Brennende Feuer - Dunkle Scha...

By MagdalenaEfrt

57.4K 4.2K 2.4K

Alles beginnt mit einer außerkörperlichen Erfahrung für Dalerana. Dann steigt die junge Frau hinab in das Rei... More

+ Vorwort +
1) An einem dunklen Ort
2) Späte Reue
3) Antworten, die keine sind
4) Das Tor zur Unterwelt
5) Der Fürst der Finsternis
6) Die Macht der Zerstörung
7) Bilder aus der Hölle
8) Namenlose Schatten
9) Moderne Medien
10) Nomen et Omen
11) Hell's Gate
12) Vorstellungen von der Hölle
14) Palast der Wünsche
15) Geteiltes Leid
16) Zuflucht
17) Bettgeflüster
18)Gottes Werk - Teufels Beitrag
19) Eine weitere Begegnung
20) Totengericht
21) Über Umwege
22) Das Lichtland
23) Das Gefilde der Binsen
24) Eine Warnung
25) Offenbarungen
26) Konfrontation
27) Fragen und Antworten
28) Nephilim
29) Am Ufer des Styx
30) Zischende Flammen
31) Türsteher
32) An der Weggabelung
33) Die Göttin vieler Dinge
34) Schwarze Schnecken
35) Traumreise
36) Tanz der Toten
37) Kopie und Fälschung
38) Alte Weisheit
39) Der göttliche Plan
40) Rückkehr
41) Die Jagd
42) Die weißen Räume
43) Uneins
44) Die Quelle des Bösen
45) Über die goldene Brücke
46) Unter dem Weltenbaum
47) Gegensätze
48) Der Leichenstrand
49) Abschied und Anfang
50) Nahende Rettung
51) Worte sind Waffen
52) Bruderkampf
53) Der Anfang vom Ende
54) Nemesis
55) Zwei Seiten einer Münze
56) Göttergericht
57) Daleranas Aufgabe
58) Das Buch des Lebens
59) Eine Handvoll Angst
60) Die vier letzten Dinge
61) Erleuchtung
62) Die neue Welt
63) Heimkehr

13) Lux Eterna

819 67 48
By MagdalenaEfrt


Schneller als ich zusehen kann, steht Aljan auf seinen Füßen. Er streckt mir die Hand entgegen. "Es ist besser, wenn ich ihn in dieser Laune nicht warten lasse", sagt er beinahe entschuldigend.

Ich ergreife seine Hand und lasse mich von ihm in die Höhe ziehen. Ein letzter Blick zurück auf die ruhige Wasseroberfläche, die sich beinahe friedlich unter dem sternklaren Himmel ausbreitet.

"Wie friedlich es hier wirkt."

Wir haben keine Zeit, die Idylle länger zu genießen und Aljan läuft in großen Schritten in Richtung der weitläufigen Blumenwiese.

"Es ist nicht alles so friedlich, wie es scheint. Schade, dass wir jetzt schon los müssen. Jede Nacht fahren die Verstorbenen hier in kleinen Ruderbooten vorüber. Auf jedem von ihnen brennt eine Laterne. Meine Version des Lux Eterna. Ich hätte es dir gerne gezeigt. Gegen dieses Schauspiel verblassen sogar die Sterne am Himmel." Obwohl ein bedauerndes Seufzen seine Worte begleitet, kann ich den Stolz in seiner Stimme heraushören.

"Vielleicht ein anderes Mal", tröste ich ihn.

In der mondbeschienenen Wiese klaffen die ersten Risse, manche nur wenige Meter lang, andere deutlich länger. Aljan führt mich um einen besonders breiten herum. Tiefe Schwärze leuchtet uns entgegen. Je länger ich daraufstarre, umso lebendiger wirkt sie. Als würde sie mich ebenfalls anstarren und auf etwas lauern. "Ganz schön beängstigend, wenn man weiß, dass es nirgendwo endet. Ich kann es mir nicht einmal vorstellen."

In diesem Moment springt Aljan über einen etwa anderhalb Meter breiten Riss, elegant und mühelos. Ich schlucke und suche einen Weg außen herum.

Aljan wartet, aber ich sehe ihm an, dass er ungeduldig wird. Seine Finger trommeln einen unrhythmischen Takt auf seinen verschränkten Ellenbogen.

"Es gibt viele Dinge, die man sich nicht vorstellen kann, die aber dennoch existieren."

Endlich schließe ich zu ihm auf. "Da hast du recht. Diesen Ort hier, all diese Orte", erläutere ich, "hätte ich mir nie ausdenken können."

Er führt mich weiter, vorbei an unterschiedlich langen und breiten Kratern und Spalten im Boden.

"Du vergisst, dass wir sie auch nur umgesetzt haben. Hinter diesen Ideen stecken eine Vielzahl von Köpfen. Im Prinzip betreiben wir hier nichts anderes als Plagiarismus." Er lacht. Wir nähern uns der länglichen Röhre, die uns zurück in die verkommene Stadt und schließlich wieder hinaus auf den Flur führt.

Rote Nebelfetzen zirkulieren in einem wilden Tanz um uns herum. "Er wartet auf mich und er hat keine besonders gute Laune", bemerkt Aljan. Immer wieder zucken schwarze Rauchwolken durch das aufgewühlte Rot.

"Was kann er haben?"

Aljan zuckt die Schultern. "Ich werde es herausfinden. Vermutlich läuft etwas nicht nach seinem Plan. Findest du von hier aus alleine zurück?"

Er hat sich, ohne meine Antwort abzuwarten, bereits einige Schritte von mir entfernt.

"Ich denke schon", antworte ich, bin mir aber keineswegs sicher. Die Richtung weiß ich und die Tür habe ich mir auch gemerkt, aber seit meinem letzten Spaziergang sind einige weitere hinzugekommen. Und manche von ihnen wirken alles andere als einladend. Aljan schaut schon nicht mehr zurück.

"Danke für das Essen und den Abend", murmele ich.

Er scheint es gehört zu haben, denn was er entgegnet, klingt ein wenig nach "Tut mir leid, dass er so endet."

Dann ist er verschwunden und ich bin allein. Nur die Nebelschwaden wabern um mich herum, aufgebracht, aufgepeitscht. Ein Inferno aus rot und schwarz. Kalt und heiß. Als wüsste Tenebris nicht, was er fühlen sollte. In einem Moment heißer Zorn und blinde Wut und im nächsten kalter Hass, tiefe Trauer. Etwas zerreißt ihn und er braucht Aljan, seinen einzig verbliebenen Sohn, um seine Laune an ihm auszulassen.

Ob ich ihm folgen und ihm beistehen sollte?

Unentschlossen werfe ich einen Blick über meine Schulter. Von Aljan ist keine Spur mehr zu sehen. Ich mache ein paar unentschlossene Schritte, bis ich wieder vor der Tür zu Aljans Refugium stehe. Die Wiese war schön, aber alleine wage ich keinen Schritt hinein. Ich schaue auf den Gang zu meinen Füßen. Schwarze Platten mit rätselhaften Symbolen. Verstörende Bilder und tanzendes Licht. Unzählige Türen, hinter denen noch unbeschreiblichere Orte liegen. Plagiate des Jenseits. Erdacht von Menschen, geglaubt von ganzen Völkern und Religionen im Verlauf vieler Jahrhunderte. Nachgebaut von Tenebris und seinen Söhnen. Ein seltsamer Ort. Und ausgerechnet mich hat das Schicksal hierhin verschlagen.

Selbst wenn ich zu Aljan wollte, ich wüsste gar nicht, wo ich ihn suchen sollte. Ob sein Vater noch immer in der Bibliothek ist?

Eines ist sicher, ich werde ohne Begleitung keine dieser Welten betreten. Die Fratzen auf der Tür zu meiner Rechten starren mich derart bedrohlich an, dass ich zusammenzucke. Wer weiß, welche Schrecken mich dahinter erwarten?

Ich finde den schmalen Durchlass ohne Probleme. Wie von alleine haben mich meine Schritte hierher geführt. Die samtenen Vorhänge zu beiden Seiten wiegen sich im Windstoß des wirbelnden Lichtes. Wenn überhaupt tanzen die Farben noch wilder durcheinander. Rot umschlingt schwarz. Kaum scheint rot zu gewinnen, vollführt schwarz eine Drehung und erhält die Oberhand. Tenebris scheint sich noch nicht beruhigt zu haben. Eher im Gegenteil, aber vielleicht kann ich schlichten oder die Hoffnung in ihm wecken. Irgendwie.

Ich lenke meine Schritte durch den Durchgang. Immerhin weiß ich, was mich dahinter erwartet und tatsächlich erhebt sich der weite Saal vor mir. Die Kuppel türmt sich über meinem Kopf auf, während sich vor mir Lesepulte, Tische, Lesesessel und Reihen von Regalen erstrecken. Abertausende Reihen. Mein Blick schweift über die Polstersessel und Lehnstühle, aber in keinem von ihnen erkenne ich den Fürsten der Finsternis oder seinen Sohn. Mir bleibt nichts übrig, als in Sichtweite des Ausgangs zu bleiben, um mich nicht zu verirren. Es ist mir ein Rätsel, wie Aljan sich vorhin orientiert hat. Hier sind sie also nicht. Mein Gemüt schwankt zwischen Enttäuschung ob dieser Feststellung und Erleichterung. Immerhin könnte es auch keine gute Idee sein, zu intervenieren und ich sollte ihnen ihre Privatsphäre lassen. Gerade als ich umkehren und zurück zu meinem Zimmer gehen will, höre ich Tenebris.

"Nicht einmal das bekommst du hin, du Nichtsnutz!" Er schreit die letzten Worte förmlich. Es ist kaum zu überhören, wie aufgebracht er ist. Ich zucke unwillkürlich zusammen.

Aljans Erwiderung kann ich nicht verstehen.

"Es war ein ganz einfacher Auftrag!", brüllt Tenebris. "Was daran hast du nicht verstanden? Bring mir die Übersetzung. Und was machst du? Lässt einen Teil davon liegen. Unfähiger, nichtsnutziger Bengel. Bei all der Mühe, die ich in dich gesteckt habe. Wozu soll ich dich überhaupt brauchen?"

Diese Mal scheint überhaupt keine Antwort von Aljan zu erfolgen. Ich atme leise aus, stelle fest, dass ich die Luft angehalten habe.

"Und das Mädchen? Schaffst du es wenigstens, dich um unseren Gast zu kümmern und ihr bei ihrer Aufgabe zu helfen?" Die Stimme des Höllenfürsts klingt ein wenig ruhiger, nur noch Resignation schwingt darin mit, als wäre aller Ärger verraucht.

Die nächsten Worte verstehe ich deutlich. "Ich tue mein Bestes, Vater. Wie immer und das weißt du. Sie ist auf ihrem Zimmer. Nach all den neuen Eindrücken, braucht sie mit Sicherheit ein wenig Ruhe. Gibt ihr Zeit. Hab Geduld."

Wieder braust Tenebris auf. "Zeit? Geduld? Ich fürchte, das ist genau das, was wir nicht haben! Sieh zu, dass sie ihre Aufgabe erfüllt."

"Ja, Vater." Erschrocken halte ich inne. Sie kommen näher. Dann reiße ich mich aus meiner Starre und haste auf den Durchgang in Richtung Flur. Gerade noch rechtzeitig trete ich auf den Gang und schlage unverzüglich den Weg zu meinem Zimmer ein. Weit bin ich noch nicht gekommen, als mich etwas innehalten lässt.

"Siehst du Aljan, du irrst dich schon wieder", bemerkt Tenebris. "Sie ist nicht in ihrem Zimmer." Ich erstarre. Hat er mich gesehen? Langsam drehe ich mich um und stoße einen leisen Schrei aus. Keine fünf Schritte hinter mir steht der weißhaarige Mann, ein Ebenbild von Verfall und Alter und daneben sein Sohn, Sinnbild des blühenden Lebens und der Schönheit.

"Woher seid ihr so schnell gekommen?"

Tenebris lacht leise. Erst jetzt fällt mir auf, dass sich das Licht verändert hat. Es wirkt ruhiger. Nur noch vereinzelt durchziehen rote Fäden, das orangfarbene Licht.

"Direkt aus der Hölle, mein Schätzchen. Aljan, bring unseren Gast zurück auf ihr Zimmer. Sicher ist sie müde und möchte sich ausruhen."

Ohne meine Antwort abzuwarten, wendet er sich ab und humpelt in die entgegengesetzten Richtung davon.

"Komm mit", sagt Aljan und klingt dabei alles andere als erfreut.

"Du musst mich nicht bringen", werfe ich ein. "Ich finde den Weg schon alleine und dieses Mal bleibe ich wirklich in meinem Zimmer, versprochen. Ich bin wirklich erschöpft", gestehe ich, aber Aljan lässt sich nicht erweichen, sondern begleitet mich schweigend, bis wir die Tür zu meinem Zimmer erreicht haben und sich diese hinter mir verschließt.

Continue Reading

You'll Also Like

Sunhunters By Lena

Science Fiction

205K 22K 78
• 2021 Wattys Winner • „Hey, ihr Wichser, beamt mich hoch", verlangt eine verwaschene Stimme aus dem Lautsprecher. „Wer spricht da?", fragt ein vers...
7.2K 571 15
Jenny hat einen Autounfall und Gibbs rettet sie. Doch dann gerät er in die Schusslinie und was hat eine andere rothaarige Frau damit zu tun? NCIS ge...
491 87 6
»Sag mir, spürst du den Frühling auch schon? Dieses Prickeln auf der Haut, sobald sie von der Sonne gestreift wird? Die Glückseligkeit dank der verbl...
ZERISSEN By Deniz

Fanfiction

22.4K 678 57
Vor kurzem hatten Chris und Andreas einen Strei. Dieser hatte eigentlich ganz klein angefangen, aber er hat es ganz schön in sich. Anfangs haben sie...