Kapitel 1

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Ich sitze im Bus. Überall um mich rum Menschen. Menschen, die ich nicht kenne. Menschen die mir völlig fremd sind. Die für mich nichts weiter sind als ein Gesicht. Eines, dass ich vielleicht nie wieder sehen werde. Genauso, wie sie mich nicht kennen. Wer ich bin, wie ich heiße, was ich mache. Aber das ist keine große Leistung. Das weiß ja nicht mal ich.  Das weiß keiner. Sie glauben es zu wissen, aber sie tun es nicht. Niemand weiß wer ich wirklich bin.

Nicht meine große Schwester, die in diesem Moment neben mir sitzt und Musik hört. Eigentlich genau wie ich in diesem Moment, aber bei ihr wird es eher irgendein Lied sein, bei dem sie abschalten kann. Ich kann nicht abschalten. Irgendwie nie, auch wenn ich es immer wieder versuche. Es klappt nicht, genauso wie mein Versuch glücklich zu sein. Jeden Tag misslingt mir das ein kleines Stückchen mehr, sosehr ich auch probiere es zu sein, klappt es einfach nicht. Nie.

Ich werde von der Seite angerempelt. Meine Schwester gibt mir mit einem Nicken zu verstehen, das ich aufstehen soll. Ich rutsche von der Sitzbank und sehe den Ort, der mich noch mindestens 3 Jahre verfolgen wird. Meine Schule. Ein Ort, and dem man einst glücklich war. Irgendwie. Mit Freunden herumgetobt, die Lehrer geärgert und glücklich gewesen ist. Jetzt ist man ein Einzelkämpfer. Jeder ist auf sich allein gestellt, außer die, die das Glück haben, wahre Freunde zu haben. Also nicht wirklich viele. Meine Schwester geht mit einem kurzen Blick auf mich zu ihren Freunde. Ihre wirklichen Freunde, nicht irgendwelche, die man genommen hat weil sie bloß da rumstanden. Ich gehe weiter auf das graue, trostlos wirkende Gebäude zu, die Hände in den Taschen vergraben. Als ich die Tür öffne, wirft mich der Gestank nach Zigaretten und abgestandener Luft fast um. Seufzend gehe ich nachschauen ob wir heute Vertretung haben. Und wie es der Zufall will, ist es Psychologie. Mein Lehrer ist sowieso schon kurz vor der Rente und erzählt nichts, was einem irgendwie helfen könnte. Deswegen ist es garnicht mal so schlecht dass ich mir einmal nicht sein dummes Gelaber anhören muss.

Cinnamon BoyWhere stories live. Discover now