Erinnerungen - Rückblick

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"Und? Wie ist das Wasser?", fragt Thomas neugierig, wähend er sich eine seiner teuren Zigaretten anzündet.

"Gut. Aber mit dir wäre es noch besser.", antworte ich mit einem Schmunzeln auf meinen Lippen.

Er lehnt sich an das alte Waschbecken und zieht den scharfen Rauch des Tabaks durch seine Nase. Sein Blick liegt bohrend auf mir.

Irgendetwas anderes scheint an ihm zu nagen. Mal wieder.

"Wie war dein Tag?", frage ich ihn, in der Hoffnung etwas Information aus ihm raus quetschen zu können.

Er atmet erschöpft auf und masiert seine Schläfen. Die Asche fällt dabei von seiner Kippe und hinterlässt einen kleinen schwarzen Punkt auf der Keramik des Waschbeckens.

Polly hatte gerade erst alles frisch geputzt.

Gab es hier nicht eigentlich eine Hasufrau? Wieso putzt Polly dann hier? Komisch.

Er bleibt still, als wenn er gerade mit sich selbst diskutieren würde, ob er nun von seinem Tag erzählen soll oder nicht. Er ist immer so verschlossen. So unzugänglich. Als wenn ich ihn jedes mal brechen müsste, bevor ich zu ihm durch dringen kann.

Ich strecke meine Beine und lasse sie über den Badewannenrand hängen.

Meine Knöchel sind Blau von den unbequemen Schuhen, mit denen ich Tag ein Tag aus rumstolziere. Ich habe noch nie verstanden warum wir Frauen immer diese Fußstörer tragen müssen. Gleichzeitig sollen wir auch klein und zierlich sein. Komisch.

So viel kommt mir in letzter Zeit komisch vor.

"Mein Tag war so wie immer. Voller hinterhältiger Bastarde. So viele Judas ähnliche Brüder.", murmelt er plötzlich.

Für einen Moment habe ich das Gefühl, dass sich seine Wut mit der feuchten Luft im Badezimmer vermischt und eine noch unerträglichere Schwere in meiner Kehle bildet.

Doch dann löst er sich aus der angespannten Starre und setzt sich an das Ende der Badewanne. Ich zucke kurz zusammen, als seine kalten Hände meine Knöchel berühren.

"Du solltest weniger in diesen Schuhen herumlaufen.", murmelt er.

Seine Stimme ist plötzlich viel tiefer und sanfter. Als hätte er die schmutzigen Worte von eben einfach so abgelegt und vergessen.

Nur mir fällt es nicht so einfach, ich hasse es wenn er so voller Hass redet.

"Ja, ich hab mich auch gerade gefragt warum ich die überhaupt noch trage.", lache ich unsicher auf, in der Hoffnung auch auf seinen Lippen ein Lachen erkennen zu können.

Doch der philosophische Blick bleibt in seinem kalten Gesicht und ich verstumme.

Seine Hände fühlen sich trotz ihrer ganzen Arbeit so angenehm um meine Füße an.

Er massiert sie liebhaft mit seiner einen Hand und raucht weiter an dem kleinen Zigarettenstummel.

Noch nie wurde meinen Füßen so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie jetzt.

Und trotzdem nagt seine Stimmung an mir. Dieses schwere Gefühl auf seinen Schultern, was ihn so unantastbar scheinen lässt. Er bleibt ruhig.

"Thomas.", fang ich plötzlich instinktiv an, während ich meine Füße aus seiner Hand ziehe und im warmen Wasser versenken lasse,

"Du wirkst schon wieder so so weit weg. Ich weiß, dass deine Arbeit alles andere als einfach ist aber ich dachte du würdest dich bei mir wohl fühlen. Ich erwarte nicht von dir komplett überall präsent zu sein oder immer da zu sein oder immer gut drauf zu sein aber keine Ahnung. Es tut weh dich so zu sehen. Ich weiß auch nicht."

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⏰ Last updated: Apr 14, 2021 ⏰

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Einmal eine Shelby - Immer eine ShelbyWhere stories live. Discover now