Keepers of Fate [abgeschlosse...

By Dumai94

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Sarah ist überglücklich nach vielen Jahren wieder nach Hawaii zu fliegen, um ihren Onkel wiederzusehen. Ent... More

Vorwort
Prolog: Nathan
1. Kapitel: Sarah
2. Kapitel: Nathan
3. Kapitel: Sarah
4. Kapitel: Nathan
5. Kapitel: Sarah
6. Kapitel: Nathan
7. Kapitel: Sarah
8. Kapitel: Nathan
9. Kapitel: Sarah
10. Kapitel: Nathan
11. Kapitel: Sarah - Teil 1
11. Kapitel: Sarah - Teil 2
11. Kapitel: Sarah - Teil 4
12. Kapitel: Sarah & Nathan - Teil 1
12. Kapitel: Sarah & Nathan - Teil 2
13. Kapitel: Sarah
14. Kapitel: Nathan
15. Kapitel: Sarah
16. Kapitel: Nathan
17. Kapitel: Sarah
18. Kapitel: Nathan - Teil 1
18. Kapitel: Nathan - Teil 2
19. Kapitel: Sarah
20. Kapitel: Nathan
21. Kapitel: Sarah
22. Kapitel: Sarah & Nathan - Teil 1
22. Kapitel: Sarah & Nathan - Teil 2
23. Kapitel: Sarah
Epilog

11. Kapitel: Sarah - Teil 3

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By Dumai94


„Erm... Nate?", stammelte ich und wich weiter an die Wand zurück, da er nun auf mich zukam.

Jetzt ließ er den bewusstlosen, wahrscheinlich aber doch eher toten Mann achtlos zu Boden fallen und zog ein Messer aus seinem Gürtel. Das Blut, was immer noch über seinen Körper rann, versetzte mich jedoch fast noch mehr in Schrecken. Keine Ahnung wieso, aber ich war immer noch der Ansicht, dass er mir nichts tun würde. Er würde sich bestimmt gleich wieder beruhigen und unter Kontrolle bringen oder etwa nicht? Irgendwo musste Nathan doch noch da drin sein. Ganz bestimmt oder?

„Hör endlich auf mir immer zwischenrein zu funken! Ich bring dich um, kapierst du das? Ich meine es wirklich ernst! Dann endest du wie dieser verfluchte Idiot da!", schrie er in einem vollends unmenschlichen Tonfall und deutete auf den leblosen Körper zu seinen Füßen und trat ihm dann noch verachtend zusätzlich mit voller Kraft in den Rücken.

Auf diese Art und Weise kippte der Kopf des Mannes so zur Seite, dass ich sein Gesicht gut sehen konnte, trotz den aufgeplatzten Hautpartien und dem Blut. Entsetzt weiteten sich meine Augen und ich versuchte so schnell wie möglich noch weiter von Nate wegzukommen, doch ich hatte die Wand hinter mir leider komplett vergessen und so prallte mir der raue Putz ganz schnell in den Rücken, da ich mich mit solch einer Kraft hatte abstoßen wollen.

„Du Monster! Wieso hast du das getan? Was soll das?", brüllte ich ihn voller Entsetzen in der Stimme an. So laut und schallend, dass es mir bereits selbst in den Ohren klingelte und mein Hals schmerzte.

Das da auf dem Boden war kein geringerer als Kaden! Ich wusste nicht wie das möglich war, aber er was es! Einige Jahre älter, was einfach nicht sein konnte, doch er war es! Diese Gesichtszüge... Ich würde sie überall erkennen.

Meine Gedanken überschlugen sich und rasten immer schneller. Wie er aussah! Konnte das überhaupt sein? War das alles wirklich real? Mir wurde auf einmal so schlecht, dass ich mich fast unmittelbar vor meine Füße erbrochen hätte, doch ich konnte es gerade noch rechtzeitig zurückhalten, musste mir aber die Hände vors Gesicht schlagen und meine Augen für einen kurzen Augenblick schließen, dass ich nicht doch noch die Kontrolle über meinen Brechreiz verlor. Das fiel mir alles andere als leicht, doch aus irgendeinem Grund war mein Gehör gerade so verstärkt, dass ich trotz des lauten Windes und Rauschen des Blutes in meinen Ohren gehört hätte, wenn Nate noch näher auf mich zu gekommen wäre.

Hastig öffnete ich wieder die Augen, als das unmittelbare schlimme Gefühl wieder verschwunden war und ich ein unwirkliches Knurren von Nathan vernahm.

„Verflucht nochmal, jetzt rede doch mit mir! Was geht hier vor sich? Ist das hier wirklich real?", fuhr ich ihn an und plötzlich fiel jegliche Angst von mir ab.

Ich konnte nicht exakt sagen woher diese nun auf einmal auftretende Gleichgültigkeit herkam, doch eins stand fest: Irgendetwas hier stimme ganz und gar nicht! Hoffentlich behielt ich damit auch tatsächlich recht und würde es nicht noch bereuen, mich nun so aggressiv gegen ihn zu stellen. Ich wollte... nein, ich konnte die scheinbare Realität des Ganzen hier nicht einfach hinnehmen und so akzeptieren wie es war.

Nate ging jetzt keinen Schritt mehr weiter. Er verharrte mitten in der Bewegung. Das Messer aber immer noch so fest umschlungen, dass seine Knöchel bereits weiß waren, da jegliches Blut aus ihnen entwichen war. Das sah ich bereits von hier.

„Jetzt sag doch endlich was, du irrer Psychopath!", brüllte ich erneut so laut, dass es wieder in meinen Ohren klingelte.

So als ob ich das hervorgerufen hatte, ging nun eine um einiges stärkere Böe durch den Raum, die mir schneidend über das Gesicht fuhr.

Es war nicht besonders hell in Nates Wohnzimmer, eher ziemlich düster, daher sah ich das was nun folgte sehr gut. Nathans Augen begannen wieder zu leuchten, diesmal allerdings anders. Sie schienen beinahe zu flackern und intensiver zu glühen, als jemals zuvor.

Ich schluckte, denn obwohl ich mir meine Angst versagte und ich ein ganz komisches Gefühl tief in der Magengrube hatte, was aber nicht unbedingt etwas schlechtes bedeutete, wurde mir mehr als mulmig zu Mute.

Er bebte und schien Anlauf zu nehmen, fast vergleichbar mit einem Stier. Das Scharren mit den Hufen, der irre Blick, das Schnauben aus den Nüstern...

Konnte Nate mir aber tatsächlich wehtun? Konnte er das durchziehen und sein wahres Ich, die Person, die ich eigentlich kannte, so weit nach hinten drängen? War das für einen früher einmal sehr sozialen, engagierten und umfeldbewussten Mensch überhaupt möglich?

Plötzlich stürzte er wie aus einer Trance gelöst vor und auf mich zu. Ich zog intuitiv den Kopf ein und hob schützend meine Hände vors Gesicht. Ich spürte förmlich, wie mir das Herz aus dem Brustkorb sprang. Ich war mir ziemlich sicher, auf einem schmalen Grad zwischen wach und ohnmächtig zu sein.

Ich konnte mir nicht erklären wie, aber innerhalb einer Sekunde stand er nun direkt vor mir. Sein in tiefen Atemzügen kräftig ausgestoßener Atem schlug mir warm ins Gesicht, wirkte aber alles andere als beruhigend. Ich drehte den Kopf zur Seite und kniff meine Augenlider so fest zusammen, dass diese bereits schmerzten. Sie zitterten und zuckten unkontrollierbar vor lauter Anspannung. Was zur Hölle ging hier gerade vor sich? Wurde ich langsam auch verrückt? Bildete ich mir all das einfach bloß ein?

Als irgendetwas links und rechts neben mir einen lauten Schlag ließ, schreckte ich aus meinen Gedanken hoch und öffnete sofort erschrocken die Augen. Ich hätte schwören können, dass die Wand für einen kurzen Moment doch tatsächlich vibriert hatte.

Der Anblick war mehr als beängstigend. Nates Gesicht nur eine Haaresbreite vor meinem. Seine beiden Arme links und rechts von meinem Körper eng anliegend an der Wand abgestützt. Verstohlen linste ich zur Seite und ich hätte mich fast verschluckt. Das, was da gerade so geknallt hatte, den Putz abbröckeln ließ und zwei Löcher in der bloßen Wand hinterlassen hatte, waren Nathans Fäuste gewesen.

Ich sah das Blut, welches an der Wand klebte und langsam sich auch seinen Weg über den Rauputz nach unten schlängelte. Nach einem raschen Blick in Nates Gesicht wurde mir schnell klar, dass er keinerlei Schmerz zu empfinden schien. Das Messer steckte kurzzeitig in seinem Gürtel. Sein Gesicht war längst nicht mehr vor Wut und Aufregung gerötet. Nein, es war auch wahrhaftiges Blut beteiligt, aber garantiert nicht seines.

Nate starrte mich an. Er starrte mich einfach nur an mit weit aufgerissenen, unwirklichen, animalischen Augen. Ich traute mich kaum noch zu atmen. Musste mich stark darauf konzentrieren, nicht die Luft anzuhalten oder zu hyperventilieren. Ich rührte mich nicht, genauso wenig wie Nate, bis er seinen rechten Arm zurücknahm und in einer schnellen fließenden Bewegung das Messer aus seinem Gürtel hervorzog. Dieser ganze Anblick vor mir und das was passierte war sowas von unreal.

„Treib es... nicht zu weit, kleines Mädchen. Du hast nicht die geringste Ahnung, mit wem du dich hier eigentlich gerade anlegst", stieß er bebend hervor. Seine Augen schienen immer bestialischer auszusehen und der Effekt, den das an seinem Körper herabrinnende Blut hervorrief, machte das schreckliche Auftreten nicht im Geringsten besser.

Die Erkenntnis, dass das tatsächlich das Blut von Kaden war, lähmte mich vollständig, aber geistig schien ich es einfach noch nicht zu begreifen. Es brachte mich um den Verstand.

„Wieso? Weil du mich dann genauso abschlachtest wie Kaden? Weil du kein Herz und keine Seele mehr hast? Weil du kein Mensch, sondern eine Bestie bist?", brüllte ich ihn mit einem neu dazu gewonnen Selbstvertrauen an, bei dem ich überhaupt nicht wusste, woher das eigentlich gekommen war.

In dem Moment, in dem ich tatsächlich zu verstehen begann, was ich da eigentlich gerade getan hatte, war es auch schon zu spät. Die Worte hatten meinen Mund bereits verlassen und gesagt war gesagt. Ich konnte es nicht mehr zurücknehmen und mit großer Sicherheit war das der größte Fehler gewesen, den ich je hätte ihm gegenüber machen können.

Meine Augen weiteten sich vor Schreck, als Nate sich nicht mehr vor mir rührte und während ich nur noch auf seine Reaktion wartete, lief es mir eiskalt den Rücken herab. Sein Gesicht war plötzlich wie zu Eis geworden und er starrte mich einfach nur noch an. Zwar bebte er immer noch und seine Augen waren so dunkel, wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte, aber trotz allem meinte ich etwas Neues an ihm wahrzunehmen. War da so etwas wie Reue in seinen Augen oder bildete ich mir das nur ein? Konnte ich das durch diesen vorherrschenden Schleier des Hasses und des Blutdurstes überhaupt noch erkennen?

Nate öffnete den Mund um etwas zu sagen. Ich sah ihm an, wie er mit sich selbst haderte. Wie er gegen einen unsichtbaren Impuls zu kämpfen schien, doch er verlor haushoch. Sein Mund schloss sich wieder, er blieb stumm und im nächsten Augenblick schien er wieder auf seine Art und Weise lebendig zu sein. Der Anblick der sich vor mir bot, wurde wieder dem gleich, den ich noch vor einigen kurzen Momenten vor mir gehabt hatte.

„Du dummes Kind! Wie kannst du es wagen mich so herauszufordern? Mich, die Göttin größter Macht", knurrte der Mann vor mir so blechern und unmenschlich wie noch nie zuvor. „Du bist die Tochter einer Missgeburt, wenn du wirklich glaubst, mich aufhalten zu können!", brüllte er weiter, während ich das ungute Gefühl hatte, dass er vor mir noch um einiges an Größe gewann, was eigentlich aber ja absolut unmöglich war, es sei denn er war...

Das laute Krachen neben mir ließ mich erneut zusammenzucken und ich riss mir reflexartig die Hände vor das Gesicht, um mich zu schützen. Nate zertrümmerte aus lauter Weißglut gerade seine Wand. Die Löcher die bereits in ihnen prangten, hätte ein normaler Mensch niemals mit bloßen Händen bewerkstelligen können ohne das notwendige Werkzeug. Ich kniff meine Augen so fest zusammen, wie ich nur konnte. Ich hatte eine höllische Angst, aber auf der anderen Seite hatte ich die Gewissheit, dass ich das hier so oder so nicht überleben würde. Selbst ohne meine verbale Gegenwehr war Nate so aufgebracht, wütend und besinnungslos, dass es wohl kein Entrinnen mehr gab. Ich würde wohl nie mehr herausfinden, was Nate bloß immer meinte, wenn er seine schizophrene Phase hatte. Hätte ein Psychologe ihm helfen können? Hatte ich vielleicht einfach nicht alle Möglichkeiten richtig bedacht? Hatte ich möglicherweise meine Chance verspielt ihn noch retten zu können? Ich hatte nicht alles Nötige getan. Die Schuld lag bei mir.

„Meine Schwester ist eine scheiß Hure, die sich mit deinem unfähigen Vater eingelassen hat. Aus solch einer elendigen und bemitleidenswerten Verbindung kann ja nur so etwas dabei herauskommen", warf Nate mir abschließend mit so einem giftigen Unterton in der Stimme gegen den Kopf, dass ich es einfach nicht mehr unterdrücken konnte.

Seelisch verwirrt oder nicht, Angst hin oder her: So eine wüste Beleidigung meiner Mutter, die ich über alles liebte und das in den absoluten Dreckziehen meines aufopfernden Vaters, auch wenn ich mich kaum noch an ihn erinnere, war zu viel. Ich würde eh durch seine Hand sterben. Jetzt und hier. Was machte es für einen Unterschied?

Mein Herz schlug mir bis zum Hals, ich hatte wortwörtlich Todesangst und doch übermannte die Wut die Angst. Mit der letzten Kraft, die ich noch in mir hatte und mit zitternden Händen stieß ich Nate mit voller Wucht vor die Brust, sodass er, da er offenkundig überhaupt nicht damit gerechnet hatte, nach hinten taumelte und zu Boden stürzte.

„Rede gefälligst nicht so über meine Mutter und deine Schwester, du Monster!", schrie ich ihn mit so einer grellen Stimme an, dass ich meine Stimmbänder bereits schmerzen spürte.

Noch schien er nicht ganz verstanden zu haben, was gerade passiert war, ebenso wenig wie ich. Ich war in der Bewegung verharrt, doch mein Gehirn versuchte mir mit aller Deutlichkeit etwas mitzuteilen. Das ist deine Chance, lauf! Mach, dass du weg kommst!

Mechanisch setzten sich meine Beine in Bewegung. Nate schien noch nicht ganz zu begreifen was gerade passiert war, aber er begann bereits wieder sich aufzusetzen. In dem Moment, in dem ich seinem Blick begegnete, war es klar: Nein, ich würde nicht überleben.

Aus den mechanischen Bewegungen wurde schnell mehr. Ich erkannte, dass ich langsam wieder ein gewisses Gefühl für meinen Körper erlangte, also rannte ich. Ich rannte wie vom Teufel verfolgt in Richtung Flur und somit zur Tür. Nur weg von diesem... Ding. Gerade drehte ich mich um, um zu sehen wo er war, die Klinke bereits in der Hand, da stand er wie aus dem Nichts aufgetaucht vor mir. Ich am einen Ende des Gangs, er am anderen. Hinter ihm sah ich die langen seidigen Vorhänge sich aufplustern wie noch nie zuvor. Merkte aus den Augenwinkeln, wie die Scheiben aus den riesigen Panoramascheiben zersprangen und lautstark zu Boden krachten. Dieses laute Geräusch ließ mich erzittern. Die Vorhänge, die nun abartig wild hin- und herflatterten, verursachten gruseliges Rauschen.

„Dummes Ding, du hast keine Chance gegen mich. Du verdienst es nicht zu leben", spuckte Nate wütend aus und grinste mich nun diabolisch an. „Du wirst diesen Ort nicht mehr lebend verlassen und dann habe ich endlich Ruhe vor dir und deinem ganzen lächerlichen Verhalten. Ich bin verflucht, Göre. Das ist zu groß für dich, gegen so etwas kommst du nicht an. Niemand kann das", fuhr er düster fort während er seinen rechten Arm hinter dem Rücken hervorholte. „Du endest wie er hier", meinte er schelmisch, als er den abgetrennten Kopf von Kaden hochhielt und mich triumphierend musterte. „Dieser Bastard war genauso dumm wie du und ich hatte ihm gesagt, sich von dir fern zu halten. Dummer Junge!", erklärte er mit einer gespielt traurigen Stimme.

Den Kopf ließ er achtlos zu Boden fallen. Er rollte noch ein kleines Stück in meine Richtung, hinterließ eine Blutspur und verharrte so, dass ich das verzerrte Gesicht sehen konnte. Des Jungens, in den ich mich gerade erst verliebt hatte.

Ich ließ es nicht zu. Ließ den Schmerz und den Faustschlag den dieser Anblick mir bereitete einfach nicht zu. Ich konnte nicht. Es war zu viel. Ich durfte das nicht an mich heranlassen, ich musste raus hier. Weg von ihm. Weg von... dieser grausamen Tat. Oh Gott, Kaden! Das hatte er nicht verdient! Ich... nein, nicht jetzt. Die Trauer lähmte mich. Ich hatte bereits meine ganze Kraft gebraucht gehabt, um keinen gellenden Schrei auszustoßen und zusammenzubrechen, aber nein ich konnte... ich durfte nicht.

Hastig riss ich mich von dem brutalen Anblick los. Wie wild rüttelte ich an der Türklinke, doch sie ging einfach nicht auf. Mein Herz sank mir in den Keller. Warum ging diese verdammte Tür bloß nicht auf? Hatte Nate abgeschlossen? Oh Gott, hatte ich meinen Schlüssel dabei? Mit nun mittlerweile bebenden Händen griff ich in meine Hosentasche und spürte erleichtert schnell die Schlüssel. Ich versuchte sie herauszuholen, doch ich hatte kein richtiges Gefühl in meinen Fingern. Er glitt mir aus den Händen, noch bevor ich ihn an das Türschloss ansetzen konnte.

„Suchst du vielleicht die hier?", kam es plötzlich keinen Meter von mir entfernt. Nate stand vor mir und hielt den Schlüssel wild damit herumwedelnd in die Höhe.

Was zu Hölle! Wie war der da drangekommen? Wie war er von ganz da hinten so schnell hierhergekommen? Ich hatte mich doch gerade bücken wollen, um...

„Glaubst du etwa wirklich, dass die dir wirklich jetzt noch helfen könnten? Ich kann Dinge tun, die du dir vermutlich nicht einmal in deinen kühnsten Träumen vorstellen kannst, Mädchen. Vor mir kannst du nicht abhauen. Niemand vermag dies zu tun. Ich habe alle notwendigen Mittel, um dich immer und überall wieder zu finden. Dein Weg endet hier. Jetzt", säuselt er mir ins Ohr, während er beim Sprechen immer näher an mein Ohr kam. Den Schlüssel so nah vor meinen Augen schwenkend, dass ich ihn gar nicht mehr richtig scharf stellen konnte.

Der Weg zu meiner Freiheit. So nah und doch sofern. Naja Freiheit war relativ. Was hatte ich denn noch, wo ich hätte hin zurückkehren können? Kaden war... Nein, ich konnte es nicht in Worte fassen. Nicht einmal in Gedanken. Ich spürte wie es mich innerlich Stück für Stück zerriss, aber ich konnte einfach nicht nachgeben. Nicht jetzt. Nicht hier. Was auch immer danach kam, nach alle dem hier... ich würde noch Gelegenheit dazu bekommen. Hoffte ich zumindest innständig.

„Hey! Wohin driftest du denn ab?", fuhr Nate mich plötzlich wütend an und schnippte mit seinen Fingern unmittelbar vor meinem Gesicht herum. Die Schlüssel sah ich nirgends mehr.

Vermutlich hatte er sie längst weit hinter sich zu Boden fallen lassen. Definitiv aus meiner Reichweite. Ich war hier gefangen. Mit diesem Verrückten, der zwar mehr oder weniger wie mein Onkel aussah, aber nicht er war.

„Ich will, dass du bei mir bist, Süße", säuselte er mir erneut schelmisch grinsend ins Ohr. Ich konnte mir einen verächtlichen Laut nicht verkneifen. Wenigstens hatte dieser Kerl da vor mir nicht alle Eigenheiten meines Onkels abgelegt.

„Nenn mich verflucht nicht nochmal Süße, Arschloch", zischte ich, suchte zum ersten Mal nach dieser ganzen Scharade wieder seinen Blick und funkelte ihn hasserfüllt an. Dass ich ihn nicht aus lauter Verachtung anspuckte, war gerade noch ein Wunder.

Ich hörte noch wie er knurrte und zu toben begann, aber ich hatte meine Augen bereits geschlossen. So tief ich konnte holte ich Luft und versuchte mich innerlich soweit ich eben konnte in einen Raum zurückzuziehen, der ganz tief in mir drin lag. Erst als ich in meinem zurückgezogenen Verstand bemerkte, wie sich etwas Kaltes, Spitzes an meine raue Kehle legte, kam ich langsam wieder zu mir.

Hatte Nate etwas zu mir gesagt, während ich... nicht hier gewesen war? Er wirkte nun noch mehr verärgert, als gerade eben ohnehin schon.

„Bleib bei mir, meine Schöne. Es ist fast schon eine Verschwendung dich zu opfern, aber was will man machen?", murmelte Nate und zuckte gleichzeitig gespielt theatralisch mit den Schultern. „Spürst du das, hm? Das wird das Letzte sein, was du jemals wahrnehmen wirst, Süße. Und selbstverständlich den darauf folgenden Schmerz, der unweigerlich bald einsetzen wird. Aber nicht nur der körperliche Schmerz, mein kleines Menschlein. Viel mehr der Schmerz in dem Wissen zu sterben, dass du alles verloren hast, was dir je etwas bedeutet hat. Deinen Onkel, durch dessen Hand du sterben wirst. Deinen geliebten Kaden und zu guter Letzt... Deine zuckersüße Mum", redete und redet er. Ich versuchte es weitestgehend auszublenden. Selbst dann noch, als er begann von sich selbst aus der dritten Person zu sprechen, aber spätestens bei der Erwähnung meiner Mutter, war Schluss.

„Lass sie bloß da raus! Wag es nicht sie anzufassen oder..."

„Oder was? Was, hm? Was willst du tun, um mich davon abzuhalten? Wie willst du sie beschützen? Es ist zu spät, du kannst sie nicht mehr beschützen. Du hättest nie eine Chance gehabt. Woher willst du denn auch überhaupt wissen, dass sie nicht schon längst hier ist? Sie hatte keine Chance. Ebenso wenig wie du", unterbrach mich das Scheusal vor mir und schien sich glücklich daran zu laben, wie mich diese umgarnenden Worte immer mehr und mehr in Abertausende Teile zerfetzten.

Der aufflammende, scharf brennende Schmerz in der Brust war fast nicht mehr erträglich und das obwohl ich im Moment immer noch krampfhaft versuchte, den... das Verbleiben von Kaden auszublenden. Wieso hatte ich ihm nie gesagt, dass ich ihn auch liebte? Zumindest nicht so?

„Irgendwann wirst du für das was du getan hast und noch tun wirst zur Rechenschaft gezogen werden", schrie ich nun lauthals ihm entgegen und spuckte ihn schlussendlich an. Mitten ins Gesicht.

„So? Na darauf kann ich mich ja jetzt schon freuen. Bis dahin begnüge ich mich aber erst einmal mit dir. Glaube nicht, dass ich dich so einfach davonkommen lasse. Ich wärme mich gerade erst auf", lachte Nate auf.

Ich wollte etwas erwidern, ihm alle Scheuslichkeiten an den Kopf werfen, die mir gerade so in den Sinn kamen, auch wenn ich genau wusste, dass es nichts bringen würde, außer meiner Trauer, meinem Hass und meiner Verzweiflung etwas Luft zu schaffen, doch soweit kam ich nicht. Nicht im Geringsten. Ich spürte, wie Nate mir im entscheidenden Moment seine große Pranke auf den Mund drückte. So fest, dass ich durch den Mund unter keinen Umständen mehr atmen konnte. Panisch krallte ich mich mit meinen Händen erneut an der Türklinke fest. Ich rüttelte und zog hinter meinem Rücken daran, aber natürlich war mir klar, dass ich keinen Erfolg damit haben würde. Ein letzter verzweifelter Versuch, noch irgendetwas zu tun oder erreichen zu können.

Auf einmal spürte ich, wie mir etwas Heißes den Hals entlang rann. Erst kurz darauf merkte ich jedoch das Eigentliche. Den Schmerz. Nicht nur der Seelische und Emotionale, sondern nun auch der körperliche Schmerz brach tosend über mir zusammen wie eine riesige hawaiianische Welle die mich verschluckte. Ich merkte, wie mein Körper absackte und meine Beine mir ihren Dienst versagten.

„Sarah! Verdammt, Sarah, komm endlich zu dir!", hörte ich gefühlt mehrere Kilometer entfernt jemanden rufen und ich nahm zudem vage wahr, wie ich wild an den Schultern gerüttelt wurde.
„Bitte, komm schon! Was ist denn los mit dir?", kam es nun noch um einiges Intensiver von einer nicht definierbaren Stelle vor mir. Meine Augen wurden immer unruhiger, aber gleichermaßen konnte ich sie nicht einfach aufschlagen.

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