seine Pistole auf Raymond gerichtet.

Auf Morinellis Gesicht zeigte sich ein Lächeln, dass seine kalten Augen nicht erreichte. Dann drückte er zweimal kurz hintereinander auf den Auslöser und Raymond Christopher sackte leblos mit zwei Löchern im Kopf in sich zusammen.

Aus seiner Hand glitt sein Mobiltelefon, auf dessen Display man noch sah, dass er die Nummer von Eduardo Christopher, seinem jüngeren Sohn und Chef des Vampirmilitärs, gewählt hatte.

Morinelli griff nach dem Handy und legte auf. „Jetzt brauchst du deinen Sohn und seine militärische Sondereinheit auch nicht mehr um Hilfe zu rufen." Er schmiss das Handy auf den Boden und trat beherzt darauf. Dann wandte er sich an seine Gefolgsleute.

„Zapft sein Blut ab, dann verschwinden wir von hier. Auf diese Weise hat der Alte wenigstens noch einen positiven Beitrag vor seinem Tod geleistet. Eine Schande, dass er zu viele mächtige Verbündete hat. So können wir es nicht wie sonst üblich riskieren, ihn als lebende Blutbank für Vampirblut zu halten, bis er nichts mehr hergibt."

Jetzt wanderten Morinellis Augen zu Matt herüber. Langsam und mit gezogener Pistole lief er auf den am Boden liegenden Dhampir zu. „Wen haben wir denn da, einen Zeugen? Heute ist dein Glückstag, denn du darfst dem Vampirministerium davon berichten, wer den alten Christopher umgelegt hat."

Er steckte die Waffe in ihre Halterung an seinem Hosenbund und trat Matt mit seinem schweren Stiefel voller Wucht vor den Kopf, was ihn komplett ausknockte.

Erst die lauten Sirenen der eintreffenden Feuerwehr und Krankenwagen weckten Matt wieder aus seiner Ohnmacht.

~

Am späten Abend klingelte das Telefon von Edmond Christopher, dem älteren Sohn von Raymond. Genervt schaute er auf das Display seines Mobiltelefons und sah eine unterdrückte Nummer.

Was war denn jetzt schon wieder? War dieser Tag nicht schlimm genug? Ja, er hatte richtig Scheiße gebaut, weil er seine Finger nicht von seiner Schwägerin Mercedes lassen konnte und ihn sein kleiner Bruder Eduardo mit ihr in flagranti erwischt hatte. Dafür hatte er auch eine ordentliche Tracht Prügel eingesteckt- er hatte sie verdient.

Außerdem war ihm Eduardo, der sich sehr früh einen Namen beim Militär des Vampirministeriums gemacht hatte und dieses Resort mittlerweile leitete, körperlich überlegen. Er hielt sich immer noch einen Kühlbeutel auf sein blaues Auge und der blutende Riss in seiner Unterlippe schmerzte, als er das Gespräch mürrisch annahm: „Was gibt's?"

„Spreche ich mit Edmond Christopher?", fragte eine ihm unbekannte Männerstimme.

„Ja. Wie kann ich Ihnen helfen?"

„Herr Christopher, ich rufe vom militärischen Sonderflügel des Vampirministeriums an. Es hat einen Vorfall bei dem Transport von Vampirblut ins EAS-College nach Italien gegeben und wir können Ihren Bruder Eduardo nicht erreichen."

„Welchen Vorfall?", fragte Edmond, der nun hellhörig geworden war.

„Es tut mir Leid, Herr Christopher, dass ich Ihnen schlechte Nachrichten übermitteln muss, aber es gab einen Angriff auf den Zug ihres Vaters, bei dem er ums Leben gekommen ist. Ich bitte sie darum, sich unverzüglich auf den Weg ins Vampirministerium zu begeben. Vielleicht können sie ihren Bruder erreichen. Er ist wie vom Erdboden verschluckt..."

Edmond erhob sich stöhnend von seinem Sofa. Offenbar hatte ihn Eduardo auch gut an den Rippen erwischt. „Ich mache mich unverzüglich auf den Weg."

Wie in Trance legte er auf, steckte das Handy in seine Hosentasche und verließ sein Junggesellen-Apartment.

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Zur gleichen Zeit lag Eduardo Christopher sturzbetrunken in der hintersten Kabine neben dem Klo einer Bar, nicht weit entfernt von seiner und Mercedes Wohnung.

Nachdem er seinen großen Bruder, sein Vorbild, mit seiner Frau, die er über alles liebte, im Bett erwischt hatte, ließ er sich bis zur Bewusstlosigkeit volllaufen. Dadurch verpasste er den vermutlich wichtigsten Anruf seines Lebens: den letzten Anruf, den sein Vater vor seinem Tod getätigt hatte.

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Nach diesem unglücklichen Ereignis tauchte Daniel Morinelli unter und wurde es längere Zeit sehr ruhig um die Vampirhändler.

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Und nun beginnt die Geschichte.

Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen,

Eure MJ

Unter Vampiren 1 - WATTY 2021 GEWINNER  (Deutsch/German)Where stories live. Discover now