~8 Wie in der Mikrowelle

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Ich grinste über das ganze Gesicht. Es stimmte, ich konnte fühlen. Es war, als würde ich mich gerade ganz langsam in der Mikrowelle drehen. Das Eis schmolz dahin, genau wie ich, wenn ich an ihn dachte. An seine Augen, seine Lippen, seine Hände an meiner Taille... Ich könnte jetzt für immer weiter aufzählen.

Ich lümmelte schon den halben Tag auf meinem Bett. Ich litt unter hochexplosiven Stimmungsschwankungen. Als allererstes wäre da mein armes, mit der Situation völlig überforderte, Herz, das in einer rekordverdächtigen Geschwindigkeit pochte. Dann wieder die Trauer. Ich würde Alec höchstwahrscheinlich nie wieder sehen. Es schlitzte mich von innen auf, das zu denken, obwohl ich ihn gar nicht richtig kannte. Als nächstes noch die Freude darüber, dass sich das Eis von mir löste und ich wieder, oder wohl eher immer noch, volle Gefühlsfreiheit hatte.

Ja, eindeutig heftige Stimmungsschwankungen.

Langsam rappelte ich mich hoch und taumelte natürlich erst mal.

Verdammt, warum stolpere, taumle oder falle ich immer hin? Ich heiße ja schließlich nicht Bella Swan!

Mit einem Grinsen auf den Lippen ging ich in's Bad und stellte mich unter die Dusche. Als das warme Wasser auf meinen Kopf prasselte, wachte ich endlich so richtig auf. Normalerweise wachte ich immer ziemlich spät auf und schlief dann trotzdem nochmal ein. Wie heute auch, aber irgendwie schlief mein Körper noch. Auch mein Hirn war auch noch auf seinem morgendlichen Tiefpunkt. Das änderte sich jetzt.

Ich stellte das Wasser einmal kurz auf die kälteste Stufe, wartete bis es kurz vor dem Gefrierpunkt, ok vielleicht ein bisschen übertieben, aber es war trotzdem eiskalt,war und ließ mich von dem unbarmherzigen Wachmacher berauschen. Das machte ich immer so, es tat irgendwie gut. Nach zehn Sekunden drehte ich das Wasser ab und zitterte am ganzen Körper. Ich schlang mir das Handtuch um und zog mich anschließend um. Die Haare ließ ich jetzt einfach an der Luft trocknen, ich hatte keine Lust sie zu föhnen. In meiner Lieblingsjogginghose tappte ich runter in die Küche, machte mir Cornflakes und ließ mich mit dem besten Essen auf der ganzen weiten Welt auf die Couch plumpsen. Wobei ich, ungeschickt wie ich war, die Hälfte auf meinem Pulli verschüttete.

Super, Joe! Jetzt darfst du dich nochmal umziehen!

Jetzt stapfte ich grimmig wieder nach oben in mein Zimmer und zog mir ein Sweatshirt über. Danach düste ich wieder zurück zu meinen heißgeliebten Cornflakes, schüttete noch etwas Milch dazu und ließ mich dieses mal LANGSAM auf die Couch sinken und fing an dieses leckere Zeug in mich reinzuschaufeln. Yummy!!

Siehst du? Da bist du doch noch zu deinen Cornflakes gekommen.

Ich sah ein wenig fern und beschloss dann, Eve zu besuchen. Ich schrieb ihr noch schnell eine Nachricht, dass ich gleich bei ihr aufkreuzen würde und fuhr dann auch gleich los. Mom und Henry waren ja eh auf der Arbeit und ich hätte mich nur gelangweilt.

Als ich bei ihr ankam und klingelte öffnete blöderweise niemand die Tür und dann machte es Klick! Die ganze Familie Gladers war ja heute Möbel-Shoppen!!

Nachdenken, dann losfahren!

Ich klatschte mir mit der flachen Hand auf die Stirn. So dumm konnte wirklich nur ich sein! Naja dann würde ich mich halt anderweitig beschäftigen.

• • • •

Mit einer heißen Schokolade in der Hand lief ich jetzt durch die Straßen Wellingtons. Ich genoss die neuseeländische Luft jedes mal auf's Neue. Ich legte jetzt den Kopf in den Nacken und lief ein Stück weiter, es war einfach ein wunderschöner Tag!

Aber auf einmal war mein Kakao nicht mehr in meiner Hand, sondern befand sich auf dem weißen T-Shirt von... Alec.

Ich stand jetzt da wie eine Salzsäule. Ich wollte mich wirklich entschuldigen, aber ich brachte nichts über meine Lippen. Diesen Part übernahm dann wohl er.

"Man, pass doch auf!"

"Tut mir wirklich Leid! Ich bin so ein Trampel!"

Schockiert sah er von seinem mittlerweile braunen Shirt auf und mir direkt in die Augen.

Zackbumb.

Pause! So fühlte es sich an. Meine Welt blieb mal wieder stehen und ich hörte wieder die Mikrowelle summen.

"Oh, hi Joe! Sorry, dass ich dich so angemault habe!"

"Macht ja nichts! Ich hätte wahrscheinlich genauso reagiert. Es ist ja nicht so, als wäre es schön voll Kakao geschüttet zu werden. Vor allem nicht auf ein weißes T-Shirt."

Endlich hatte ich meine Stimme wiedergefunden. Es war schrecklich und gleichzeitig so schön, was er mit mir anstellte. Ich stand wirklich kurz vor einem Herzstillstand.

"Ja, aber jetzt habe ich dich um deine heiße Schokolade gebracht."

Er sah mich mit einem riesen Schmollmund an und ich konnte mich nicht mehr halten. Ich prustete los, ich konnte nicht anders. Wie er jetzt da mit dreckigem Shirt dastand und die Lippen nach vorne schob.

"Ja, du schuldest mir jetzt definitiv eine Tasse warmen Kaba!"

Ich zwinkerte ihm zu und jetzt fing auch er an zu lachen, was mir eine riesen Gänsehaut über den Rücken jagte.

"Na dann mal los, Miss Winters!"

Meine Kinnlade landete gerade vor mir auf dem Boden. Eigentlich meinte ich das als Scherz, aber ok?!

Er hielt mir seinen linken Arm hin und als ich nicht reagierte, seufzte er, schlang seinen Arm um mich und schob mich neben sich her.

Jetzt liefen wir gemeinsam die Straße entlang. Alles was ich spürte war Alecs Arm an meiner Taille.

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