Kapitel 33 - Wetteinsatz

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Erschrocken sehe ich zu ihm, doch er erwidert meinen Blick nur mit einer gewissen Kälte. Er dürfte nicht von Light wissen, das ist unmöglich. Ich habe ihn niemals erwähnt, darauf habe ich besonders geachtet. Nicht vor Kuina, nicht vor Izumi oder sonst wem. Hat Norikita ... nein, das würde sie niemals tun. Bei allem was sie über mich erzählen könnte, wäre es eines der schlimmsten Dinge. Habe ich vielleicht bei meinem Spiel mit Niragi seinen Namen gesagt? Chishiya ist intelligent, aber niemals könnte er von meiner Halluzination wissen. 

"Die Jacke", sagt er nach einer Zeit, als ich nicht antworte. Ich verstehe. Die Collegejacke von Light, aber wie kann er daraus schließen, dass ich Light kenne. Als er in meinem Zimmer war, befand sich die Jacke unter meinem Bett in der Sporttasche. Er hat sie nur bei meinem ersten Spiel und im Konferenzraum gesehen. Aber ich glaube zu wissen, weshalb er genau diese Frage gestellt hat. Die Jacke ist der einzige persönliche Gegenstand, den ich bis auf das Armband meiner Großmutter mit mir führe. 

Er ist um Längen besser, als ich dachte. Wie konnte er sich überhaupt noch daran erinnern, seit dem ist so viel passiert. Für einen Moment überlege ich mir, ihm einfach irgendetwas zu erzählen. Dass Light mein bester Freund ist, dass wir Nachbarn waren oder dass er zur Familie gehört. Doch Chishiya würde jede dieser Lüge bemerken. Sein Blick ist eisern und ich weiche ihm aus, es fühlt sich seltsam an hier mit ihm zu sitzen und über Light zu reden.

Aber er hat unsere Wette gewonnen, ich würde von ihm auch Ehrlichkeit erwarten.

"Ich war in ihn verliebt", antworte ich und sehe wieder zum Meer. Ich spüre ein leichtes Ziehen in der Brust und bei dem Gedanken an Light schließe ich kurz die Augen, damit sich keine Tränen bilden. 

"Und bist du es immer noch?"

Ich sehe wieder in Chishiyas dunkle Augen und antworte zunächst nicht. Er hat die Wette gewonnen und damit eine Frage. Diese hatte er schon, aber es fühlt sich nicht richtig an, jetzt nicht darauf zu antworten. Meine Gedanken schweifen zu Light: seine strahlenden Augen, die sanften Züge und sein mitfühlendes Lächeln. Wie sehr ich es vermisst habe und auch das kribbelnde Gefühl, welches ich immer in seiner Nähe hatte.

"Nein", komme ich zu dem Schluss, "Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht jeden Abend dafür bete, dass er niemals hier ins Borderland kommt. Das würde er nicht überleben"

"Huh? Du hat dich in so jemanden verliebt?"

Ich lache leicht und auch Chishiyas Gesichtszüge werden sanfter. Ich entspanne mich ein wenig und lege mich hin, um nach oben in den Himmel zu sehen. Der Mann neben mir bleibt sitzen, lächelt aber ein wenig, als er zu mir sieht.

"Damals drehte sich nicht alles um tödliche Spiele, Chishiya", lache ich leicht und zucke zusammen, als meine Seite wieder brennt. 

"Wie war er?"

"Ein echter Vollidiot", lache ich und er sieht mich verwirrt an. Bei seinem Blick wird mit bewusst, wie sehr er sich von Light unterscheidet. Die beiden sind wie Tag und Nacht. Light hat sich gerne mit seinen Freunden umgeben, schlechte Witze gerissen und viel gelacht. Er war eigentlich immer gut gelaunt und das Wichtigste für ihn war seine Familie. Er versuchte zwar immer taff zu wirken, aber er konnte nicht dabei zusehen, wenn Leute jemanden gemobbt haben. 

Chishiya sieht mich an, als ob er meine Aussage nicht verstehen würde und mir kommt ein Gedanke, woran das liegen könnte.

"Du warst noch nie..."

Verliebt. Sein Blick wird wieder kühl und er schüttelt nur verneinend den Kopf. Es passt irgendwie schon zu Chishiya, aber ich dachte dass es vielleicht jemand vor dem Borderland gegeben haben könnte. Er scheint seine Antworten bekommen zu haben weshalb ich erwarte, dass er aufsteht und geht. Doch er überrascht mich mal wieder und rührt sich nicht von der Stelle.

"Das mit deinem Wangenknochen, war das Rhaidon?", frägt er plötzlich streng.

"Nein, der Typ mit dem er zusammengearbeitet hat"

"Er ist nicht mit euch ins Beach zurückgekommen", stellt er fest.

"Er hat nicht auf mich gehört und ist gestorben"

"Gut"

"Sag bloß du hast dir Sorgen gemacht", lächele ich ihn an und richte mich wieder auf. Ich setze mich in den Schneidersitz und beobachte, wie Chishiya seine Augenbrauen hochzieht und grinst. 

"So wie du nach deinem letzten Spiel ausgesehen hast", erwidert er nur und ich muss ihm wohl recht geben. 

"Ich hab immer noch Alpträume davon", gebe ich offen zu und obwohl ich weiß, dass er es wahrscheinlich nicht nachvollziehen kann nickt er, "Gestern habe ich geträumt, dass ich immer wieder getötet wurde und jedes Mal bin ich in meinem Bett wieder aufgewacht. Die Abstände wurde immer kürzer und als ich wirklich wach geworden bin, konnte ich nicht sagen ob es real ist oder nicht"

"Du hast überlebt, nur das zählt. Und um ehrlich zu sein bin ich froh darum"

Als ich zu ihm sehe bemerke ich, dass er stur gerade ausschaut. Ich kann nicht anders als zu lächeln, er hätte nichts besseres sagen können als das. Auch wenn er sich schwer damit tut.

"Ich kann dich auch ganz gut leiden Chishiya", sage ich lachend und stoße ihn leicht mit meiner Schulter zur Seite.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt