Kapitel 3

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Das erste, was ich höre ist Roxys Stimme. „Mum!". Sie klingt aufgeregt. „Sie kommt wieder zu sich".

„Lasst mich durch", das ist Rose, sie klingt außer sich. „Aurora! Hörst du mich", ich spüre ihre kühle Hand meiner Schulter. Unter mir Spüre ich etwas Hartes. Ich öffne meine Augen und blicke direkt in Roses besorgtes Gesicht. Neben ihr steht Roxy, die nun erleichtert einatmend. „Ich sage dir doch immer, du sollst bei diesem Wetter nicht Laufen gehen!", scheint so, als würde Rose sich jetzt keine Sorgen mehr machen. „Das ist ganz und gar nicht gut für deinen Kreislauf. Roxy bring Aurora etwas zu trinken.". Ich nicke artig und schaue verstohlen in die Runde. Die meisten Leute interessieren sich gar nicht für mich. Wahrscheinlich hat Roxy bereits verkündet, dass es nichts Ernstes ist. Ich sehe Henri in meiner Nähe stehen. Er sieht gequält aus. Neben ihm sitzt Cindy, die ihre Hand auf die Brust legt und so tut, als wäre sie erleichtert. Direkt neben mir steht Rose, so schnell werde ich sie wahrscheinlich auch nicht los.

„Aurora, magst du vielleicht ein Croissant? Ich habe noch eins hier.", bietet Cindy unpassender Weise an.

„Nein, danke.", antworte ich ihr, ohne sie dabei anzusehen. Ich konzentriere mich auf Rose, die mir lächelnd die Haare aus der Stirn streicht. „Da hast du uns aber einen Schrecken eingejagt.", sagt sie mit sanfter Stimme, so das nur ich sie höre. Hinter ihr taucht Roxy auf und setzt sich auf die Liege, auf der ich liege. Rose steht auf, richtet ihr Kleid und sagt dann, ganz die perfekte Mutter, die sie ist: „Ich bringe dir Rührei und Obstsalat.".

Ich nicke ihr zu und bin ihr dankbar, dass sie mir etwas bringt, was ich gerne zu mir nehme. Roxy, scheint mir gerade einfach eine jüngere Version ihrer Mutter zu sein. Das fällt mir oft auf und ich frage mich dann immer, ob das die Leute auch über mich und meine Mutter denken würden, wenn sie noch leben würde. Manchmal schaue ich mir Bilder von ihr an, und vergleiche mich dann im Spiegel mit ihr. Mein Dad sagt, dass ich ihr sehr ähnlich sehe.

„Trink.", sagt Roxy, dabei liegt so viel Fürsorge in ihrer Stimme, dass es mir direkt besser geht. Ich nehme das Glas und richte mich langsam wieder auf. Mein Kopf dreht sich noch ein wenig, also beschließe ich erst einmal etwas zu trinken, bevor ich mich weiter aufrichte. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich zu wenig gegessen habe, das nächste Mal werde ich vor dem Joggen die Banane ganz essen.  Als Rose mit meinem Teller ankommt, setze ich mich ganz hin. Jetzt mit dem Rücken zu Henri und Cindy. So kann ich auch deutlich besser essen. Ich zwinge mich etwas zu essen und setze mich dann mit Roxy wieder an unsere Plätze. Maxwell war die ganze Zeit über nur am Essen, genau wie die anderen Gäste. Das ist mir viel lieber, da sie mich dann nicht unnötig angestarrt haben. Das Ganze ist schon peinlich genug. Das Hungergefühl, dass gerade eben noch da war ist weg, und ich fühle mich orientierungslos. Ich weiß nicht so recht, wie es jetzt weiter geht. Alle setzen sich wieder. Roxy, die mich immer noch besorgt aber erleichtert ansieht. Cindy, auf die ich wirklich verzichten könnte und Henri, der mich verstohlen von der Seite mustert. Ich traue mich nicht, zu ihm rüber zu sehen, also schaue ich zu Roxy, die sich jetzt auch ihrem Essen widmet.

„Alles gut?", fragt Henri.

„Alles bestens.", sage ich zu meinem Teller gerichtet und zwinge mich dazu einen Pfirsich aufzuspießen. So schnell ich kann, werfe ich ihn in meinen Mund, kaue – und schlucke.

Nach viel zu vielen erzwungenen Bissen, ist Roxy endlich fertig. „Gehen wir?", fragt sie. Einen Blick nach rechts, einen Blick nach links. Maxwell und ich stehen auf. Lustiger Weise, steht Cindy auch auf. Ich weiß, dass das jetzt nichts mit mir zu tun hat. Was gerade passiert ist zwischen Roxy und Cindy.

„Was soll das?", Roxy sagt das so leise, dass es Cindy gerade noch so hört. Cindy schaut sie überrascht an. Ich weiß, dass sie das nur stellt. „Du weißt was ich von dir halte.", sagt Roxy, nur einen Ticken lauter als den Satz davor. Cindy starrt Roxy unschuldig an. Doch Roxy wird nicht aufgeben. Sie lässt Cindy ihre Spielchen nicht spielen. Roxy hasst Spielchen und weiß wie man sie im Kern erstickt. Dann dreht Roxy sich um. Maxwell schließt sich ihr direkt an und ich schaue zu Henri rüber. Er schaut zu Cindy, und sie schaut zu mir. Dann stehe auch ich auf – und gehe.

AURORAWhere stories live. Discover now