Kapitel 21 - Schachrunde

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"Sag mir bloß nicht, dass du eines der Mädchen warst, die gelernt haben während ihre Freunde feiern gegangen sind", kommt es von Kuina, die das Spiel aufmerksam mitverfolgt. An ihrer Stimmlage kann ich erkennen, dass sie anscheinend nie weit kam gegen Chishiya, bevor sie Schach matt gesetzt wurde.

"Machst du Witze. Ich war als Erste in den Clubs und bin als Letzte wieder gegangen", lache ich und tätige meinen nächsten Zug, "Ich lerne einfach schnell"

"Hast du noch andere versteckte Fähigkeiten?"

"Klar doch", lache ich und überlege mir etwas banales, was man nicht gegen mich verwenden könnte, "Mein selbstgemachtes Thaicurry ist fantastisch"

"Und das sagst du erst jetzt?", lacht sie fröhlich, "Dann weiß ich ja, was wir heute Abend essen"

"Hilfst du mir dann beim kochen?"

"Lieber nicht, ich kann nicht kochen. Ich habe schon zwei Mal meine Küche in Brand gesetzt bei dem Versuch"

"Ist mir auch schon öfters passiert", sage ich und lache herzlich mit ihr. Chishiya sieht nicht auf, doch an seinem Kopfschütteln kann ich erkennen, dass er nicht versteht, warum wir über so etwas lachen.

"Vielleicht solltest du das dann mit dem Kochen sein lassen. Oder willst du das Hotel niederbrennen?", meldet er sich monoton und zieht seine Dame auf e5.

"Du kannst mir ja Gesellschaft leisten"

"Mhm. Wenn du es schaffst in den nächsten drei Zügen nicht matt zu gehen"

Herausfordernd sieht er zum ersten Mal vom Brett auf. Drei Züge? Ich sehe ihn verwirrt an und dann auf das Brett. Anscheinend habe ich etwas übersehen. Ich hatte schon vermutet gegen ihn zu verlieren, aber wenn dann möchte ich den Grund wissen und aus meinem Fehler lernen. 

"Der Springer", verdrehe ich die Augen und er grinst nur leicht. Ich versuche mich zu konzentrieren und lasse mir mehr Zeit. Mir ist bewusst, dass ich verliere, ganz gleich was ich mache. Aber den Deal werde ich nicht verlieren. Nach drei Zügen lacht Kuina laut auf und schlägt mir freundschaftlich auf den Arm. 

"Ich kann es kaum erwarten dich in einer Küchenschürze zu sehen Chishiya", lacht sie immer noch und bei der Vorstellung versuche ich mir ein Lachen zu verkneifen.

"Es hieß Gesellschaft leisten und nicht die Küchenhilfe zu werden", wendet er ein und macht seinen nächsten Zug. Ich kann noch einen Zug machen, bevor ich matt gehe. 

"Du hast vielleicht das Spiel gewonnen, aber ich unsere Wette", sage ich nur knapp und an seinem Lächeln kann ich erkennen, dass es sein Plan gewesen war. Er würde keine Wette freiwillig eingehen, bei der er verlieren würde. Das bedeutet es wäre gleichgültig gewesen, ob ich gewinne oder nicht. In Wirklichkeit hätte er in jedem Fall gewonnen. 

"Du warst gut", sagt er, als er meinen Gesichtsausdruck sieht und er scheint genau zu wissen, was in meinem Kopf vorgeht. 

"Wo ist eigentlich Izumi?", fragt Kuina mich neugierig und ich lasse mich leicht lachend in den Sitz zurück gleiten. Chishiya scheint den gleichen Gedanken zu haben und Kuina sieht uns  abwechselt an.

"Dir ist es nicht aufgefallen?", meint Chishiya und steckt sich die Hände wieder in seine Westentaschen.

"Was denn?"

Sie sieht uns beide abwechselnd fragend an. An Chishiyas gehobenen Augenbrauen kann ich sehen, dass er darauf wartet, dass Kuina die Antwort selbst herausfindet. Doch ihr scheint nichts einzufallen und sieht immer verwirrter aus.

"Sie ist bei Yuudai", erlöse ich sie. Ihr Blick verrät mir jedoch, dass sie es immer noch nicht versteht und ich verkneife mir ein Lachen.

"Was macht sie da?"

Ich sehe leicht hilfesuchend zu Chishiya und wir arbeiten anscheinend beide daran, uns das Grinsen zu verkneifen. Ich sehe wieder zu Kuina und tausche einen bedeutsamen Blick aus, um sie nicht länger im Dunkeln tappen zu lassen.

"Ihr meint....", sie schaut zu Chishiya, welcher nur bestätigend nickt, "Seit wann?"

Schwer zu sagen wann das zwischen den beiden angefangen hat. Ich wollte es auch nicht vor ihr erwähnen, vielleicht wäre ihr das unangenehm. Die beiden werden schon ihre Gründe haben, es geheim zu halten. Wie ich die Situation einschätzen konnte, führen sie aber eine offene Beziehung. Sie haben sich so bemüht es geheim zu halten, aber ihre Blicke haben sie verraten.

"Erst seit einigen Tagen", sagt Chishiya, doch Kuina scheint immer noch verwirrt.

"Und ihr habt es beide gewusst und mir nichts gesagt?"

Izumi und Yuudai fingen an, sich über den Raum hinweg anzusehen und lachten mehr, ohne ersichtlichen Grund. Bei einem dieser bedeutenden Blicke von Izumi zu Yuudai ging mein Blick danach zu Chishiya, welcher es auch gesehen hatte. Er grinste mich nur an und nickte, da verstand ich, dass er es auch wusste. 

"Wir haben nie miteinander darüber gesprochen und es war ziemlich offensichtlich", sage ich leicht entschuldigend.

"Was war offensichtlich?"

"Die Blicke", beginne ich mit der Aufzählung.

"Das verschmitzte Grinsen", steigt Chishiya ein und ich kann fühlen, wie sich stumm ein neuer Wettbewerb zwischen uns aufbaut, wer mehr Signale bemerkt hat.

"Sie gingen früher auf ihr Zimmer als sonst"

"Er hat manchmal nach ihrem Parfum gerochen"

"Sie hat einmal mit seinem Duschshampoo geduscht"

"Er verbrachte mehr Zeit mit euch"

"Sie trug beim Frühstück vor zwei Tagen eines seiner Oberteile"

Kuina lacht laut und sieht uns beide nur Kopfschüttelnd an: "Das könnt ihr den ganzen Tag lang, was?"

"Nein", sage ich, sehe zu Chishiya und stehe auf, "Schließlich müssen wir noch kochen, um achtzehn Uhr in der Hotelküche"

Ich steuere die Treppe an und kann Kuinas Lache noch an der Treppe hören. Zufrieden steuere ich mein Zimmer an, um noch ein wenig in meinem Roman zu lesen.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt