Sonne

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"DANNY!", schrie ich schockiert, als ich endlich realisierte, was hier abging. Der Bad Boy prügelte auf den am Boden liegenden Jungen ein, der mich und Mona vorhin so schrecklich belästigt hatte. Und doch hatte ich komischerweise mehr Angst um Danny, welchen ich gerade eben das erste mal persönlich angesprochen hatte. Leider erfolglos, denn entweder hatte er mich nicht gehört oder er wollte mich nicht hören. Ich hörte Mona schluchzen. Paul und Felix bahnten sich ihren Weg durch die Menschentraube, die sich um die beiden Jungs am Boden gebildet hatte. Die Musik lief weiter und aus irgendeinem Grund störte es mich. "Danny!", versuchte ich es nochmal. Dann tat ich etwas, das ich mir im Nachhinein selber nicht mehr erklären kann, doch in dem Moment war es mehr ein Reflex. Ich trat vor und packte Danny am Arm, welchen er wieder hochgehoben hatte, um dem Anderen erneut eine reinzuhauen. Dabei war der bestimmt schon bewusstlos. "Danny, hör auf.", flüsterte ich schon fast. Tränen bildeten sich in meinen Augen. "Bitte.", schob ich noch leise hinterher. Er hielt inne. Dann drehte er sich zu mir um und schien total geschockt von dem, was gerade passiert war. "Steh auf. Komm her, wir gehen raus.", sagte ich Worte, die definitiv nicht so geplant waren. Es war, als ob mein Gehirn von selbst wusste, wie es zu reagieren hatte. Zögerlich kam Danny zum Stehen und ließ sich bereitwillig von mir durch die Menge nach draußen eskortieren. Dabei gingen uns wie automatisch alle Menschen aus dem Weg. Das hatte ich schon vorhin beobachtet: Anscheinend hatten alle so große Angst vor Danny. Draußen angekommen schloss ich die Augen und atmete einmal tief durch, meine Hand immer noch an Dannys Arm. Dann machte ich die Augen auf und sah ihn an. Er starrte zurück. Der Audruck in seinen Augen mal wieder undefinierbar. Dann wurde er vorwurfsvoll. "Was sollte das? Ich hätte ihn zu Tode prügeln sollen!", regte er sich über meine Unterbrechung auf. Erschrocken angesichts seinet harten Worte schaute ich ihn an. Der Blick in seinen Augen war so kalt. So abwertend. Ich fröstelte gleich noch mehr als sowieso schon, denn hier draußen war es mittlerweile arschkalt. Danny schaute mich weiterhin an, seufzte irgendwann und zog sich dann mit einer geschmeidigen Bewegung seine Lederjacke aus, um sie mir zum Reinschlüpfen hinzuhalten. "Meine Jacke ist drinnen.", versuchte ich mich rauszureden. "Verdammt, nimm sie!", fluchte er über mein stures Verhalten. Eingeschüchtert schlüpfte ich in seine warme, gut riechende Jacke und kuschelte mich ein. Doch das Thema war noch nicht gegessen. "Wieso willst du mich retten, wenn du mich gar nicht kennst?", stellte ich eine der 3000 Fragen, die ich hatte. "Ich kenne dich.", meinte er dazu schlicht. "Ich dich aber nicht! Verdammt, ich habe dich einmal letzte Woche gesehen und spreche nun das erste Mal persönlich mit dir! Ich meine, danke für die Rettung, aber warum? Warum ich?", schnippte ich ihn schon fast an. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als ob er die Art und Weise, wie ich mit ihm redete, nicht billigte. Mona wäre vermutlich in Ohnmacht gefallen, wenn sie gewusst hätte, wie ich mit dem Gangster vor mir redete, aber mich interessierte es nicht. Dachte ich zumindest. Denn plötzlich wurde ich nach hinten gegen eine Wand katapultiert und von zwei unheimlich muskulösen Armen eingekesselt. Atemlos schaute ich mit aufgerissenen Augen in seine. Jetzt hatte ich doch Angst. "Hör zu, ich weiß nicht warum, aber ich brauche dich. Das heißt aber nicht, dass du mit mir reden kannst, wie du willst. Sei einfach froh, dass ich dich gerettet habe.", knurrte er mich bedrohlich an. Dann ließ er mich los, drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.

"Das kommt davon, wenn man sich zu heiß anzieht.", bemerkte Felix belustigt. Es war Montagmorgen und ich hatte die Partynacht mit all ihren Geschehnissen ungefähr drei Millionen mal mit Mona durchgekaut. Schlau geworden aus Danny sind wir trotzdem nicht. Paul schlug Felix auf den Oberarm. "Halt die Fresse und rede keinen Unsinn.", brummte er nur, woraufhin Felix sich beleidigt einen Flunsch ziehend den Arm rieb. "Zerbrich dir mal nicht dein hübsches Köpfchen darüber. Wir werden einfach dafür sorgen, dass du ihm so weit wie möglich aus dem Weg gehst. Dann kann er dir nichts tun.", meinte Mona aufmunternd zu mir und mit diesen Worten zogen wir von dannen. Oder besser gesagt, in den Englischunterricht.

"Ich hasse Chemie.", stellte Mona schlicht fest, als wir zwei Stunden später im Chemiesaal saßen und auf die Parallelklasse sowie den Lehrer warteten. "Erstens, Chemielehrer sind immer irre. Und zweitens, Danny geht in die andere Klasse und ich will nicht, dass du ihm begegnen musst.", äußerte Mona ihre Zweifel an diesem Fach. Ich musste lächeln. Wir kannten uns noch nicht lange, aber wir waren schon gute Freundinnen geworden. Ich fand es süß, wie sie sich Sorgen machte. "Mir passiert schon nichts. Diese Reihe ist voll besetzt und wenn er sich vor mich setzt, braucht mich das nicht zu jucken." "Weißt du, ich finde es toll, dass ich endlich eine beste Freundin habe, mit der ich solche Sachen durchleben kann. Ich hatte immer nur zwei beste Freunde und klar ist das schön, aber ich hatte nie jemanden für Mädchenkram.", gestand Mona mir plötzlich. "Hey!", kam es beleidigt von Felix zurück. Mona ignorierte ihn. "Das hier ist schön.", fuhr sie fort. "Also halt dich bitte von dem Bad Boy fern, damit ich dich noch länger behalten kann!" Von der plötzlichen Wendung überrascht, musste ich lachen. In dem Moment kam die andere Klasse herein und allen voran genau der Typ, den ich eigentlich vermeiden sollte. Was ich jedoch nicht vermeiden konnte, war, dass unsere Blicke sich wieder einmal trafen und wir uns anstarrten. Und er sich anschließend auf den Platz genau hinter mir setzte. Und dass er mir mit seinem Blick ein Loch in den Rücken brannte.

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⏰ Last updated: Nov 09, 2023 ⏰

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bad boy at nightWhere stories live. Discover now