(9)

38 0 0
                                    




Ich hob meinen Blick, den ich auf ein Buch gerichtet hatte und sah wie er humpelnd auf mich zu kam. «Wie geht es dir? Konntest du noch lange schlafen?», fragte er und setzte sich neben mich hin. Als ich das Buch geschlossen hatte, lehnte ich mich nach vorne und legte das Buch auf den kleinen Glastisch vor uns ab. «Ich konnte lange genug schlafen», antwortete ich knapp und rutschte auf dem Sofa hin und her. «Ich habe noch darüber nachgedacht», begann er, legte seine Hand auf meine die auf meinem Knie ruhte. Die andere stütze ich auf dem Sofa auf. «Irgendwann müssen wir das zwischen uns klären», fuhr er mit einem Seufzer weiter. «Und ich will das auch.» «Aber?», hackte ich nach, denn es hörte sich sehr stark nach einem "Aber"-Satz an.
«In diesem Zustand bringen wir nichts hin und ich meine, den Zustand meine ich deine Arbeit.»
Sichtlich wissend was er von mir wollte, zog ich die Hand aus seiner. «Du weisst ich werde nicht so schnell kündigen, jetzt wo ich einen Job habe», stellte ich sogleich klar und rutschte etwas von ihm weg, um etwas Distanz zwischen uns zu bringen, da es mir momentan nicht wohl war. Darauf schien er keine Antwort zu wissen und stand auf. Seine Finger verschwanden in seinen hellbraunen Haaren. «Warum genau nicht?»
Sein Rücken war mir zugekehrt, seine Hände hatte er bereits gesunken. «Sie sind mir wichtig geworden und sie mögen und akzeptieren mich.» «Auch nur weil Christiano und Gareth dich mögen», gab er von sich und drehte sich wieder mir zu. Mein Handy machte sich bemerkbar. «Lass diese Bemerkung», ich erhob mich und lief auf die Kochinsel zu. «Wieso, ich meine es stimmt ja. Durch Christiano wärst du nie an diesen Job gekommen.» «Ich habe den Job erhalten, weil ich potential hatte», konterte ich und hob das Handy hoch. «Entschuldige mich, mein Chef ruft mich an.»
Sagen tat er nichts mehr, sondern zeigte auf, dass ich den Anruf entgegen nehmen sollte. «Ja?»
«Hey Jade, alles Gute zum Geburtstag erstmal», meldete sich Pablo, mein Chef und zauberte mir sofort ein Lächeln auf die Lippen. «Danke dir, Pablo. Was gibt es denn?»
Der ältere Mann seufzte. «Auch wenn ich es hasse, muss ich aus deinem freien Tag entbehren. Ein Spezial-Training wurde verordnet und wir brauchen dich. Jemand ist kurzfristig ist krank geworden.» «Kein Problem, ich hatte nicht viel vor heute, als kann ich gut einspringen.» «Wirklich?», fragte er und man hörte deutlich die Erleichterung. «Vielen Dank, dafür springt natürlich auch was für dich raus. Dafür schaue ich.»
Ich lachte. «Mach dir keine Sorgen, das muss nicht nötig sein.» «Und wie. Also mach dich auf den Weg und bis später!»
Ich verabschiedete mich und drehte mich schliesslich zu Antoine um. «Ich werde gebraucht, also können wir wohl nicht gross feiern.» «Dann feiern und reden wir später», winkte er ab und machte sich auf den Weg zur Treppe. «Machen wir.»


Seit meinem Geburtstag kehrte nur ein kleiner Teil Normalität ein. Antoine und ich verliessen nur ab und zu das Haus. Sei es für ihn die Rehabilitation seines Fusses oder sonstige Meetings. Ich verliess das Haus natürlich, wenn ich Arbeiten oder einkaufen gehen musste. Was das Reden anbelangte waren wir nicht weitergekommen, also wurde es mir auch langsam egal. Er schien mehr und mehr wieder in seine Arbeitswelt hineinzukommen, da er bald wieder auf dem Feld stehen konnte. Die Abende verbrachten wir gemeinsam, jedoch schweigend. Doch dieser Abend verlief etwas anders. Antoine hatte später als sonst eine Reha-Session und kam daher auch erst nach dem Abendessen nach Hause. «Jade», begann er, setzte sich zu mir an den Tisch. Vor mir stand eine aufgewärmte Portion Nudeln. «Für dich steht es noch in der Mikrowelle», sagte ich sogleich. «Ich komme direkt zum Punkt.» «Okay», gab ich zögerlich von mir, dass er meinen Hinweis komplett ignoriert hatte. «Ich glaube wir sollten das zwischen uns beenden.»
Ich stellte meinen Kopf schräg, liess die angehobene Gabel sinken. «Woher der Sinneswandel?» «Wie kommst du darauf?», fragte er etwas verwirrt. Ich legte die Gabel ganz ab und stiess den Teller von mich. «Du warst immer derjenige, der dafür kämpfen wollte und jetzt kommst du mit so einer Aussage», äusserte ich mich und stellte meinen Kopf schräg. «Du redest nicht darüber. Wie kann ich mir dann sicher sein dass du mich überhaupt noch willst? Ich bin immer der, der die Gespräche ankurbelt.»
Im Wissen, dass er einen Wunden Punkt getroffen hatte, presste ich meine Lippen zusammen und drehte meinen Kopf zur Seite. «Ja, weil ich das einfach nicht kann.» «Und warum nicht?», hackte er sogleich nach und versuchte den Blickkontakt mit mir zu suchen, wobei es miserabel misslang. Das letzte was ich brauchte war, seine Augen, die sich in meine bohrte und mich komplett redeunfähig machten. «Weil ich Angst habe falsch zu liegen.»
Stille erfüllte den Raum. Sie wurde so unerträglich laut, dass ich aufstehen musste. Irgendetwas musste doch geschehen. «Dann kann ich das nicht länger», unterbrach er endlich die Stille. «Ich kann nicht eine Beziehung mit jemanden führen, der Angst davor hat zu diskutieren.»
Tränen stiegen in meine Augen, begannen meine Sicht zu vernebeln. Schnell drehte ich ihm den Rücken zu und wischte sie weg. «Nein», sagte ich und drehte mich, als ich mich wieder gefasst hatte um. «Nein?» «Gib mir bitte Zeit, ich werde das noch hinkriegen», sagte ich leise und umrundete den Tisch. «Wie lange noch?», sagte er und hörte sich wehleidig, gar ungeduldig an. Darauf hin wusste ich keine Antwort und schwieg wieder. «Siehst du, du weisst es selbst nicht», gab er von sich und drehte sich weg. «Du kannst die Nacht noch hier bleiben», meinte er und lief zur Treppe. «Bitte», versuchte ich es erneut. «Ich werde gehen, aber gib mir noch eine Chance. Legen wir eine Pause ein und ich werde lernen mich auszudrücken  und den ersten Schritt machen.»
In der Mitte der Treppe blieb er stehen, blickte zu mir herunter. Mit grossen Schritten trat ich auf die Treppe zu, blieb davorstehen und blickte hoch. Auch wenn er es versuchte zu verstecken, schaffte er es nicht, die Entscheidungsschwierigkeit in seinen Blick zu verstecken. Er wollte nur damit abschliessen und mich nicht mehr sehen. Aber das wollte ich nicht. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, als er die Treppen hinabstieg und vor mir stehen blieb. «Wenn du das so willst», meinte er. Ich nickte. «Bitte.»

Ein letztes Mal blickte ich zum Haus zurück bevor ich mich an die Bushaltestelle stellte. Antoine hatte keine Zeit mich zum Stadion zu bringen, also musste ich wohl oder übel mit dem Bus vorliebnehmen. Als ich im Stadion angekommen bin begrüsste mich sogleich Gareth, der als letzter noch in der Umkleidekabine sass. «Woher hast du den Koffer?», fragte er sichtlich überrascht. «Antoine», sagte ich nur und schluckte die aufkommenden Tränen so gut es ging hinunter. «Diesmal endgültig?»
Ich verneinte. «Eine erneute Pause?», Christiano trat in den Raum ein, stellte sich neben Gareth auf. «Jap», sagte ich kurz und knapp. Ehe die beiden darauf eingehen konnte, wurden wir unterbrochen. «Bale & Ronaldo, ab auf den Platz und aufwärmen!», befahl eine Stimme. Ich konnte ausmachen, dass es Pablo war. Die Jungs nickten und verschwanden. «Jade, gut, dass du hier bist.»
Er stellte sich vor mir auf. «Komm schnell mit in die Cafeteria. Ich spendiere dir ein Kaffee», sagte Schwarzhaarige. «A-aber das Spiel und mein Job», begann ich, wurde jedoch mit einem Blick zum Schweigen gebracht. «Komm bitte mit mir und lass den Koffer da.»
Schweigend folgte ich ihm in die Cafeteria. Nachdem wir uns etwas zu trinken geholt hatten, setzten wir uns gegenüber an einen zweier Tisch. In seiner Hand entdeckte ich ein Mäppchen. Nachdem ich einen Schluck von meinem Getränk genommen hatte, begann er schliesslich. «Es fällt mir sehr schwer», begann er und öffnete das Mäppchen. In mir staute sich ein ungutes Gefühl an. «Auch wenn es aus dem Nichts kommt, es haben sich ein paar Spieler beschwert, dass eine Frau zu den Physioleuten angehört.»
«Und jetzt wollen sie mich wirklich rauswerfen?», fragte ich fast den Tränen nahe. «Es tut mir so leid. Ich mochte dich wirklich, aber es lag nicht mehr in meiner Hand.»
Er schob das ausgepackte Dokumente mir über den Tisch zu und stand auf. «Soweit ich weiss hast du nichts mehr bei uns in den Schränken, oder?», ich schüttelte den Kopf und stand ebenfalls auf. «Ich muss leider auch schon weiter. Aber», er hielt inne und stellte sich vor mich hin, legte beide Hände auf meine Schultern. «Du wirst etwas finden, dass dich erfüllt. Glaub mir.» «Danke», flüsterte ich und konnte nun nicht mehr eine Träne vermeiden. Aufmunternd lächelte er mir zu, löste die Hände von meiner Schulter und verschwand aus meinem Sichtfeld. Eine Weile blieb ich so stehen, ehe ich mich dem Tisch widmete, das Getränk austrank und mich auf den Weg machte um meinen Koffer zu holen. In der Mannschaftkabine angelangt, wurde ich von Christiano empfangen. Er schien etwas vergessen zu haben und war nur zufällig dort. «Wo warst du? Wir haben schon begonnen.»
Traurig begann ich zu lächeln. «Darum muss ich mich nicht mehr kümmern.»
Unverständlich blickte er mich an, ehe er begriff. «A-aber warum?», fragte er und trat auf mich zu, schloss mich in die Arme. Also war ihm die Unannehmlichkeiten seines Teams nicht bewusst obwohl er Teamkapitän war?


...

Pour toi 3 - Une nouvelle chanceDove le storie prendono vita. Scoprilo ora