Drei (Teil 1/2)

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»And all the roads we have to walk are winding

And all the lights that lead us there are blinding

There are many things that I would like to say to you

But I don't know how

Because maybe

You're gonna be the one that saves me

And after all

You're my wonderwall.«

Wonderwall - Oasis


Wasser prasselte auf die Autoscheiben. Es hörte sich an, als würde ein riesiges Ungewitter herrschen, jedoch war es nur die Waschstraße, in der Amy und ich uns gerade befanden. Sie erzählte mir von ihrem Praktikum in einer Anwaltskanzlei. Es war schon immer ihr großer Traum gewesen, Anwältin zu werden. Selbst als kleines Mädchen war sie schon fest davon überzeugt gewesen. Ich freute mich riesig für sie, denn ich wusste, was dieses Praktikum ihr bedeuten würde. 

»Weißt du«, sagte sie und schlug die Beine übereinander. »Der Job ist hart. Das habe ich schon am ersten Tag bemerkt. Aber es erfüllt mich mit so viel Leidenschaft, das glaubst du kaum. Ich weiß noch nicht einmal selbst, warum ich so sehr darauf abfahren!«, sie sah mich an und lachte. 

»Du kannst von Glück sprechen, eine wirklich so gute Stelle gefunden zu haben. Und überhaupt, dass du eine Ahnung davon hast, was du in ein paar Jahren machen möchtest.« Ich seufzte. 

»Mach dir doch nicht so einen großen Kopf darum.«, erwiderte Amy und verzog besorgt ihre dunklen Augenbrauen. »Wir finden was passendes für dich, das verspreche ich dir. Und außerdem haben wir sowieso noch ein wenig Zeit.« Sie lächelte mich an, woraufhin auch ich versuchte, meine Stimmung positiver werden zu lassen. Ein schriller Ton erklang, woraufhin sich das Auto in Bewegung setzte und aus der Waschanlage gefahren wurde. Draußen startete ich den Motor und reihte mich in den stark fließenden Verkehr ein. Wir begaben uns in Richtung der Innenstadt von Flagstaff und somit auch zur Mall, denn so wie fast jeden Samstag wollten wir dort ein wenig Zeit zusammen verbringen. 

»Wir müssen uns unbedingt was schönes für den Jahrmarkt morgen Abend suchen!«, meinte Amy voller Vorfreude, als wir durch die Einfahrt des Parkhauses fuhren. Nach ein paar Runden fanden wir einen Parkplatz, was erstaunlich schnell war, da es an Samstagen hier mehr als voll war. Wir schlenderten Seite an Seite in die stickige, laute Eingangshalle der Mall. Sah man nach oben, bestand das Dach des riesigen Gebäudes aus lauter durchsichtigen Glasscheiben, durch welche die Sonne bis nach unten zu unseren Füßen fiel. In der Mitte der Halle befand sich ein kleiner Brunnen mit einer Fontäne, aus der alle paar Sekunden Wasser herausschoss. Ich liebte es, mich einfach auf eine der Bänke zu setzen und dem Tummeln und Treiben zuzusehen. Jedoch griff Amy nach meiner Hand und wir steuerten sofort auf den ersten Laden zu.

»Meinst du, das geht so?«, fragte Amy. Sie drehte sich in einem hellblauen Sommerkleid vor dem Spiegel hin und her und spielte mit dem von Spitze besetzten Saum. Die Farbe passte perfekt zu ihren dunklen Haaren und den grünen Augen. Und auch wenn Kleider untypisch für Amy waren, stand dieses ihr unfassbar gut. 

»Du siehst klasse aus Süße.«, sagte ich freudestrahlend und legte ihr von hinten die Arme um die Taille. Sie drehte sich um und schlang mir ebenso die Arme um den Hals.                                                     »Weißt du eigentlich, dass ich dich schrecklich lieb habe?«, flüsterte sie mir ins Ohr. Mein Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. 

»Natürlich tue ich das. Und ich hoffe auch, dass du weißt, dass ich dich ebenso sehr lieb habe.«, erwiderte ich. Ich spürte wie sie das Gesicht in meinen Haaren vergrub und drückte sie noch fester an mich. 

Nach wie vor war das Einkaufszentrum massenhaft überfüllt. Wir klapperten nahezu jeden Laden ab, auf der Suche nach schönen Dingen. Für Amy war dies alles ein einziger Traum. An jeder Ecke blieb sie stehen und hätte sehr wahrscheinlich alles gekauft, würde ich sie nicht ständig davon abhalten. Amy's Hände umklammerten die Henkel der vielen Tüten, die sie mittlerweile mit sich umhertrug, während ich nichts anderes als eine kleine Tüte mit einer neuen Lidschatten Palette zu tragen hatte. Vielleicht hätte ich darüber froh sein können, jedoch war ich es in keinster Weise. Manchmal bedauerte ich es sehr, nicht zu den Menschen zu gehören, die jeden Tag shoppen gehen wollten. Ich war viel eher der Typ online-shopping, denn somit ersparte ich mir die dauerhafte Enttäuschung über die Tatsache, dass es sehr deprimierend war, mir den gefühlten Halben Laden über den Kopf zu ziehen. Denn letzten Endes musste ich immer wieder feststellen dass ich zu der Sorte von Personen gehörte, denen nunmal nicht alles stand und die meilenweit entfernt von dem Aussehen der Models in den typischen Zeitschriften lagen. Heute war ich also fest dazu entschlossen, neue Klamotten für mich zu finden. Und ich würde dies auch schaffen. ich blickte auf und sah Amy in die Richtung eines kleinen Ladens zu rennen, der über dem Eingang mit dem riesigen, verschnörkelten Schriftzug »Neverland« verziert war. Sie riss erfreut die Arme in die Höhe und schrie: »Reeva das ist perfekt! Dieser Laden ist wie maßgeschneidert für dich. Warum waren wir noch nie hier?« Amy fing an auf der Stelle zu hüpfen, weswegen ich meine Schritte beschleunigte um zu verstehen, warum sie so ausflippte.

Between The LinesWhere stories live. Discover now