Stockholm

By MadameMarilyn

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Sie ist nichts weiter als ein lästiger Zufall und er stellt für sie nur Schmerz dar. Erstaunlich, dass beide... More

Stockholm
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Stockholm
Syndrom
Votingkapitel #crimson
ES PASSIERT WIRKLICH
ES KOMMT
KLEINES SNEAK PEEK
COVER
DIE PERFEKTE CAJA (COVER-STORY)
ERSCHEINUNGSTERMIN
GEWINNSPIEL 1/4
GEWINNSPIEL (2/4)
GEWINNSPIEL 3/4
BUCHGEBURTSTAG UND GEWINNSPIEL 4/4
DAS SIND DIE GEWINNER
LESUNG AM 7.9.18

Sieben

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By MadameMarilyn

„Caja, Caja wach auf. Alles gut, es ist alles gut.“ Nichts. Nichts ist verdammt nochmal gut. Da pulsiert viel zu viel in meinem Körper, da tut viel zu viel weh, um sagen zu können, alles sei gut. Ich liege auf einer dunkelledrigen Couchlandschaft und das von vorhin – Halluzinationen? - scheint wie weggeblasen. Wie viel Zeit wohl verstrichen ist? Minuten? Stunden? Tage? Nein, dann hätte ich mehr Hunger. Obwohl ich den ehrlich gesagt seit Tagen nicht mehr verspüre. Da ist Leere, ja, aber es stört mich nicht sonderlich. Die Stellen, also alles, an meinem Körper die schmerzen lenken mehr Aufmerksamkeit auf sich. Casper sitzt neben mir, der Ausdruck sehr neutral. Er sagt nichts, zunächst. Er hat eine Wasserflasche in der Hand und lässt sie zwischen den Fingern hin und her wandern. Mir wird schwindelig von so viel Bewegung.

„Trink was.“ Obwohl er mir hilft, scheint er gar nicht interessiert an meinem Befinden. Gut, er weiß es ja eh, aber dieser Blick, mit dem er mich mustert scheint so unglaublich leer. Das Wasser schmerzt, meine Brust schmerzt und meine Wangen tun weh. Heulen bringt nichts, das lässt ihn eh kalt. Und ich bin es leid, nach seinem Mitleid zu flehen. Wie lange bin ich schon von Zuhause weg und wie oft war er in dieser Zeit gnädig? Ja, er hat mir das Leben gerettet, als er mich aus dem Wasser zog. Aber erstens wäre ich lieber ertrunken und zweitens hätte er das niemals tun müssen, wenn er mich nicht entführt hätte. Die Gründe sind mir immer noch schleierhaft. Zufall? Ich kann es nicht verstehen. Ich weiß nur eins: Er wird mich nicht sterben lassen. Sei es, weil er Spaß daran hat, mich zu demütigen, oder einfach aus Angst vor den Konsequenzen. Mord wird doch bestimmt härter bestraft, als Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Und wenn ich nicht sterben darf, dann muss ich versuchen zu leben. Es ist schier unmöglich weiterhin in dieser Lage zu existieren. Ich muss hier weg. Doch wenn ich mal realistisch bleibe, dann wird eine Flucht unmöglich, solange Casper lebt. Er würde mich einholen binnen Minuten. Und ich will mir nicht ausmalen, was dann geschieht. Zumindest sollte ich bewaffnet sein, wenn ich hier raus komme. Er sitzt immer noch neben mir und hält die Flasche fest. Mein Plan ist irrsinnig und wird wohl nicht funktionieren, aber er ist eine Chance. Ruckartig fahre ich hoch und das Wasser ergießt sich über mein Oberteil. Casper verkneift sich einen bösen Kommentar und stellt die Flasche auf den Couchtisch.

„Ich hole dir ein sauberes Shirt“, murmelt er nur und steht auf. Ich höre es auf einer Treppe poltern und weiß, dass der Moment gekommen ist. Jetzt, genau jetzt. Meine Beine tun schon nach wenigen Metern laufen weh, aber ich kann jetzt nicht anhalten. Das Wohnzimmer ist riesig, ich brauche ein Messer. Humpelnd schleppe ich mich an einem großen Tisch und einem Aquarium vorbei und schaffe es in die angrenzende Küche. Mein Trommelfell vibriert, mein Kopf dröhnt. Ich höre es laut knallen, als ich die Schubfächer aufreiße, bis ich endlich die lange Schneide finde. Der Griff in meiner Hand ist fremd, aber er vermittelt mir ein kühles Gefühl der Sicherheit. Als ich mich umdrehe, bleibt mir das Herz stehen. Casper steht unmittelbar hinter mir. Die Knie leicht gebeugt, die Hände vor gehalten. Er war so kurz davor. Ich keuche laut auf und stolpere einige Schritte nach hinten. Das Messer in meiner Hand abwehrend vor mir, versuche ich meine Angst zu unterdrücken.

„Caja...“, flüstert er und will auf mich zugehen, aber ich spanne den Arm an und hole aus. Er kann der Klinge ausweichen, schafft es aber mit dem Fuß meinen Magen zu treffen und mich nach hinten gegen die Küchenzeile zu schubsen. Das Messer, das locker dreißig Zentimeter lang ist, rutscht mir aus der Hand und landet auf den Fliesen. Einen Atemzug lang rührt sich niemand, bis wir uns beide auf die Erde stürzen. Meine Rippen brennen, die Luft wird schwach. Er schlägt meinen greifenden Arm weg und zieht mich nach hinten. Er will über mich rüber klettern und das Messer holen, aber ich ramme ihm meinen Ellbogen in die Körpermitte.

„Scheiße Caja!“, flucht er auf und ich habe wieder den Griff zwischen den Fingern. Doch Casper ist schnell, er kann sich zusammenreißen. Sein einer Arm schlingt sich um meine Taille und während er mich hoch hebt, versucht er nach meiner bewaffneten Hand zu greifen. Er bekommt nur meinen Ellbogen zu fassen und packt ihn. Ich strampele mit den Beinen in der Luft, ignoriere meinen schmerzenden Brustkorb und will das Messer über meine eigene Schulter nach hinten rammen. Die Chance ihn zu treffen, ist groß, aber ich habe kein Glück und er schreit mich an. Ich soll mich gefälligst beruhigen und sein Knie prallt auf mein Kreuz. Jegliche Spannung in mir löst sich und er entreißt mir meine einzige Möglichkeit hier weg zu kommen. Alles ebbt ab, ich schlage nur noch um mich in einem Wahn aus letzter Kraft. Er legt nun auch seinen anderen Arm um mich. Ich bemerke es zu spät und in einer unbedachten Bewegung meinerseits ziehe ich die Klinge direkt über meinen Bauch. Der Schock lässt erst alles abprallen, das Adrenalin pumpt sich durch meinen Körper und ich höre auf mich zu rühren. Meine Haut springt auf, ich will es nicht spüren.

„Du bist so ein Idiot“, murmelt Casper in meinen Nacken und bedient sich meiner Machtlosigkeit. Während das Stechen zunimmt, legt er mich langsam auf dem Boden ab und das Messer beiseite. Meine Finger krallen sich in meine Oberschenkel und ich wage es nicht zu atmen. Er kniet neben mir und zieht das Oberteil hoch. Das ist nicht leicht, es ist nass und scheint sich in die Wunde zu fressen. Ich drücke meinen Rücken durch und brülle auf. Meine Seiten werden warm, alles läuft herab. Fließt davon, die Kälte entlang. Schließe die Augen.

„Alles gut, wir kriegen das hin.“ Nichts kriegen wir hin. Wenn ich sterbe, gehst du nicht mit, Casper. Ich bin dann alleine. Und jetzt, jetzt will ich das nicht mehr. Der Tod wird auf einmal so abstoßend. Belanglose Gedanken schieben sich in mein Bewusstsein. Ich denke an seine Augen, bevor ich den Halt verliere.

Das erste, was ich spüre, während ich zu mir komme, ist die unglaubliche Hitze. Mir ist unfassbar warm. Das muss von dem Schnitt kommen, anders ist das nicht zu erklären. Meine Hände tasten blind zum Bauch. Das Shirt ist weg, etwas spannt. Da ist so eine Art Pflaster, was anderes kann es nicht sein. Es nimmt mir Bewegungsfreiheit. Ich muss husten und habe das Gefühl, alles wieder auf zu reißen. Zwei kühle Hände greifen nach meinen Fingern und positionieren sie wieder neben meiner Taille. Ich blicke Casper entgegen, er sitzt neben mir.

„Lass lieber sein. Sonst blutet es wieder“, murmelt er. Na wer ist denn Schuld daran, dass es das überhaupt getan hat? Ich wische mir mit der Hand über die Stirn und er mustert mich ausdruckslos.

„Fieber ist wieder hochgegangen.“ Ach was. Die Scheiße scheint sich zu entzünden oder was weiß ich.

„Hast du das nicht desinfiziert, oder was?“, gifte ich und habe ehrlich keine Ahnung, woher ich meinen Mut nehme. Eigentlich rechne ich sogar schon fest damit, dass das Konsequenzen mit sich bringen wird. Zuzutrauen wäre es ihm.

„Klar habe ich das“, antwortet er überraschend resignierend. Er fässt sich allerdings schnell und gibt mir etwas zu Trinken.

„Du solltest mal wieder etwas essen.“ Mir ist übel, habe Angst mich zu übergeben, aber er hat Recht. Ich will mich aufsetzen, aber das ist so ziemlich das selbe Gefühl, als würde ich mich gleich nochmal verletzen. Wortlos muss ich mich füttern lassen. Er hat nicht gekocht, es schmeckt viel mehr nach aufgewärmten Auflauf. So, als hätte das jemand für ihn vorgekocht, weil er es selbst nicht kann. Welcher Typ kann das schon? Es schmeckt nicht schlecht, aber ich habe keinen Hunger. Irgendwann seufzt er und hört auf, mich zu zwingen.

„Wir sollten langsam mal überlegen, was wir machen.“ Mir ist klar, dass es nicht um meine Nahrungsaufnahme geht.

„Willst du mich jetzt töten, oder was?“ Er grinst ammüsiert.

„Wenn ich das vorhätte, dann wäre es schon längst geschehen. Oder ich hätte dich nicht aufgehalten dabei.“ Tja, wo er Recht hat, hat er Recht.

„Ich hab 'ne Idee.“ Er zieht die Augenbrauen hoch und scheint zu warten, dass ich vorfahre.

„Du lässt mich gehen und ich erzähle es niemandem.“ Das ist so dämlich, dass wir beide lachen müssen. Vielleicht sind wir uns sogar ähnlich. Wir lachen über die selbe beschissene Sache. Nur gibt es da einen Unterschied. Ich beginne Blut zu husten, er nicht.

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