Kapitel 1 "Rückkehr"

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Kapitel 1 "Rückkehr"

„Ich glaube ich bin fertig mit auspacken, Mom." Rufe ich nach unten, während ich meinen Koffer in meinem Schrank verstaue. Da sie nicht antwortet, gehe ich hinunter, um nachzusehen ob ich ihr irgendwie helfen kann.

Ich bin noch immer müde von der Reise und der langen Flugverspätung und wenn ich ihr nicht helfen muss, dann werde ich definitiv ein Nickerchen machen. Als ich die Waschküche betrete, kniet meine Mutter am Boden neben der vollgestopften Waschmaschine.

„Kann ich dir irgendwie helfen?" Frage ich sie und knie mich neben sie. Sie sieht mich an und lächelt etwas. Sie sieht auch müde aus. Kein Wunder. Es sollte illegal sein eine Flugverspätung zu haben, die länger als der eigentliche Flug dauert.

„Ich bin fast fertig, Schatz, danke. Geh und ruh dich etwas aus." Sagt sie und streicht eine Haarsträhne hinter mein Ohr.

„Ich hab die 5 Tage mit Dad und dir wirklich genossen." Sage ich, während ich aufstehe und lächle.

„Das haben wir auch. Ich denke dieser Tapetenwechsel hat uns allen dreien gut getan." Ich weiß was sie damit zu sagen versucht und ich will es nicht hören und ich will auch nicht darauf antworten.

Seit Adrian den BNMS besucht hat, vor der Reise nach Amsterdam, kann ich nicht aufhören an ihn zu denken. Ich habe meiner Mutter nicht erzählt, dass er da war, noch dass ich zugestimmt habe mich mit ihm zu treffen, wenn wir aus den Niederlanden zurückkommen würden. Ich weiß einfach nicht wie ich über alles, das in den letzten 6 Monaten passiert ist, denken soll.

Also murmle ich bloß ein gedämpftes Ja bevor ich die Waschküche verlasse und zurück in mein Zimmer gehe. Noch vor einer Minute bin ich furchtbar müde gewesen, aber jetzt bin ich hellwach und ziemlich sicher, dass ich keine Ruhe haben werde, jetzt wo meine Gedanken wieder gestartet haben.

Der Gedanke an Adrian lässt mich eine Wärme und zugleich Übelkeit in meinem Magen fühlen. Ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn wirklich. Aber andererseits fühle ich immer noch die Last, dessen was er mir angetan hat, auf meinen Schultern. Da ist immer noch dieses Gefühl von Verzweiflung tief in mir drinnen, wann immer ich an die Nacht des Abschlussballes denke.

Ich dachte der Tapetenwechsel würde mir helfen, alles für eine Weile zu vergessen. Aber ich verbrachte die meiste Zeit in Amsterdam damit, daran zu denken wie es wäre, wenn Adrian jetzt neben mir gehen würde. Und meine Mutter und Vater, die mir erzählten wie sie sich hier getroffen und verliebt hatten, halfen nicht unbedingt dabei. Deshalb bin ich jetzt zurück am Anfang und habe immer noch keine Idee was ich tun soll.

Seufzend lege ich mich auf mein Bett und hole mein Handy aus der Lade meines Nachttisches. Ich hatte es nicht mit in Amsterdam und ich habe nicht mehr draufgesehen seit meiner Abreise.

Als ich es aufdrehe, habe ich nur ein paar neue Nachrichten. Die meisten davon sind von Kara, die mir sagt ich soll unversehrt wieder zurückkommen und ein paar Fotos von holländischen Jungs machen. Ein paar davon sind von Ezra, der mich fragt ob wir irgendwann auf einen Kaffee oder ins Kino gehen. Seine Nachrichten bringen mich ein wenig zum Lächeln. Ich hatte ihm gesagt, dass ich 5 Tage im Ausland sein würde, aber so wie immer hat er das total vergessen. Ezra konnte von Zeit zu Zeit ziemlich zerstreut sein, aber auf süße Art und Weise.

Aber mein Lächeln verfliegt, als ich die letzte Nachricht sehe. Es ist nicht so sehr ihr Inhalt sondern ihr Absender. Die Buchstaben des Namens treffen mich hart, als würden sie ungeheuerlich hell leuchten.

Von: Adrian Price 
Ich weiß du bist immer noch in Amsterdam. Wollte nur fragen ob du immer noch auf einen Kaffee gehen willst wenn du zurück bist?

Hört sich diese Nachricht etwas unsicher an? Vergewissert er sich, dass ich keinen Spaß gemacht habe, als ich sagte, dass ich bereit wäre, nach meiner Rückkehr einen Kaffee mit ihm zu trinken? Irgendwie bringt mich das zum Lächeln. Sogar mehr als Ezras Nachrichten.

An: Adrian Price  
Ich bin zurück. Kaffee hört sich gut an. Hast du dein Auto schon wieder?

Ich weiß, dass meine Nachricht ein Gespräch starten wird, aber vielleicht ist das genau was ich möchte. Ich lege mein Handy neben mich auf die Matratze und warte. Und warte. Und warte. Es fühlt sich wie eine halbe Ewigkeit an, aber als ich die Uhrzeit checke sind nur 4 Minuten vergangen.

Beruhig dich, Tessa, sage ich mir selbst, Himmel, ich benehme mich wie eine 13-jährige, die ihren ersten Schwarm hat.

Aber da das Warten sich wie Folter anfühlt und nach einer Weile unerträglich wird, stehe ich auf und beginne durch mein Zimmer zu wandern. Ich sehe in meinen Schrank ohne wirklich nach etwas zu suchen. Ich ordne meine Sockenlade neu. Ich lege meine Kamera neben meinen Laptop, damit ich nicht vergesse die Fotos von Amsterdam bald darauf zu spielen. Und dann fällt mir etwas ein.

Ich öffne meinen Schrank wieder und hole meinen Koffer heraus. Ich durchsuche ihn, aber kann nicht finden wonach ich suche. Als nächstes durchsuche ich alle meine Taschen und Hosentaschen. Aber es ist nicht da. Das ist der Moment, in dem ich etwas in Panik verfalle. Ich weiß, dass es irgendwo sein muss. Ich erinnere mich bloß nicht daran, wo ich es hingelegt habe, nachdem ich es das letzte Mal getragen habe.

Aber da Mütter die ultimativen Finder von wirklich allem sind, gehe ich nach unten und in die Küche, wo meine Mutter sich gerade eine Tasse Kaffee brüht.

„Mom?"

„Ja?" Fragt sie und dreht sich zu mir um.

„Hast du meine Lieblingskette gesehen? Ich kann sie nicht finden."

„Es tut mir Leid, Schatz. Ich hab sie nirgends gesehen. Vielleicht taucht sie irgendwo in der Wäsche auf." Sie nimmt ihre Kaffeetasse und setzt sich an den Tisch. Ich lasse mich auch in einen Sessel ihr gegenüber sinken und denke darüber nach, wo ich die Kette das letzte Mal gesehen habe. Ich denke ich habe sie am letzten Abend in Amsterdam getragen, als wir in dieses feine Restaurant gegangen sind. Aber ich erinnere mich nicht, ob ich sie abgenommen habe, bevor ich ins Bett gegangen bin oder nicht.

Das laute Gähnen meiner Mutter reißt mich schließlich aus den Gedanken.

„Vielleicht solltest du ins Bett gehen, Mom, und nicht Kaffee trinken?!"

„Ja, du hast wahrscheinlich Recht. Aber dein Dad und ich müssen noch über die nächste Bestellung für den Shop sprechen und ich muss noch warten bis die Waschmaschine fertig ist. Und es ist erst 3 Uhr. Wenn ich jetzt ins Bett gehe, dann werde ich abends nicht schlafen können."

Gerade als ich ihr antworten möchte, vibriert mein Handy in meiner Tasche. Ich ziehe es schnell heraus und die Nachricht, die das Display erleuchtet, bringt mich zum Lächeln. Natürlich bemerkt meine Mutter meine plötzliche Stimmungsveränderung, aber sie sagt nichts und nimmt nur einen Schluck von ihrem Kaffee.

Von: Adrian Price 
Van haarte welkom! Wie war's? Du musst mir alles erzählen. Hast du morgen Zeit?

Die Nachricht ist so süß, dass ich noch breiter lächeln muss. Es hat sogar ein holländisches Willkommen nachgeschlagen. Ich schreibe schnell zurück.

An: Adrian Price 
Es war toll. Amsterdam ist großartig. Morgen hört sich gut an.

Ich bekomme sofort eine Antwort.

Von: Adrian Price 
Perfekt! Kaffee morgen um 2, Gary's Pub? x

Das x lässt mich kurz erschrecken, aber meine Laune ist zu gut, also beschließe ich nicht zu sehr darüber nachzudenken.

An: Adrian Price  
Hört sich gut an. x

Von: Adrian Price 
Kann's nicht erwarten dich zu sehen. x

Und auch wenn ich ihm das nicht schreibe, denke ich, dass es wahr ist, wenn ich sage, dass ich es auch nicht erwarten kann. Ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Ich will einfach herausfinden, wie es sich anfühlt, wieder mit ihm zu reden. Ob es sich richtig oder falsch anfühlt. Denn im Moment ist dieser kalte Stich in meinem Herz zu einem Minimum geschrumpft und die Aufregung darüber ihn morgen wiederzusehen, hat die Oberhand übernommen.

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