Wendung

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Es müssen Minuten vergangen sein, seit dem ich Ben angeschrien habe. Heiße Tränen laufen mir über die Wange und es kommt mir vor, als würden wir schon eine Ewigkeit fahren. Doch er sagt immer noch nichts. Er schaut stumm nach vorne, doch ich sehe, wie sein Kiefer bebt. Seine Hände zerquetschen das Lenkrad und er fährt viel schneller, als erlaubt.

Als wir zurück in der Wohnung sind, weiß ich nicht, was ich tun soll. 

Ich bleibe im Flur stehen und starre ihn an. 

Noch immer zittere ich am ganzen Körper und mein Arm blutet. Als er bemerkt, dass ich ihm nicht folge, dreht er sich fragend um. 

"Willst du jetzt nie wieder mit mir reden?", frage ich und meine Stimme klingt schrill. 

Er verschränkt die Arme. 

"Komm mit", sagt er, doch ich schüttle den Kopf. Eine Angst steigt in mir auf, die ich ihm gegenüber noch nie zuvor gespürt habe. 

"Nein, erst wenn wir über das reden, was ich in der Lagerhalle gesehen habe" 

Jetzt kommt er ein paar Schritte auf mich zu und nimmt seine Sonnenbrille ab. Seine Augen sind kühl und glasig. 

"Wieso ich nicht mit dir rede? Weil ich verdammt nochmal versuche, mich zu beherrschen" 

Er ballt seine Hände zu Fäusten und dreht sich weg. 

"Nicht nur, dass du mich eiskalt angelogen hast, nein, du hast Cleo heute im Stich gelassen. Es war dir scheißegal, wie es ihr geht, was aus Lio wird. Du wolltest einfach nur wieder Detektivin spielen. Wie oft sollen wir das noch durchgehen?" 

Er fährt sich durchs Haar. 

"Ich habe alles versucht. Ich habe versucht dich außenvor zu lassen, aber dann baust du scheiße. Ich habe versucht dich einzubinden, aber dann gefallen dir die Konsequenzen nicht. Ich habe versucht, dir nur das nötigste zu erzählen, aber auch damit bist du nicht zufrieden" 

"Du hast mich nie komplett eingebunden. Ich habe immer nur Informationsfetzen bekommen, mit denen ich mich dann zufrieden geben sollte. Ich habe eine beste Freundin, die tierische Angst um ihren Freund hat, weil er etwas mit DIR zu tun hat. Nachdem, was ich heute gesehen habe, ist ihre Angst berechtigt..." 

"Wenn Jason ihr nichts erzählen will, ist das verdammt nochmal nicht mein Problem. Und deins ist es auch nicht. Du solltest besser langsam lernen, wie das hier läuft. Ich hab dich wochenlang überall hinbringen lassen und dachte mir, es wäre in Ordnung dich einmal alleine gehen zu lassen und was machst du? Du hintergehst mich" 

Er kommt näher und bleibt direkt vor mir stehen. Mutig schaue ich ihm in die Augen und versuche den Schmerz zu verbergen, den seine letzten Worte in mir ausgelöst haben. 

"Erzähl mir die Wahrheit oder ich verschwinde. Für immer", sage ich so selbstsicher wie möglich.

 "Okay. Du willst die Wahrheit? Du kriegst sie. Jason und Tyler haben mich förmlich angebettelt, mitmachen zu können. Die beiden tun alles, was ich sage. Und der Typ? Das ist einer von Mirkos Handlangern, der besser bald reden sollte." 

Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Seine Stimme ist monoton und macht sich fast schon lustig über diesen >Handlanger<. 

"Du entführtst also mittlerweile Menschen?", sage ich. 

Ben nickt. 

"Ja, wenn sie mich ans Ziel bringen. Er hilft einem Bastard, der schon so viele Menschen auf dem Gewissen hat. Er ist selbst schuld." 

"Und Jason und Tyler haben dich angebettelt? Wieso sollten sie das tun?" 

Ich bemühe mich, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. 

"Weil sie schon immer ein Teil von uns sein wollten. Ich kann Tyler nicht ausstehen, er ist ein Arschkriecher und steht auf dich. Also ist es umso besser, wenn er die risikoreichen Dinge übernimmt" 

Ich weiß, dass er das sagt, um mich zu provozieren und zu verletzen, dieses Spielchen hatten wir von Anfang an, aber es ist so schwer ruhig zu bleiben.

"Du wirst Kendra nichts davon sagen", sagt er nachdem wir eine Weile einfach nur so da standen. 

Ich schaue ihn ungläubig an. "Das ist nicht dein ernst?" 

"Oh doch, das ist mein Ernst. All das war umsonst, denn du wirst ihr nichts sagen. Es reicht mir langsam mit den Beziehungsdramen. Jason arbeitet für mich und Kendra sollte sich zurückhalten, so wie du" 

. Ich erkenne den Menschen, der da vor mir steht, nicht. 

"Ich werde sie nicht anlügen, das kannst du nicht von mir verlangen. Du siehst doch, wo all diese Geheimnisse und Lügen hinführen" 

Er baut sich wütend vor mir auf. 

"Kapierst du denn eigentlich gar nichts? Ich sage, du wirst schweigen, also wirst du schweigen" 

Ich schüttle den Kopf und merke, wie mir die Tränen kommen. 

"Du hast mir so lange auf der Nase herumgetanzt, damit ist jetzt Schluss. Ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt, du hast gewusst, worauf du dich einlässt" 

Ich komme einen Schritt auf ihn zu. 

"Du machst dir das hier ganz schön einfach. Wenn du denkst, ich würde nur noch Ja und Amen sagen, dann hast du..." 

Bevor ich den Satz beenden kann, spüre ich ein brennendes Ziehen an meiner Wange. Ich realisiere erst Sekunden später, dass Ben mich geohrfeigt hat. 

Ich halte mir die Wange, alles um mich herum scheint sich zu drehen. Ein Schleier vor meinen Augen nimmt mir die Sicht. 

"Die Diskussion ist beendet. Ab jetzt laufen die Dinge hier anders..."


Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenDonde viven las historias. Descúbrelo ahora