1. Nothing

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Leere.

Das war das Einzige, was sie umgab.

Eine schier endlose Leere, die ihr jegliches Zeitgefühl nahm.

Wie lange schon schwierte ihr Bewusstsein durch das Nichts?

Tage, Monate oder doch Jahre?
Das wusste die Seele nicht, aber was sie wusste war eines:
Sie war tot.
Doch den Tod hatte sie sich wahrlich anders vorgestellt. Weniger einsam.
Zwar meinte sie manchmal ein fernes Flüstern zu hören, aber das bildete sie sich wahrscheinlich ein, während sie sich erdrückt fühlte.
Erdrückt von der Leere, die sie nahezu in den Wahnsinn trieb.
Oder war es doch eher sie selbst, welche sie dahin trieb. Zerfressen durch ihre eigenen Zweifel, ihre Gedanken, die ihr als einziges Gesellschaft leisteten?

War sie wirklich so nutzlos gewesen, in ihrem letzten Kampf?
Dem Kampf, in dem sie alles verlor, was ihr wichtig war.
Dem Kampf, in dem ihre Freunde und Gefährten vor ihren Augen einer nach dem anderen niedergemetzelt worden sind.
Sie konnte, nein, sie wollte es nicht wahr haben?
Es war ihr unmöglich dieses Schicksal zu akzeptieren.
Das Einzige was sie wollte, war es diesen Tag zu vergessen.
Doch zu sehr war dieses Ereignis in ihre Erinnerungen eingebrannt.
Immer wieder wurden ihre Gedanken zurück geworfen.
Immer wieder fragte sie sich, was sie hätte tun können um ihren Tod zu verhindern, um sie zu beschützen?
Aber sie kannte die Antwort nicht.

Die Seele versuchte sich zwar Abzulenken, in dem sie sich auf ihre anderen Erinnerungen konzentrierte, aber ihre Gedanken kamen immer wieder zurück. Zurück zu dem einzigen Tag in ihrem einstigen Leben, wo sie ihre Entscheidungen bereute.

Bereuen. Es war das erste Mal seit ihrem Tod, das sie realisierte, das sie etwas bereute. Zu lang und zu groß war der Schock gewesen und zu tief lag der Schmerz, als das sie es hätte realisieren können.
War dies der Grund warum sie sich in dieser Leere befand?
Weil sie Reue empfand?
Reue für die Vergangenheit?
Reue für etwas, was sie nicht mehr ändern konnte?
Etwas, was sie akzeptieren musste?
Die Wahrheit dessen, was sie hätte tun können?

Nichts.

Nichts, was sie hätte tun können, hätte das Ergebniss geändern.
Ihre Freunde?
Bei ihnen suchte sie die Schuld gar nicht erst, denn sie wusste schon, dass auch ihre Freunde in jeglicher Hinsicht machtlos gewesen waren.
Sie suchte die Schuld nur bei sich, aber die Wahrheit war, das niemand Schuld hatte.

Niemand hatte erwartet, das sie plötzlich einem solch mächtigen Gegner gegenüber stehen würden.
Wie aus dem Nichts war plötzlich dieses Monster aufgetaucht.
Nichts konnte sie auf diese Begegnung vorbereiten.

Nichts.

Und nichts ließ sich jetzt noch ändern.

Sie akzeptierte es.

Ihre Seele fand endlich Ruhe.

Bestätige, [Seelenruhe] erfolgreich erworben.

Diese Stimme. Sie kannte sie.
So lange war es her das sie sie gehört hatte. Oder war sie das Flüstern, das sie meinte sich eingebildet zu haben?
Die Stimme der Welt.
Aber dies hieße dann, dass ihre Reise noch nicht zu Ende war. Sie bekam eine zweite Chance.
Sie begann zu warten, auf das, was sie erwarten würde in ihrem neuen Leben.
Und sie wartete lange, aber im Vergleich zu der ewigen Leere in der sie sich zuvor befunden hatte, war es nur ein kurzer Augenblick.

Zuerst fühlte sie Wärme, dann allmählich kamen Geräusche hinzu. Das Rauschen des Windes, der Gesang von Vögeln, manchmal auch das Zirpen von Grillen und Zikaden, sie musste viel an der frischen Luft sein, dass sie all dies hören konnte.
Aufgeregt versuchte sie sich immer wieder zu bewegen, aber es brachte nichts, es war zu eng.
Zu eng? War sie etwa irgendwo eingeschlossen? Wurde sie komplett neu geboren? Immer wieder kam sie an die Wände seines vorübergehenden Gefängnisses und mit der Zeit wurde es immer enger, bis hin zu dem Punkt, das sie beinahe gar keinen Platz zum Bewegen mehr hatte.
Es reichte ihr, sie wollte endlich frei sein. Sie wollte herausfinden, ob ihre Freunde eventuell auch wiedergeboren worden sind.
Sie sammelte ihre Kräfte und stieß so gut es ging mit ihrem Kopf immer wieder gegen die harte Schale seines Gefängnisses. Tatsächlich gab es mit knacken nach. Mit schriller Stimme schrie sie erfreut über ihren ersten großen Erfolg im neuen Leben "Freiheit!", während sie der plötzliche Umschwung an Helligkeit kurz blendete. Doch erstaunt stellte sie fest, das sie keine menschlichen Worte mehr von sich gab, sondern nur schrilles Gezwitscher. Nach dem sich ihre Augen dann an das Licht gewöhnt hatten, erblickte sie zum allerersten Mal in ihrem neuen Leben ihre Eltern, während um sie herum auch ihre Geschwister schlüpften.

Sie waren von einer Spezies, die sie bereits in ihrem vorherigen Leben bewundert hatte.
In strahlendem Gefieder gehüllt und von eleganter Statur standen diese Vögel über ihr und soweit sie wusste kam diese Art damals nur an einem Ort vor.

Es waren Ignis-Jura-Vögel aus dem fast gleichnamigen großen Jura-Wald.

That Time I Got Reincarnated As A Slime - Wandering Souls [GERMAN]Where stories live. Discover now