Einen Pfirsichshake für meine Peaches

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"Wann genau kann ich denn meinen Reisepass abholen?" Wie ein Kleinkind klebte ich an dem Schalter, hinter dem eine ältere Mitarbeiterin saß. Bestimmt fühlte sie sich in dieser Position, als besäße sie die Macht von Thanos und könnte mich mit einem Fingerschnippen vernichten. Eindringlich musterte sie mich über ihre Brille hinweg. "Wenn er nun mal fertig ist. Fragen Sie in 30 Minuten nochmal nach", sagte die Dame sichtlich genervt. Ich habe sie doch nur etwas Banales gefragt und wollte nicht gleich ihre Unterwäschegröße wissen.

Leider musste ich mich mit ihrer Antwort zufriedengeben und verließ schweren Herzens das Amt. In einer halben Stunde würde ich -im besten Fall- einen Teil meines Ticket nach Korea in der Hand halten. Noch hatte Onkel Jin nicht angerufen. Aber er war ja auch noch einen Monat auf Tour. Soweit ich weiß, waren er und Stray Kids noch bis morgen in New York. Dann ging es weiter nach Atlanta und runter zur Ostküste. Bald würde ich eine solche Tour auch erleben können. Und dafür brauchte ich eben einen neuen Reisepass.

In einem Café in der Nähe versuchte ich mich zu gedulden und die Zeit  abzuwarten.

Auf einem Sessel und mit einem heißen Cappuccino hatte ich es mir gemütlich gemacht.

Seit gefühlt 15 Minuten versuchte ich mit aller Mühe die Jelly Queen zu besiegen. Doch mittlerweile war ich auf einem Level, wo Candy Crush einfach nur anstrengend wurde.

Leise dudelte die eintönige Musik des Spiels in mein Ohr. Der Komponist dieser Melodie musste bestimmt mächtig stolz auf sich gewesen sein.

Doch schließlich wurde das Spiel von einem Anruf unterbrochen. Sofort sprang ich von meinem Sessel auf und stieß dabei meinen Cappuccino um. Das war wohl zu euphorisch.
"So eine Schhh-", sagte ich und hielt mir das Handy ans Ohr. "Nein, nein alles okay", entschuldige ich mich bei meinem Onkel am Telefon. Gleichzeitig versuchte ich den Cappuccino-See auf meinem Tisch mit einem Taschentuch aufzuwischen. Irgendwie schaffte ich es mein Handy zwischen Kopf und Schulter zu balancieren, um beide Hände freizuhaben. Mit weiteren Tüchern behoben ich schließlich mein Unfall und konnte Onkel Jin nun meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.

"Das ging ja unglaublich schnell. Wie siehts aus?" Ich war Feuer und Flamme. Seit ich klein war, wollte ich wieder nach Korea. Beim ersten Mal war ich 10 und hatte Onkel Jin im Entertainment besucht.

"Du hast Glück, dass ich gute Freunde habe. Eine Wohnung wird in einem Monat frei. Ab da könntest du dann auch gleich einziehen. Die Möbel des Vormieter bleiben drin. Da musst du nicht dein ganzes Mobiliar über den Atlantik verschiffen", lachte JY Park.

"Du bist der Beste", quietsche ich ins Telefon. Sofort spürte ich auch schon einige Blicke der anderen Gäste auf mir. Peinlich berührt versank ich im Sessel.

"Du weißt ja, wir Musiker schlafen nie. Deswegen kann ich dir auch nicht viel Zeit geben anzukommen. Wenn du dann am Sonntag in Seoul ankommen hast du noch Zeit dich auszuruhen. Aber Montag hätte ich dich gerne 10:00 Uhr im Entertainment. Die nächsten Tage wirst zu zusammen mit Stray Kids 6:00 Uhr hier sein."
So früh? Gedanklich sah ich schon einen erholsamen Schlaf an mir vorbei schwimmen. Ich wollte unbedingt diesen Job. Also war das wahrscheinlich mein geringstes Übel.
"Dann können wir auch gleich den ganzen Papierkram erledigen. Deine Wohnung wird gleich in der Nähe von Stray Kids sein. Immerhin sind sie ab dann deine Arbeit."

"Ich weiß wirklich nicht was ich sagen soll. Vielen Dank." Es fühlte sich so unwirklich. In einem Monat würde ich im Flieger nach Asien sitzen.

"Nichts zu danken. Ich erwarte nur eine makellose Arbeit von dir. Fehler kannst selbst du dir nicht leisten. Auch, wenn ich dein Patenonkel bin. Das ist der Unterschied im Gegensatz zu den anderen Entertainments."

Ich nickte entschlossen. Dann fiel mir aber auf, dass er mich ja durchs Telefon nicht sehen konnte. "Du kannst dich auf mich verlassen Onkel Jin."

Ich legte auf.

Sofort fiel mir dann der nasse Berg von Taschentüchern ins Auge. Ich hatte so viel Geld für den teuren Star Bucks Cappuccino gezahlt. Und jetzt war er Eins mit den Taschentüchern. Doch durch den Anruf gerade eben konnte mir selbst das nicht den Tag verderben.

"An-nyeong-ha-se-yo", begrüßte mich plötzlich eine bekannte Stimme auf Koreanisch.

Ich sah hoch und direkt in das schmunzelnde Gesicht eines Asiaten. Irgendwo hatte ich ihn doch schonmal gesehen. Und wieso ging er bitte davon aus, dass ich ihn verstand? "War der Kaffee so schlecht, dass du ihn lieber den Taschentüchern geben wolltest?"

Ohne zu fragen, setzte er sich mir gegenüber und schob einen Becher mit Strohhalm in meine Richtung.

"Endlich kann ich mich für den Ratschlag von vorgestern bedanken."

Verwirrt sah ich ihn an. Dann aber fiel mir der komische Tourist aus dem Petshop wieder ein. Miso oder so glaube ich. Ohne das Cap und den Mundschutz hatte ich ihn erst nicht erkannt. Aber mir fiel es ohnehin schwer die Asiaten auseinander zu halten. "Oh kein Ding", erwiderte ich und nahm den Milchshake genauer unter die Lupe. "Was ist das überhaupt?" Nicht dass ich denken würde, dass er mich vergiften will, aber sicher ist sicher.

"Ein Pfirsichmilchshake für meine Peaches", grinste er nur und trank aus seinem eigenen Becher. Handschriftlich stand dort Minho drauf. So hieß er also. Da war ich doch na dran.

"Oder soll ich dich lieber Lucy nennen?"

"Woher-" Wortlos drehte Minho meinen leeren Becher zu mir. Auch meine Barista hatte meinen Namen anfangs darauf geschrieben. Hups.

"Stimmt. Gamsahamnida übrigens für den Milchshake." Auch wenn Pfirsich nicht mein Lieblingsgeschmack war, trank ich ihn trotzdem. Immerhin war mein Cappuccino leer.

Kurz sah Minho über seine Schulter, dann wieder zu mir. Jetzt wirkte er plötzlich so unsicher.

"Glaubst du eigentlich an Schicksal?", fragte mich Minho aus heiterem Himmel.

"Wie kommst du denn jetzt darauf?" Hoffentlich würde jetzt keiner dieser schlechten Anmachsprüche kommen.

"Naja... Man sagt, dass es Schicksal ist, wenn man einer Person drei Mal zufällig begegnet. Das jetzt ist unsere zweite Begegnung dieser Art." Und wie sollte mich dieser Spruch noch gleich anmachen?

"Ich muss sagen, dass ich nicht wirklich an sowas glaube. Die einzige unsichtbare Macht an die ich glaube, ist das WLAN." Ich sah auf die Uhr. "Tut mir leid Minho aber ich habe noch etwas abzuholen. Wenn wir uns aber wirklich ein drittes Mal begegnen sollten, können wir gerne auf ein Date gehen und auf das Schicksal hören", scherzte ich. Minho hingegen lächelte, als wäre das ein sicheres Versprechen.

Es war Unsinn, dass wir uns noch einmal zufällig trafen. Außerdem würde ich nächsten Monat in Seuol sein. Dort lebten 9,776 Millionen Menschen. Die Wahrscheinlichkeit Minho dort zu begegnen, war sehr gering. Geringer ging es nicht. Wenn doch, dann ess ich einen Besen. Oder in meinem Fall hätte ich ein Date mit dem komischen Touristen.

PoV Minho

Und weg war sie. Aber ich nahm sie beim Wort. Noch eine zufällige Begegnung und sie würde mit mir ausgehen.

"Die war ja wirklich süß", sagte Chan plötzlich hinter mir und wollte einen Arm auf meiner Schulter abstützen. Ich seufzte jediglich nur und wich seiner Hand aus. Den kurzen Moment, den Lucy zur Tür ging, sah ich ihr noch hinterher, bevor sie dann komplett aus meinem Sichtfeld verschwand. "Ich kann das nicht. Ich wäre gerade fast gestorben. Mein Herz schlägt mir gerade bis zum Hals, man." Um sich zu beruhigen, hielt ich meine Hand an die Brust. "Ich dachte nicht, dass es so schwer ist mit einer hübschen Frau zu sprechen."

"Aber hat sie nicht gesagt, dass sie bei eurer nächsten Begegnung auf ein Date gehen werdet?" Als unser Leader fand ich es gut, dass Chan versuchte mir Mut zu machen. Es bestärkte mich sogar etwas, diese Tatsache aus seinem Mund zu hören. "Ich hoffe es."

Zusammen mit Chan ging ich dann zu den anderen. Ich hatte nur noch den heutigen Tag um ihr nochmal zu begegnen. Wenn ich sie wirklich außerhalb von New York sehen würde, wäre das definitiv Schicksal.

The destiny of love / Lee Know FFWhere stories live. Discover now