Das erste Date

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Die ganze Nacht liege ich wach in meinem Bett und wälze mich hin und her. Es ist viel zu warm, die Geräuschkulisse zu laut und meine Gedanken zu schnell. Ich höre Sirenen, Hundegebell, quietschende Reifen und frage mich, ob ich sonst einen so tiefen Schlaf habe, dass ich all das ausblenden kann. 

Meine Gedanken kreisen um das Date mit Ben. Würde es überhaupt ein richtiges Date werden? Der Gedanke daran, dass wir zu zweit irgendwo wären und uns ganz auf uns konzentrieren, machte mich unendlich nervös. 

Piep.piep.piep. 

Obwohl ich kurz zuvor noch auf die Uhr geschaut habe, erschrecke ich bei diesem Ton. Wie ich diesen Wecker hasse! 

Müde schleppe ich mich in die Küche und mache mir einen Kaffee.

"Guten Morgen, du siehst heute aber fertig aus.", sagt Melinda fröhlich, als wäre das ein Kompliment. 

"Echt? Kann ja gar nicht sein, immerhin habe ich zwei Stunden geschlafen", murmle ich mit geschlossenen Augen und sie lacht. 

"Immerhin kannst du noch Witze machen. Sag mal, kannst du mir heute Abend im Café helfen?" Ich nehme einen großen Schluck Kaffee, um meine Antwort hinauszuzögern. 

"Ähm... also eigentlich kann ich nicht", sage ich ohne sie anzusehen und fahre mir nervös durch mein Haar. 

Sie zieht die Augenbrauen hoch, ihre Aufmerksamkeit widmet sie nun ganz mir. "Achso. Wieso nicht?" 

"Ich bin verabredet...mit Ben.", seinen Namen nuschle ich so undeutlich wie möglich, doch selbstverständlich weiß sie sofort, um wen es geht. Nachdenklich betrachtet sie mich ohne ein Wort und ich mache mich darauf gefasst, dass sie wenig begeistert darüber sein wird. 

"Oh, okay. Ich dachte nicht, dass... also nachdem..."

 "Ja, er hat sich entschuldigt und das heute ist eine Art Probe. Mal sehen, ob er durchfällt", beantworte ich das Unausgesprochene. 

"Na gut. Ich möchte mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen, aber pass bitte auf dich auf", mit diesen Worten schnappt sie sich ihre Schürze und verlässt unsere Küche. Ich starre mit hochgezogener Augenbraue hinter her, trinke einen weiteren Schluck und bin überrascht, dass dieses Gespräch so einfach war. 

Die Stunden in der Schule fühlen sich heute besonders quälend lange an. In den Pause suchen meine Augen nach Ben, doch der große Junge mit den schönen grünen Augen ist nirgendwo zu sehen. 

Normalerweise sitzt er in der Mittagspause mit anderen Typen rum, die auch der Gang angehören - oder gerne angehören wollen. Auch scheint er bei den Sportlern sehr beliebt zu sein, jedenfalls grüßt ihn der Kapitän des Footballteams immer wenn sie sich sehen. 

"Hast du mir zugehört?", reißt mich plötzlich eine Stimme aus meinen Gedanken. "Nein, tut mir Leid..." Kendra rollt mit den Augen. "Nächsten Samstag findet eine Party an der Trabrennbahn statt. Das sind die besten! Wir sollten unbedingt hin mit den anderen." Bei dem Gedanken an das letzte Mal, dass sie mich auf eine Party geschleppt hat, verdrehe ich bloß die Augen. 

Als die Schulklingel das letzte mal für den heutigen Tag ihr nerviges Geräusch von sich gibt, packe ich dankbar meine Sachen zusammen. Von jetzt an bleiben mir noch zwei Stunden, um mich fertig zu machen, dann würde Ben mich abholen. 

Da ich keinerlei Informationen darüber habe, wohin es geht, wird es schwer, ein passendes Outfit zu finden.

Ich entscheide mich nach einer Ewigkeit für ein schwarzes, lockeres Kleid und eine silberne Kette dazu. Da ich keine hohen Schuhe trage, nehme ich Ballerinas. Als ich die Treppe runtergehe, schaut Melinda mich an. 

 "Du siehst toll aus", lächelt sie und nickt mir wohlwollend zu. 

Da ich mit Komplimenten einfach nicht umgehen kann, egal von wem sie kommen, werde ich rot. "Danke. Ben müsste gleich hier sein. Ich denke, ich warte draußen..." 

"Schätzchen, das musst du nicht. Die Situation neulich war nicht schön, aber ich habe schon viel schlimmeres mit Lio erlebt. Er hätte dir niemals wirklich wehgetan, das weiß ich." 

"Wieso hast du den Laden eigentlich schon geschlossen?", frage ich, als ich mich auf den Stuhl neben sie setze. 

"Ich bin heute Abend auch unterwegs.", sagt sie mit einem Lächeln und ich lege meinen Kopf zur Seite. "Soso, dann komm nicht zu spät zurück, junge Dame." Wir müssen lachen. 

Ein Auto hält direkt vor der Tür an und mein Herz beginnt sofort zu rasen.  Ich stehe auf, umarme Melinda und verlasse die Küche durch den Seiteneingang. 

Ben steigt aus, mustert mich und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er kommt auf mich zu, zieht mich in eine Umarmung. "Gut siehst du aus", haucht er mir ins Ohr und sofort stellen sich meine Nackenhaare auf. 

"Danke", flüstere ich mit belegter Stimme und zu schüchtern ihm zu sagen, wie toll er aussieht. Über seinen muskulösen Oberkörper spannt sich ein grünes Langarmshirt, was perfekt zu seinen leuchtenden Augen passt. 

Er hält mir die Tür auf und ich steige in seinen Wagen ein. 

"Also, wir fahren wir hin?", frage ich als er das Auto startet. 

 "So neugierig", schmunzelt er. "Wir fahren erst ins Kino und danach etwas essen", erklärt er. 

 "Wieso in der Reihenfolge?", frage ich. 

"Damit du mich nicht sofort mit deinen ganzen Fragen nerven kannst", antwortet er schroff, doch mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich muss ebenfalls lachen und wende mich verlegen von ihm ab. Es fühlt sich fast schon lächerlich selbstverständlich an mit ihm in diesem Auto zu sitzen. 

Während der Fahrt kann ich meine Augen kaum von ihm lösen, so attraktiv wie er ist. Ben sagt nichts, doch ich bin mir sicher, dass er er es bemerkt. 

Eingedeckt mit Popcorn und Cola gehen wir in einen neuen Action-Film. Wir setzen uns hin, ich positioniere das Popcorn zwischen uns. Es folgen 20 Minuten voller Werbung für alles mögliche. "Ich hasse die Werbung. Wir hätten auch 20 Minuten später kommen können.", stöhnt er. "Ich mag die Werbung davor. Sie gehört einfach dazu." Er verzieht das Gesicht und ich muss lachen, zeige zurück auf die Leinwand, wo der nächste Werbesport beginnt. 

Den Film über essen und schweigen wir, doch immer wieder habe ich das Gefühl, seinen Blick auf mir zu spüren. Es fühlt sich an, als würden seine Augen sich in meine Haut brennen und jedes Mal weiß ich nicht mehr, wie man sich bewegt, wie man isst oder wie man überhaupt amtet. 

Als wir im Anschluss in einem wunderschönen Restaurant sitzen, bestellt Ben ohne Vorwarnung für uns beide. Mit hochgezogener Augenbraue sehe ich zu ihm rüber, sage aber nichts. Es fiel mir sowieso schwer, mich zu entscheiden...

 "Also...ich wollte nochmal mit dir über neulich sprechen.", sagt er und spielt nervös mit seinen Händen. 

Ich stütze mich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab und schaue ihn an. "Ich weiß, dass du Angst hattest und das hat mich fertig gemacht, ehrlich. Aber Lio ist mein Bruder und die Gang... das ist mehr als Familie, weißt du. Ich muss 100 Prozent loyal sein. Ich kann mir die Situation nicht vorstellen, aber ich glaube, ich wäre vielleicht doch dazwischen gegangen, wenn er dir etwas getan hätte"

Sein Blick ist aufrichtig, seine Nervosität schmeichelt mir und ich muss unwillkürlich lächeln. 

"Es ist okay. Mir ist nichts passiert und du hast dich schon mehrfach entschuldigt", sage ich und hebe beschwichtigend meine Hände. Er schaut mir skeptisch ins Gesicht, so als würde er etwas suchen, dass ihm die Wahrheit verrät. 

Der Rest des Abends verläuft sehr entspannt. Wir essen, lachen und erzählen uns alles mögliche. Ich erzähle ihm, wie ich bei Melinda gelandet bin und er mir, dass er mal im Footballteam war. Schließlich bezahlen wir - oder besser gesagt er. Ich wollte selbst zahlen, aber er hat mich einfach nicht gelassen.

Als wir zurück zu mir fahren, werden wir von ein paar stehenden Autos aufgehalten. Weiter hinten blinkt Blaulicht und Leute laufen quer durch die Gegend. Ben scheint jemanden zu erkennen, der am Straßenrand steht. Seine Miene wird ernst und sein Kiefer bebt. "Du bleibst hier sitzen, verstanden? Ich bin sofort wieder da.", sagt er und öffnet die Fahrertür. "Aber..." "Nein, du bleibst einfach hier sitzen.", sagt er eindringlich. Ich tue, was er sagt und versuche zu beobachten, was sich vor mir abspielt.

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWhere stories live. Discover now